James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)
verlassen und über die Kälte der Welt gewimmert hast. Vielleicht lässt es dich heute sogar noch bis nach Jamaika kommen. Hörst du nicht die fröhlichen Stimmen aus dem Tower, die den ganzen Tag schon leise sagen: »Come in BOAC. Come in Pan Am. Come in KLM«? Kannst du nicht hören, wie sie auch uns rufen: »Come in Transcarib. Come in Transcarib«? Verliere nicht den Glauben an dein Schicksal. Erinnerst du dich an diesen schrecklichen Moment, als du gestern dem Tod in Gestalt der Kanone des Robbers ins Auge geblickt hast? Und du lebst immer noch, oder? Da, wir haben die Turbulenzen schon hinter uns. Das sollte dich nur daran erinnern, dass du nicht automatisch ein harter Kerl bist, nur weil du gut mit einer Kanone umgehen kannst. Vergiss das nicht. Diese glückliche Landung ist ein freundlicher Service deines Schicksals. Also bedanke dich besser bei ihm.
Bond öffnete seinen Sicherheitsgurt und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Zur Hölle damit, dachte er, als er aus dem großen, starken Flieger stieg.
Strangways, der leitende Agent des Secret Service in der Karibik, war am Flughafen, um ihn abzuholen, und schnell hatte er die Pass- und Zollkontrolle hinter sich.
Es war fast dreiundzwanzig Uhr, und die Nacht war still und heiß. Grell ertönte das Grillenzirpen aus den Kakteenfeldern zu beiden Seiten der Flughafenstraße, und Bond nahm die Geräusche und Gerüche der Tropen dankbar auf, während der Militärlaster an Kingston vorbeifuhr und sie in die schimmernden, mondhellen Ausläufer der Blue Mountains brachte.
Ihre Unterhaltung war recht einsilbig, bis sie es sich auf der gemütlichen Veranda von Strangways’ hübschem kleinem Haus an der Junction Road nahe Stony Hill gemütlich gemacht hatten.
Strangways schenkte beiden einen starken Whisky Soda ein und gab ihm dann einen kurzen Bericht der Jamaika-Version seines Auftrags.
Er war ein schlanker, humorvoller Mann Mitte dreißig, ein ehemaliger Lieutenant Commander einer Spezialabteilung der RNVR. Er trug eine Augenklappe, und sein römisch anmutendes gutes Aussehen rief das Bild der Brücke eines Zerstörers hervor. Doch unter seiner Bräune nahm Bond tiefe Falten wahr, und aus seinen hektischen Gesten und abhackten Sätzen schloss er, dass Strangways ein äußerst nervöser Mensch war. Aber er war sicher effizient und hatte einen guten Sinn für Humor, und er zeigte kein Revierverhalten gegenüber jemandem aus dem Hauptquartier, der sich in seinem Territorium breitmachte. Bond hatte das Gefühl, dass sie gut miteinander auskommen würden, und freute sich auf die Zusammenarbeit.
Dies war die Geschichte, die Strangways zu berichten hatte.
Es war immer gemunkelt worden, dass auf der Isle of Surprise ein Schatz vergraben lag, und alles, was über Bloody Morgan bekannt war, bekräftigte dieses Gerücht.
Die winzige Insel befand sich inmitten der Shark Bay, die am Ende der Junction Road lag, die von Kingston an die nördliche Küste führte.
Der große Freibeuter hatte die Shark Bay zu seinem Hauptquartier gemacht, da er die ganze Breite der Insel zwischen sich und den Gouverneur in Port Royal hatte bringen wollen, um sich vollkommen unbemerkt in die jamaikanischen Gewässer hinein- und herausschleichen zu können. Dem Gouverneur war dieses Arrangement nicht ungelegen gekommen. Die Krone wünschte, dass Morgans Piraterie wissentlich ignoriert werden sollte, bis die Spanier aus der Karibik vertrieben waren. Als dies erreicht worden war, hatte man Morgan zum Ritter geschlagen und zum Gouverneur von Jamaika ernannt. Bis dahin hatte man seine Taten aber geleugnet, um einen europäischen Krieg mit Spanien zu vermeiden.
Morgan hatte die Shark Bay also in der Zeit, bevor man den Bock zum Gärtner gemacht hatte, als Sicherheitsschleuse genutzt. Auf dem benachbarten Grundstück, nach seinem Geburtsort in Wales Llanrumney getauft, hatte er drei Häuser errichtet. Diese Häuser hießen »Morgan’s«, »The Doctor’s« und »The Lady’s«. In ihren Ruinen wurden heute immer noch Schnallen und Münzen gefunden.
Seine Schiffe legten immer in der Shark Bay an, wo er sie auf der windgeschützten Seite der Isle of Surprise kielholen ließ. Bei dieser Insel handelte es sich um einen schroffen Brocken aus Korallen und Kalkstein, der sich im Zentrum der Bucht erhob und von etwa viertausend Quadratmetern Dschungel überzogen war.
Als er Jamaika 1683 zum letzten Mal verließ, war er auf der Flucht, da er angeblich die Krone verspottet haben sollte. Sein Schatz
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