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Jamaica Lane - Heimliche Liebe

Jamaica Lane - Heimliche Liebe

Titel: Jamaica Lane - Heimliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Young
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hatte sich das Jackett ausgezogen und trug jetzt nur noch Hemd und Weste. Die Hemdsärmel waren aufgerollt, die Krawatte gelockert. Nate zog die Blicke fast aller weiblichen Gäste auf sich, und dementsprechend wunderte es mich nicht, als eine bildhübsche junge Frau in einem engen, kurzen hellblauen Kleid sich an der Bar neben ihn drängte und ein Gespräch mit ihm anfing.
    Ich musste geschlagene zwanzig Minuten auf mein Bier warten.
    Hätte ich Nates Selbstbewusstsein gehabt, wäre mir das nicht passiert. Ich wäre einfach zum nächstbesten attraktiven Kerl spaziert, hätte angefangen, mit ihm zu flirten, und mir von ihm ein Bier spendieren lassen. Wenn ich so fest an mich geglaubt hätte, wie es angebracht gewesen wäre, hätte ich genau das getan.
    Ach was, ich würde es tun. Jetzt sofort.
    Ich suchte den Saal nach gutaussehenden Männern ab und tat so, als könnte ich keinen finden.
    Dann sackte ich auf meinem Stuhl zusammen und verpasste mir mental einen Tritt gegen das Schienbein, so frustriert war ich – wieder mal – von mir selbst.
    Nachdem Nate zu Ende geflirtet hatte, kam er zu unserem Tisch zurück und rückte seinen Stuhl näher an meinen heran. Dann gab er mir mein Bier.
    »Die war hübsch«, meinte ich.
    Nates linker Mundwinkel verzog sich ein kleines Stück nach oben, so dass eins seiner Grübchen zu sehen war. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.«
    »Hat sie dir wenigstens ihre Nummer gegeben? Oder bloß das Versprechen, dass am Ende des Abends noch was läuft?«
    »Was denkst du denn?« , sagte sein Blick.
    Wir saßen eine Zeitlang in freundschaftlichem Schweigen nebeneinander und beobachteten die Gäste. Die meisten kannte ich nicht.
    »Was wäre dir lieber?«, fragte Nate plötzlich. »Für immer auf einer Hochzeit festzusitzen oder auf einer Trauerfeier für jemanden, den du kaum gekannt hast?«
    Ich überlegte. »Kenne ich das Brautpaar gut?«
    »Nein.«
    »Finden die Feiern drinnen oder draußen statt?«
    Nate genehmigte sich einen Schluck von seinem Bier. »Würde das Wetter bei deiner Entscheidung eine Rolle spielen?«
    »Aber klar doch.«
    »Also, dann sagen wir: gleiche Bedingungen. Drinnen.«
    Ich setzte mich aufrecht hin und legte los. »Okay, in dem Fall entscheide ich mich für die Trauerfeier. Auf der Hochzeit müsste ich die ganze Zeit über fröhlich sein, und es ist viel anstrengender, gute Laune vorzutäuschen als schlechte. Außerdem kenne ich das Hochzeitspaar nicht sehr gut, vermutlich kenne ich die meisten Gäste also auch nicht. Bei einer Hochzeit ist so was ziemlich blöd. Außerdem müsste ich mir bis in alle Ewigkeit Liebesschnulzen anhören, hätte folglich die ganze Zeit Migräne. Ich verzichte dankend. Auf der Trauerfeier einer mir praktisch unbekannten Person könnte ich wenigstens ein bisschen Zeit damit totschlagen, mir die Geschichten der anderen Gäste über den Verstorbenen anzuhören. Wer weiß, vielleicht war er ja ein furchtloser Abenteurer, der bis zum stolzen Alter von einhundert Jahren gelebt hat. Das wären dann sehr viele, bestimmt sehr spannende Geschichten. Und es gäbe keine schnulzige Musik. Wenn ich will, kann ich traurig sein, aber wenn ich keine Trauer heucheln kann, macht mir niemand einen Vorwurf daraus, weil ich den Verstorbenen ja kaum gekannt habe. Bei Trauerfeiern gibt es in der Regel ein Büfett, die Wahrscheinlichkeit, dass ich etwas zu essen finde, das mir schmeckt, ist also größer als bei einer Hochzeit. Außerdem reagieren die Leute oft ganz unberechenbar auf den Tod, und wer weiß, vielleicht gibt es unter den Gästen ja einen attraktiven trauernden Mann, der bereit wäre, mit mir oben im Bad eine Nummer zu schieben. Dann würde mir die Zeit sicher nicht lang werden.«
    Nate hatte während meiner Ausführungen regungslos dagesessen, das Bier an den Lippen, und mit jedem Satz waren seine Augen ein bisschen größer geworden. Schließlich sagte er: »Du hast dir ja wirklich viele Gedanken gemacht.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn es um die Ewigkeit geht, sollte man gründlich überlegen.«
    »Stimmt.«
    »Und was würdest du wählen?«
    »Die Hochzeit.«
    Ich rümpfte die Nase. »Warum denn das?«
    Er lächelte spitzbübisch. Sein Blick glitt durch den Saal und blieb an der Frau im blauen Kleid hängen. »Weil es auf Hochzeiten immer Frauen gibt, die deprimiert sind, weil sie Single sind, und sich deshalb nur zu gerne dem erstbesten verfügbaren Mann an den Hals werfen.«
    »Du bist widerlich.«
    »He, ich bin nicht

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