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Jamaica Lane - Heimliche Liebe

Jamaica Lane - Heimliche Liebe

Titel: Jamaica Lane - Heimliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Young
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vorbei und marschierte in Richtung Küche. »Du musst was essen«, ermahnte er mich.
    Mit einem neuerlichen Brummen machte ich mich auf den Weg ins Bad. Als ich die Frau mit den zu Berge stehenden Haaren, den Mascaraklumpen um die Augen, der teigigen Haut und dem lippenstiftverschmierten Mund im Spiegel sah, entfuhr mir ein kleiner Schrei.
    »Alles klar?«, rief Nate beunruhigt.
    Meine Finger zitterten, als ich mich auf dem Waschbeckenrand abstützte. »Ich sehe aus wie Frankensteins Braut mit einem monumentalen Kater.«
    »Ich wäre auch verkatert, wenn Frankenstein mich flachgelegt hätte.«
    Trotz meines Elends musste ich kichern – und stöhnte gleich darauf, weil das Geräusch schmerzhaft in meinem Schädel widerhallte. Ich atmete ein paarmal tief durch, schüttelte meine zitternden Hände aus und würgte die Übelkeit herunter. Dann wusch ich mich flüchtig, putzte die Zähne und huschte ins Schlafzimmer, um eine Jogginghose und ein T-Shirt überzuziehen.
    Als ich die Küche betrat, lächelte Nate mich über den Küchentresen hinweg an. »Da ist sie ja.«
    Ich traute mich nicht, ihn anzusehen, also starrte ich stattdessen auf das Glas Orangensaft, die Flasche mit Energydrink, die Aspirin und die Donuts, die er für mich bereitgestellt hatte. Ich murmelte ein Dankeschön, schluckte die Aspirin und ließ mich auf einen Hocker plumpsen, um ein bisschen an einem Donut herumzuknabbern. Nach fünf Minuten Stille lehnte sich Nate schließlich über den Tresen, fasste sanft mein Kinn und hob es an. Jetzt musste ich ihn wohl oder übel ansehen.
    Stumm verständigten wir uns über die Ereignisse der letzten Nacht.
    »Bitte«, flüsterte ich. Meine Lippen bebten, und ich musste erneut gegen die Tränen ankämpfen, so verwundbar fühlte ich mich. »Bitte sag niemandem was davon, Nate.«
    Seine dunklen Augen weiteten sich. »Dann stimmt es also?«
    Ich schwieg, aber mein Blick bekam etwas Drohendes.
    Nate seufzte. »Wem sollte ich es denn schon erzählen?«
    »Nate.«
    Er hob in einer Geste der Kapitulation die Hände. »Ist ja gut, ich verspreche es.«
    Ich biss ein Stückchen von meinem Donut ab. Meine Haut brannte, weil Nate mich so eindringlich ansah.
    »Wie kann das sein, Liv? Du bist eine attraktive, aufgeschlossene Frau … Wie …?« Er schien völlig perplex. Ehrlich gesagt fand ich das angenehm. Es war schmeichelhaft.
    Was wohl auch der Grund war, weshalb ich ihm ins Gesicht sehen konnte, als ich antwortete: »Gegenüber Männern, die ich gut finde, bin ich gehemmt, das war immer schon so. Aber der Hauptgrund ist wohl, dass ich einfach nie so recht Gelegenheit hatte, mich mit dem Thema zu befassen. Als ich in der Pubertät war, wurde meine Mom krank. Während die anderen ihre ersten Erfahrungen mit Jungs und Küssen und Dates und Sex gesammelt haben, war ich zu Hause und habe mich um sie gekümmert. Und als ich dann auf dem College war, kam ihr Rückfall.« Meine Augen brannten sich in seine. »Das weißt du doch alles, Nate.«
    Das stimmte.
    Denn ein leicht schräger Humor und der innere Geek waren nicht das Einzige, was Nate und mich verband. Da gab es noch etwas, und es fing mit einem großen K an.
    Der Krebs hatte meine Mutter getötet, und Nates Jugendliebe war an einem Lymphom gestorben. Sie war erst achtzehn Jahre alt gewesen.
    Es gab nicht viele, die über diesen Teil von Nates Vergangenheit Bescheid wussten. Ich hatte das Gefühl, dem engen Kreis von Auserwählten anzugehören, denen er die ganze Geschichte offenbart hatte. Sie erklärte viel.
    »Es frisst einen auf«, wisperte ich. »Man denkt an nichts anderes mehr. Nichts war noch wichtig, außer jede freie Sekunde mit meiner Mom zu verbringen.«
    Er schluckte schwer und starrte auf die Tischplatte. »Ich verstehe dich doch, Liv.«
    »Als ich mit dem College fertig war, war ich total in meiner Unsicherheit gefangen – ich bin es immer noch.« Ich wandte den Blick ab. »Ich hatte so gut wie keine Erfahrung auf dem Gebiet … das hat dann auch noch dem letzten Rest meines Selbstbewusstseins den Garaus gemacht.«
    Wir schwiegen einen Moment, während Nate sich meine Worte durch den Kopf gehen ließ. Dann drehte er wieder mein Gesicht zu sich herum. Seine Miene war ernst und nachdenklich. »Du warst gestern Nacht so traurig, Liv. Ich kenne dich jetzt seit annähernd einem Jahr, und du weißt vermutlich mehr über mich als die meisten anderen Menschen, und trotzdem hatte ich gestern Nacht das Gefühl, dass ich auf einmal einen riesengroßen Teil von dir

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