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James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)

James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)

Titel: James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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abgesehen davon war er machtlos.
    Mr Big drückte einen Schalter auf der Gegensprechanlage nach unten.
    »Schickt Miss Solitaire rein«, sagte er und brachte den Schalter wieder in seine ursprüngliche Position.
    Es gab eine kurze Pause, und dann schwang ein Teil des Bücherregals rechts vom Schreibtisch auf.
    Eine der schönsten Frauen, die Bond je gesehen hatte, kam langsam herein und schloss die Tür hinter sich. Sie stand einfach nur im Raum, starrte Bond an, ließ ihren Blick Stück für Stück über ihn wandern und musterte ihn so von Kopf bis Fuß. Nachdem sie ihre detaillierte Begutachtung abgeschlossen hatte, wandte sie sich an Mr Big.
    »Ja?«, fragte sie tonlos.
    Mr Big hatte seinen Kopf nicht bewegt. Er sprach zu Bond.
    »Dies ist eine außergewöhnliche Frau, Mister Bond«, sagte er mit ruhiger, sanfter Stimme, »und ich werde sie heiraten, weil sie einzigartig ist. Ich habe sie auf einer Variétébühne auf Haiti entdeckt, wo sie geboren wurde. Sie vollführte eine telepathische Darbietung, die ich nicht verstehen konnte. Ich habe mich eingehender damit beschäftigt und konnte sie trotzdem nicht verstehen. Es gab nichts zu verstehen. Es war Telepathie.«
    Mr Big hielt inne.
    »Ich erzähle Ihnen das, um Sie zu warnen. Sie ist meine Inquisitorin. Folter ist schmutzig und führt selten zu Ergebnissen. Die Leute gestehen einem alles, um die Schmerzen zu lindern. Doch wenn man dieses Mädchen hat, ist es nicht nötig, auf grobschlächtige Methoden zurückzugreifen. Sie kann die Wahrheit in den Menschen voraussagen. Deswegen wird sie meine Frau werden. Sie ist zu wertvoll, um sie freizulassen. Und«, fuhr er regungslos fort, »es wird interessant sein, unsere Kinder zu sehen.«
    Mr Big drehte sich zu der Frau um und starrte sie teilnahmslos an.
    »Zurzeit ist sie noch schwierig. Sie will nichts mit Männern zu tun haben. Deswegen nannte man sie auf Haiti auch ‚Solitaire‘.
    Nimm dir einen Stuhl«, sagte er leise zu ihr. »Verrate mir, ob dieser Mann lügt. Und bleib außerhalb der Reichweite der Waffe«, fügte er hinzu.
    Das Mädchen sagte nichts, nahm sich aber einen Stuhl, ähnlich dem von Bond, von der Wand und rückte auf ihn zu. Sie setzte sich und berührte dabei beinahe sein rechtes Knie. Sie schaute ihm in die Augen.
    Ihr Gesicht war blass, wie es oft bei weißen Familien der Fall war, die lange in den Tropen gelebt hatten. Doch es zeigte keine Spur der üblichen Ausgelaugtheit, die die Tropen auf der Haut und dem Haar zurücklassen. Die Augen waren blau, hellwach und voller Verachtung, doch als sie mit einem Anflug von Humor in seine starrten, erkannte er, dass sie eine persönliche Botschaft für ihn enthielten. Der Ausdruck verschwand schnell, als seine eigenen Augen antworteten. Ihr Haar war blauschwarz und fiel schwer auf ihre Schultern. Sie hatte hohe Wangenknochen und einen breiten, sinnlichen Mund, den ein Hauch von Grausamkeit umspielte. Die Umrisse ihres Kiefers waren zierlich und wohldefiniert. Sie strahlten Entschlossenheit und einen eisernen Willen aus, was sich in der geraden, spitzen Nase wiederholte. Ein Teil der Schönheit dieses Gesichts lag im Fehlen jeglichen Kompromisses. Es war ein Gesicht, das zum Herrschen geboren war. Das Gesicht der Tochter eines Sklavenbesitzers in einer französischen Kolonie.
    Sie trug ein langes Abendkleid aus schwerer weißer, mattierter Seide, dessen klassischer Schnitt von dem tiefen Wasserfallkragen aufgebrochen wurde, der von ihren Schultern fiel und ihr Dekolleté offenbarte. Dazu trug sie Diamantohrringe aus quadratisch geschliffenen Steinen und ein dünnes Diamantarmband am linken Handgelenk. Ringe trug sie keine. Ihre Fingernägel waren kurz und unlackiert.
    Sie beobachtete, wie er sie musterte, und legte lässig die Unterarme auf dem Schoß zusammen, sodass das Tal zwischen ihren Brüsten noch tiefer wurde.
    Die Botschaft war unmissverständlich, und auf Bonds kaltem, verhärmtem Gesicht musste sich eine warme Reaktion gezeigt haben, denn plötzlich nahm Mr Big die kleine Elfenbeinreitgerte vom Schreibtisch und schlug damit nach ihr. Der Riemen zischte durch die Luft und landete mit einem grausamen Knallen auf ihren Schultern.
    Bond zuckte sogar noch heftiger zusammen als sie. Ihre Augen flammten für einen kurzen Moment auf und wurden dann trüb.
    »Setz dich aufrecht hin«, sagte Mr Big sanft, »du vergisst dich.«
    Langsam brachte sie sich in eine aufrechtere Position. Sie hatte einen Stapel Karten in den Händen und fing an, sie zu

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