Jakobsweg
das Wetter ist so schön, die Wanderung macht trotz der Anstrengung richtig Spaß. Letztes Jahr bin ich hier bei Sturm und Regen und auch Schnee unterwegs gewesen, kaum zu glauben. Nach wie vor suche und habe ich sehr, sehr wenig Kontakt zu anderen Pilgern, ich will es einfach nicht. Das einsame Laufen entschleunigt vollkommen... ich spüre mich selbst, ich horche in mich hinein und ich freue mich über die wunderschöne Natur. Das alles ist sehr ungewöhnlich für mich, ich lebe ja eigentlich ein schnelles, hektisches Leben. Eines mit viel Arbeit, auch mit viel Streß und hier merke ich, wie sehr ich mich nach Ruhe gesehnt habe - eigentlich. Das Innehalten und abwarten, pausieren, wenn ich nicht mehr weiter will, ist perfekt. Mir geht ja nicht um die Suche nach Gott, es geht darum, sich nicht dauernd beeinflussen zu lassen, sich nicht abhängig zu machen von anderen, aber auch von Fernsehen, Medien. Mit Informationen und noch mehr Informationen und noch mehr Horrormeldungen konfrontiert zu werden. Es ist wirklich eine andere Welt, in der ich mich wieder für ein paar Wochen bewegen kann.
Im übrigen bin ich sicher und habe das auch schon einmal geschrieben und ganz oft erzählt: "man" ist hier nicht allein, ich habe ganz oft das Gefühl, "geleitet" zu werden. Ich habe in dickem Nebel und bei heftigem Regen und Schneefall, ohne Wegweiser und Hinweise zu erkennen, im letzten Jahr buchstäblich "meinen" Weg gefunden. Da wird man doch sehr nachdenklich. Andererseits habe ich in der Zwischenzeit, es ist Februar 2012, die schwere Krankheit und den Tod meines Vaters hautnah miterlebt. Und in dieser Zeit habe ich mich sehr oft gefragt, wie kann es sein, dass "Gott" oder eine andere Macht zulassen, dass ein Mensch so entsetzlich leiden muss??? -
Aber zurück: Ich hatte Glück, dass ich noch eine Unterkunft bekommen habe, die Herberge war zu, wie auch im letzten Jahr, aber leider auch die kleine private Unterkunft, in die ich eigentlich wieder wollte. Ich nehme an, es lohnt sich nicht, im Herbst und im Winter für die paar Menschen, die hier vorbei kommen, zu öffnen. Mein Hotel "San Camilo" liegt in einem 50.000m2 großen Park - traumschön. Riesenzimmer, Riesenbäder, bisschen angestaubt, aber nett und sehr preiswert. Herrlich. Anschließend habe ich bei dem tollsten Wetter trotz der Kälte einen kleinen Spaziergang durch diesen Park gemacht und ein paar Fotos geschossen - ich muss mich ein bisschen in die Kamera einfinden - sind ganz gut geworden.
Die Sonne war so toll und das Licht sensationell, 20 Minuten später war es dunkel, unglaublich. Ich habe ja schon immer gerne fotografiert, aber mit so einem Superteil macht es einfach noch mehr Spaß. Bueno, das Hotel liegt also etwas außerhalb des Dorfes, d.h. ich musste noch mal richtig durchstarten. Ist mir heute alles ungewöhnlich schwer gefallen.- Ich hab mich wie Oma durch den lang gestreckten Ort geschleppt. Im Haus gibt es leider keine Bar, kein Restaurant, nur eine Cafeteria, die um halb neun am Abend öffnet. Und ich habe solchen Hunger.
Früh um 7 h war ich schon wieder unterwegs nach einer prima Nacht. Habe nach einem ganz leckerem Abendessen - knallfrischer Salat mit warmem Ziegenkäse und danach Filetes de Pollo con Bacon (alles für 10,-- €) -im Speisesaal ein bisschen spanischen Fußball geschaut. Ausser mir sind nur noch eine Frau und zwei Herren im Haus. Und dann: Heißes (!!) Wasser und - größtes Glück - eine Badewanne. Da bin ich nach dem Essen rein und habe meine müden Knochen gepflegt, danach die göttliche "Knochencreme" - und ab ins Bett. Ich bin in der gleichen Sekunde in absoluten Tiefschlaf gefallen.
Früh raus und früh los, leider nur bis Näjera, das hab ich grad noch gepackt mit meinen Aua-Füßen, normalerweise würde man vielleicht vier Stunden brauchen, eher eine halbe Stunde mehr.
Ich war genau zwei Stunden länger unterwegs für 20 Kilometer und heilfroh froh, als ich endlich die rote Felswand in Näjera gesehen habe. Erstmal muss man aber durch die wirklich unschöne Vorstadt, vorbei an einer großen Kiesfabrik, einer schäbigen Sporthalle und quer durch die Stadt. Auch hier ist die Herberge geschlossen, sie liegt auf der anderen Seite des Flusses, ich kann sie von meinem Zimmer aus sehen. Jetzt bin ich im "Hostal Fernando", das kenn' ich noch vom letzten Jahr - liegt zentral, hat eine Cafeteria, die immer knackvoll ist - der Cafe ist super, was will ich mehr?? Es hat weiter abgekühlt, über Nacht auch stark geregnet.
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