Jakobsweg im Smoking
Sie mir das mit den Lagen und der Membran vielleicht noch einmal grob erklären? Ich glaube, ich habe das nicht ganz verstanden…“
Sie nickt freundlich.
„Gern: Eine Membran hat nur die Regenschutzkleidung. Das ist die äußerste Lage. Wenn es nicht regnet, genügt auch eine Windjacke. Darunter trägt man einen Fleece als zweite Lage. Der Fleece hat zwei Funktionen: Zum einen hilft er, eine wärmende Luftschicht um den Körper herum aufzubauen, zum anderen unterstützt er die erste Lage beim Flüssigkeitsmanagement. Als erste Lage können Sie Funktionstextilien oder Wolle tragen, beide transportieren die Flüssigkeit gut nach außen…“
„Und mit meiner Drei-Lagen-Jacke sind es dann insgesamt fünf Lagen?“
Sie verkneift sich ein Lachen.
„Nein: Die Drei-Lagen-Jacke bildet die dritte Bekleidungslage. Bei den drei Lagen der Jacke geht es um die Verarbeitung des Materials, bei den drei Lagen der Kleidung geht es um deren Funktion: Die erste Lage transportiert primär die Flüssigkeit vom Körper weg, die zweite Lage bildet eine wärmende Luftschicht und die dritte Lage verhindert, dass diese Luftschicht weggeblasen wird…“
Ich verstehe so langsam, wo ich beim Berechnen der Lagen gedanklich falsch abgebogen bin.
„…und verhindert, dass Regen die ersten beiden Lagen von außen erreichen kann?“, versuche ich sinnvoll zu ergänzen.
„Genau. Wenn Sie Windjacke und Regenjacke übereinander tragen, bilden die zusammen die dritte Lage. Es sind dann nicht plötzlich vier Lagen.“
I ch glaube, jetzt habe ich es.
„Und wenn ich zwei Merino-T-Shirt s übereinander trage, sind die zusammen die erste Lage?“
„So ist es. Im Idealfall ist alles so atmungsaktiv, dass Flüssigkeit gut vom Körper weg kann, ohne dass Regen von außen eindringt.“
„ Hach, vielen Dank für die Erklärung. Jetzt weiß ich endlich, was ich noch brauche: Ich habe meine Drei-Lagen-Jacke zu Hause auf der analogen Küchenwaage gewogen und sie wiegt ca. 700 Gramm. Das ist mir zu schwer. Ich möchte gerne ultraleicht wandern und nicht mehr als fünf Kilo im Rucksack haben. T-Shirts habe ich schon, also brauche ich jetzt noch einen Fleece, eine Windjacke und eine Regenjacke, richtig?“
D ie Verkäuferin nickt zustimmend, verschwindet zwischen den Regalen und kommt mit einer hellgrauen Jacke und einem dunkelgrauen Fleece zurück.
„Das hier ist die leichteste Fleecejacke, die wir haben, die wiegt nur 27 0 Gramm.“
Ein Jack Wolfskin Performance Jacket. Wie gut, dass ich das mit den Lagen gerade verstanden habe, sonst würde mich die Tatsache, dass der Fleece „Jacket“ heißt, schon wieder verunsichern.
„Diese Windjacke von Patagonia wiegt nur 100 Gramm in Ihrer Größe.“
Ich probiere sie an und freue mich: Sie heißt Houdini.
„Haben Sie als Regenjacke vielleicht die Montane Minimus vorrätig?“
„Moment, ich schaue mal nach…“
Sie verschwindet wieder und kehrt kurz darauf mit einer hellgrünen Jacke in XL zurück.
„ Bitte sehr.“
Ich trage das erste Mal bewusst drei Lagen : Meine dritte Lage besteht aus Wind- und Regenjacke. Der Fleece darunter ist die zweite Lage. Die erste Lage ist wahrscheinlich nicht so richtig gut, denn ich trage ein hellgrünes Baumwoll-T-Shirt, auf dem ein einäugiges Monster unzufrieden eine 3-D-Brille in der Hand hält.
„Als erste Lage dürfen Sie aber auf gar keinen Fall Baumwolle tragen“, merkt die Verkäuferin auch sogleich an, „Baumwolle hat ein ganz schlechtes Flüssigkeitsmanagement. Die saugt sich einfach nur voll!“
„ Ist gut. Können Sie mir vielleicht auch noch einen Sonnenhut empfehlen? Ich habe nur Hüte gefunden, die mir zu klein sind. Mein Kopf ist wohl etwas groß…“
„Was für einen Kopfumfang haben Sie denn?“
„Ungefähr 64 cm.“
Sie läuft in den Bereich mit den Sonnenhüten.
Ich folge ihr langsam.
„Nein , tut mir leid, in der Größe haben wir nichts.“
Da bemerke ich in einem Regal die Reiseboxershorts von ExOfficio …
„Danach habe ich schon seit Tagen gesucht!“
„Die haben wir heute neu reinbekommen“, erklärt die Verkäuferin zufrieden.
„Vielen Dank.“
Sie lässt mich alleine.
Ich versuche aus den Größenangaben auf der Rückseite schlau zu werden. Sie sind in Inch. Natürlich. Ich habe vor zwei Tagen meinen Hüftumpfang gemessen, aber was ist das nun in Inch? Ich erinnere mich an die kürzlich ent deckten Spracherkennungsqualitäten meines Smartphones.
„104 Zentimeter in Inch“, spreche ich ins
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