Jamaica Lane - Heimliche Liebe
derjenige, der einen trauernden Angehörigen zum Sex im Badezimmer verführen will.«
»Na ja, wenigstens gäbe es bei mir ein Badezimmer. Wo um alles in der Welt willst du mit deiner einsamen Frau hin, wenn ihr beide auf einem Hochzeitsempfang festsitzt?«
»Ich denke, das Bad wäre auch für mich akzeptabel.«
»Eine öffentliche Toilette?« Ich zog eine Braue hoch. »Hast du so was etwa schon mal gemacht?«
»Stell keine Fragen, auf die du die Antwort nicht hören willst.«
»Oh, und ob ich die Antwort hören will«, gab ich zurück und sah ihn auffordernd an.
Aber Nate ignorierte mich. Sein Blick war auf die Tanzfläche gerichtet. »Hast du Lust zu tanzen?«
Mit einem inneren Seufzer der Enttäuschung ließ ich ihn vom Haken und hielt ihm meine Bierflasche entgegen. »Wenn ich noch ein paar mehr von denen hier intus habe, dann vielleicht.«
Grinsend stand er auf. »Bin gleich wieder da.«
***
Das Zimmer kippte zur Seite, dann hatte ich plötzlich die weiche Matratze unter mir und schaute an die Decke meines Schlafzimmers. Eine leichte Berührung an meinen Füßen veranlasste mich dazu, mich aufzurichten. Auf die Ellbogen gestützt, beobachtete ich, wie Nate sich an meinen Schuhen zu schaffen machte. Nachdem ich Joss mit meiner vom Alkohol beeinträchtigten Grobmotorik beinahe umgeworfen hatte, hatte Nate mich wie versprochen in ein Taxi verfrachtet und mich die Treppe bis zu meiner Wohnung hochgeschleift.
»Ich hatte seit sechs Jahren keinen Sex mehr«, platzte es unvermittelt aus mir heraus. Mir war egal, ob Nate diese peinliche Wahrheit über mich erfuhr.
Sein Kopf schnellte in die Höhe, gerade als er mir den rechten Schuh auszog. »Soll das ein Witz sein?«
Ich schüttelte den Kopf und machte die Andeutung eines Schmollmunds.
»Seit sechs Jahren?«
»Seit sechs Jahren. Ich hatte in meinem ganzen Leben Sex mit einem einzigen Mann, Nate. Einmal. Es war der Horror. Der blanke Horror. Ich bin eine Niete im Bett, ich kann nicht flirten, ich bin eine Versagerin.« Ich spürte Tränen in meinen Augen brennen und ließ mich zurück ins Kissen fallen.
Mittlerweile hatte Nate auch meinen linken Schuh abgestreift. Ich spürte, wie sich die Matratze senkte, als er sich neben mich setzte. »Komm her.« Er zog mich hoch, und ich ließ mich von ihm in die Arme nehmen. Sein Kinn ruhte auf meinem Kopf, seine warmen Hände rieben mir tröstend über den Rücken, und ich weinte lautlose, betrunkene Tränen.
»Du bist keine Versagerin«, wies er mich barsch zurecht. »Du könntest niemals eine Versagerin sein, Liv, und ich will nicht noch mal hören, dass du so über dich redest.«
»Okay«, murmelte ich.
Wir saßen eine Zeitlang schweigend da, dann beschloss ich, dass er inzwischen schon so viel über mich wusste, dass er genauso gut auch den Rest erfahren konnte.
»Da ist dieser Typ in der Bibliothek. Ein Student. Doktorand. Ich finde ihn gut, aber jedes Mal, wenn ich mit ihm rede, klinge ich wie Rain Man.«
Aus Nates Kehle drang ein ersticktes Geräusch.
»Lachst du etwa?«
Er räusperte sich und antwortete mit leicht unsicherer Stimme. »Quatsch.«
Und ob er lachte.
»Das ist nicht witzig«, sagte ich und entzog mich müde seiner Umarmung, um mich zurück aufs Kissen sinken zu lassen. Die Augen fielen mir schon zu. »Ich werde einsam sterben, Nate.«
Kurz bevor der Schlaf mich übermannte, glaubte ich noch, ihn flüstern zu hören: »Nicht solange ich da bin, Babe.«
Kapitel 6
W ie kam die Watte in meinen Mund?
Ich schmatzte mit den Lippen und rieb mir mit der Zunge über die Zähne, um das trockene Gefühl loszuwerden. Kaum hatte ich den Mund aufgemacht, ließ ich den Kopf zurück aufs Kissen sacken. Ein scharfer Schmerz schoss mir durch den Kopf, zu den Schläfen und bis in den Nacken.
Mein Atem roch gar nicht gut.
Tapfer zwang ich meine Gliedmaßen, sich zu bewegen. Der Kopfschmerz und die Übelkeit, die in meinem empfindsamen Magen rumorte, waren nur zwei weitere Indizien, die auf eine einzige Schlussfolgerung hindeuteten:
Das hier war nicht bloß ein Kater.
Das hier war eine ganze Kolonie räudiger Katzen.
Ugghhhhhh. Stöhnend wälzte ich mich auf die Seite und öffnete dann ganz vorsichtig die Augen. Hoffentlich war ich letzte Nacht wenigstens klug genug gewesen, ein Glas Wasser auf dem Nachttisch bereitzustellen, bevor ich aus den Latschen gekippt war. Doch sobald ich das Glas sah, wusste ich: Noch klüger wäre ein ganzer Krug Wasser gewesen. Das Glas hatte ich nämlich schon
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