James Bomb 5 -James Bomb jagt den Paten
Rauschgiftgeschäft im Syndikat besorgte, und diesen keine so altmodischen Skrupel plagten, wußte man natürlich nicht, ob der Kolumbianer nicht doch noch auftauchen würde.
Frank Rossi, der italienischer Abstammung war, machte jedenfalls das Beste aus der Situation.
Bomb sah neidvoll, wie er sich eine Riesenportion verführerisch duftender Lasagne zu Gemüte führte und eine große Karaffe Frascati dazu trank.
Auch Benny Lyster schien es zu schmecken. Er war bei der Bestellung keinerlei Risiko eingegangen. Er hatte eine Wagenladung Spaghetti Carbonara vor sich stehen, die er problemlos in sich hineinschaufelte und stillos mit Riesenschlucken Coca-Cola hinunterspülte.
Nur Bomb hatte natürlich wieder den feinen Maxe gespielt und den Gourmet heraushängen lassen.
„Un scolappine en salsa panna con tagliatelli e zucchini fritti“, hatte er in holprigem Italienisch bestellt und gehofft, mit seinen kulinarischen Kenntnissen Rossi zu beeindrucken. Prompt war er mit seinem Filetsteak hereingefallen. Bomb zog den Teller wieder an sich heran. Er hatte einen
Mordskohldampf und begann in den breiten Nudeln herumzustochern.
Angewidert fühlte der Agent mit der Zunge, daß sich die wenigen flechsigen Fleischfasern, die er sich einverleibt hatte, um die Klammern seiner provisorischen Oberkieferprothese wickelten.
Diese Kunststoffplatte war ihm erst vor vierzehn Tagen verpaßt worden, nachdem er beim Karatetraining — durch eine Unachtsamkeit seinerseits — seine vier oberen, paradentotisch ohnehin gelockerten Frontzähne verloren hatte.
Der endgültige Zahnersatz, um dessen Kostenerstattung es mit dem Schatzamt bestimmt wieder ein bürokratisches Hickhack geben würde, konnte erst in einigen Monaten angefertigt werden.
In der Zwischenzeit würde er, wegen der Unvollkommenheit des Provisoriums, sich mit Würgereflexen und mit Anstoßen und Lispeln der Zunge herumplagen müssen — was wiederum nicht gerade zur Hebung seines Selbstbewußtseins beitrug.
Es ist schon ein Kreuz, wenn man in die Jahre kommt, dachte der frustierte und hungrige Agent, und wenn man im zunehmenden Maße immer mehr auf künstliche Hilfsmittel zurückgreifen mußte — angefangen vom Toupet über die Zahnprothesen bis hinunter zu den Senkfußeinlagen.
Bomb fiel zu seinem Elend die Geschichte von den beiden alten Männern ein, die am Straßenrand auf einer Bank saßen und den vorbeifließenden Verkehr beobachteten: Meinte der eine wehmütig: „So wie bei den Autos müßten auch bei uns die alten Teile ausgetauscht werden können. Wenn dann mal die Pumpe streikt, wird einfach eine Austauschpumpe eingesetzt und schon geht’s wieder für ein paar Jahre.“ Der andere sagte: „Ich wär’ schon mit einer neuen Stoßstange zufrieden.“
Bomb schob den Teller wieder von sich. Die gebackenen Zucchinis waren gallebitter.
„Schmeckt’s nicht?“ fragte ihn Frank Rossi.
„Doch, doch“, versicherte Bomb hastig, „ich hab’ nur ein bißchen Magenbeschwerden.“
„Da hilft ein Fernet Branca“, riet ihm der kleine FBI-Agent, „der bringt Sie sofort wieder ins Lot.“
Er schnalzte mit den Fingern: „Cameriere! Un doppio Fernet Branca!“
Der doppelte Magenbitter kam. Es schien Bomb, als wäre es ein halber Eimer voll, aber er stürzte ihn mit Todesverachtung hinunter. Eine heiße Woge brandete seine Speiseröhre hinab und breitete sich in Sekundenschnelle in seinem Magen aus.
„Gleich wird’s besser“, sagte Rossi optimistisch.
Plötzlich begann sich zu allem Überfluß auch noch Bombs Blase zu melden. Das feuchtkalte Wetter der letzten Tage hatte offensichtlich seine latente Prostatitis wieder aufflackern lassen.
Außerdem hatte er das dringende Bedürfnis, sich die Fasern des verfluchten Scolappine aus den Zähnen zu stochern.
„Entschuldigt mich“, murmelte er und erhob sich.
Benny Lyster warf ihm einen verwunderten Blick zu — schließlich war Bomb erst vor zehn Minuten draußen gewesen.
„Etwas nicht in Ordnung?“ fragte er besorgt.
„Alles bestens“, lispelte Agent 006 durch seine Interimsprothese, schob seinen Stuhl zurück und machte, daß er aufs Örtchen kam.
2
Als Bomb einige Minuten später erleichtert von der Toilette zu seinem Tisch zurückging, erschien am oberen Absatz der Treppe ein Mädchen, das von zwei Männern begleitet wurde. Es mochte an die neunzehn oder zwanzig Jahre alt sein, war stark geschminkt und mit Schmuck behängen; aufgetakelt mit einem rotschwarzen Seidenfähnchen und einem breiten
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