Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles
auf eine Diskothek hinwies, war deren Türe dennoch verschlossen. So ließ ich den Tag in einer nahen Bar ausklingen, von der ich meinte, sie wäre von Einheimischen besucht. Es dauerte auch nicht lange und ich wurde von Kartenspielenden zum Mitspielen an ihren Tisch eingeladen. Obwohl ich mich gerne am Spiel beteiligt hätte, musste ich die Einladung dankend ablehnen. Nicht nur die Regeln sondern auch die Kartenbilder waren mir gänzlich unbekannt.
Dienstag, den 29.06.:
Nach dem Frühstück im Hotel schlenderte ich wieder hinab zum Meer. Es war gerade Marktag. Auf dem Markt kaufte ich mir drei Ledergürtel. Mein Mittagessen kaufte ich mir in einem Supermarkt ein und schlenderte entlang der Uferpromenade zu einer kleinen Bucht, die ich tags zuvor entdeckte. Bevor man allerdings zum Sandstrand gelangte, musste man erst die Treppen, die im Felshang endeten, hinabsteigen und hernach noch ein Stück über Felsblöcke krackseln. An meinem Strand hatte sich bereits ein Pärchen eingefunden. Es war eine himmlische Stille. Der Atlantik war eiskalt, so dass ich es vorerst beim Durchwaten seichter Stellen beließ. Die Sonne und die Ruhe genießend döste ich lange Zeit vor mich hin, als langsam aber immer deutlicher Diskomusik zu hören war. Die Musik schien immer näher zu kommen. Als ich kurz hinüber zum Treppenaufgang schielte, sah ich eine Schar junger Menschen, die auch keinerlei Anstalten machten, sich ruhig zu verhalten. Im Gegenteil, nun war Beach Party angesagt. Sogleich nahmen sie den Strand mit ihrem Fußball- und Volleyballspiel in Beschlag und stürzten sich hierbei unter Getöse im Kopfsprung in den kalten Atlantik. Es dürfte etwa 15.00 Uhr gewesen sein, als diese jungen, ständig mehr werdenden, lauten Menschen den kleinen Strand bevölkerten. Von der Furchtlosigkeit der Jugend vor der Kälte des Meeres angesteckt, wagte auch ich, mich ins Wasser zu begeben; allerdings sehr, sehr langsam. Viele hatten bereits wieder den Strand verlassen, als ich letztmals meine Runde im Meer schwamm.
Nachdem ich mich im Hotel geduscht und fürs Abendessen zurecht gemacht hatte, begab ich mich zurück in ein von Alice angepriesenes Speiselokal nahe des Zentrums Finisterras. Möglicherweise war ich im falschen Lokal eingekehrt; jedenfalls überzeugte mich das Essen keineswegs. Den Abend ließ ich erneut in der gestrigen Bar ausklingen.
Mittwoch, den 30.06.:
Noch einmal geduscht, packte ich meine Habseligkeiten zusammen, frühstückte im Hotel, beglich meine Schulden und begab mich hinunter zur Bushaltestelle. Es war schon ein eigenartiges Gefühl, wieder mit beiden Rucksäcken bepackt, meinen Schlapphut auf dem Kopf und meinen Pilgerstab in der Hand durch die Straßen Finisterras zu gehen. Irgendwie war ich wieder in diesen drei Tagen zum Touristen geworden, obgleich meine Pilgerreise noch nicht beendet war.
Die mittelalterlichen Pilger dürften sicherlich das Kap Finisterre als das definitive Ende ihres Pilgerzieles angesehen haben, das nun zum Neuanfang wurde. Erneut standen sie am Anfang ihrer Reise, nunmehr allerdings der Heimreise. Wieder galt es, die Route zu wählen, sich erneut ins Ungewisse zu begeben und die Gefahren des Weges hinzunehmen. So verwundert es mich nicht, dass die damaligen Pilger das Kap Finisterre als Neubeginn ihres Lebens empfanden. Ich für meinen Teil empfand heute das Kap Finisterre als Beginn meiner Rückkehr in Raum und Zeit, der ich während meiner Wanderschaft entrückt war.
Etwa um 11.00 Uhr bestieg ich den Bus nach Santiago de Compostela und entstieg ihm etwa um 13.30 Uhr. Wie erwartet wurde ich an der Kathedrale darauf angesprochen, ob ich eine Unterkunft suche, was ich sogleich bejahte. Mein Einzelzimmer ohne Bad lag in einer zur Pension umfunktionierten Wohnung in einem Wohnblock unweit der Kathedrale mit Blick in einen engen, herunter gekommenen Hinterhof. Der Preis für die zwei Nächte ohne Frühstück belief sich auf € 36,00.
Nach Zimmerbezug begab ich mich bei strahlendem Sonnenschein hinaus, um photographisch schöne Fernaufnahmen von der Kathedrale zu machen und auch diesen Anblick ausgiebig zu genießen. Hernach schlenderte ich durch die Gassen der Stadt auf der Suche nach passenden Souvenirs. Trotz den langen Ladenschlusszeiten bis 22.00 Uhr fand ich nichts, was mir zugesagt hätte. Wie könnte es auch, wenn ich mir noch nicht im Klaren war, was ich eigentlich wollte. So verschob ich dieses auf morgen und begab mich zurück zu meinem Zimmer zur
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