James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)
Nigrosinfarbe. Offenbar wurde diese Mischung inzwischen standardmäßig auf die Rettungswesten der US-Streitkräfte aufgetragen.
Bond rief Quarrel zu sich. Der Kaiman-Insulaner wirkte skeptisch, bis Bond ihm vorlas, was das Marineministerium über seine Forschungen gegen Kriegsende zu sagen hatte. Es ging um einen Versuch mit Haischwärmen, die von etwas angetrieben worden waren, das als »extremes Mobverhalten« bezeichnet wurde: »Man lockte Haie mithilfe von Fischabfällen zum Heck eines Krabbenkutters«, las Bond vor. »Sie tauchten als wild spritzender Schwarm auf. Wir bereiteten einen Kübel mit frischem Fisch vor und einen weiteren Kübel, in dem wir die Fische mit dem Abwehrmittel mischten. Wir gingen ans Heck des Bootes, und der Fotograf machte seine Kamera bereit. Ich schaufelte die einfachen Fische dreißig Sekunden lang über Bord, während die Haie sie gierig fraßen. Dann begann ich mit dem präparierten Fisch und warf diesen dreißig Sekunden lang ins Wasser. Drei Mal wiederholte ich diesen Ablauf. Beim ersten Versuch waren die Haie ganz wild darauf, den einfachen Fisch zu fressen, und hielten sich direkt am Heck des Bootes auf. Fünf Sekunden nachdem die Abwehrmischung ins Wasser geworfen wurde, hörten sie auf zu fressen. Ein paar kamen zurück, als es wieder unpräparierten Fisch gab. Beim zweiten Versuch dreißig Minuten später machte sich ein wilder Schwarm dreißig Sekunden lang über die einfachen Fische her, schwamm aber davon, sobald die Mischung ins Wasser geworfen wurde. Während das Abwehrmittel im Wasser war, gab es keinen Versuch, die Fische zu fressen. Beim dritten Versuch hielten die Haie einen Abstand von zwanzig Metern zum Heck des Bootes.«
Bond fragte: »Was hältst du davon?«
»Ich denke, dass Sie von dem Zeug besser etwas dabeihaben sollten«, erwiderte Quarrel beeindruckt.
Bond war geneigt, ihm zuzustimmen. Washington hatte durchgegeben, dass ein Vorrat des Abwehrmittels auf dem Weg zu ihm war. Aber er war noch nicht angekommen, und wurde auch in den nächsten achtundvierzig Stunden nicht erwartet. Wenn das Abwehrmittel nicht rechtzeitig ankam, war das aber auch nicht weiter schlimm. Bond konnte sich nicht vorstellen, dass er auf seinem kurzen Tauchgang zur Insel in so gefährliche Situationen geraten würde.
Bevor er zu Bett ging, entschied er schließlich, dass ihn nichts angreifen würde, solange kein Blut im Wasser war und er gegenüber einem Fisch, der ihn bedrohte, keine Angst zeigte. Was Kraken, Skorpionfische und Muränen anging, würde er wohl einfach aufpassen müssen, wo er hintrat. Seiner Meinung nach stellten die fast acht Zentimeter langen Stacheln der schwarzen Seeigel für normales Tauchen in den Tropen die größte Gefahr dar. Aber der Schmerz, den sie verursachten, würde nicht ausreichen, um seine Pläne zu stören.
Sie brachen um sechs Uhr morgens auf und waren gegen halb zehn in Beau Desert.
Das Anwesen war eine wunderschöne alte Plantage von etwa vier Quadratkilometer, dessen Geschichte bis zu Cromwells Zeit zurückging. Über der Bucht thronte die Ruine eines großen Herrenhauses. Umgeben von Harthölzern und Palmen, war es inzwischen von Pimentbäumen und Zitruspflanzen zurückerobert worden. Der romantische Name war im achtzehnten Jahrhundert modern gewesen, als jamaikanische Anwesen Bellair, Bellevue, Boscobel, Harmony oder Nymphenburg genannt wurden oder Namen wie Prospect, Content oder Repose hatten.
Ein Pfad, der von der Insel in der Bucht nicht zu sehen war, führte sie zwischen den Bäumen hindurch zu einem kleinen Strandhaus. Nach einer Woche des ziemlich spartanischen Lebens in der Manatee Bay, kamen Bond die Badezimmer und komfortablen Bambusmöbel äußerst luxuriös vor, und die farbenprächtigen Teppiche waren wie Samt unter seinen abgehärteten Füßen.
Durch die Lamellen der Jalousien warf Bond einen Blick auf den kleinen Garten, der vor Hibiskusblüten, Bougainvillea und Rosen überquoll und in einem winzigen Fleckchen weißen Sands endete, der von den Palmenstämmen halb verdeckt wurde. Er setzte sich auf die Armlehne eines Sessels und ließ seinen Blick Zentimeter für Zentimeter über die verschiedenen Blau- und Brauntöne des Meers und des Riffs wandern, bis er auf den Sockel der Insel traf. Die obere Hälfte war von herabhängenden Palmwedeln verdeckt, aber der Teil des senkrechten Kliffs, den er sehen konnte, wirkte im Halbschatten der heißen Sonne grau und eindrucksvoll.
Quarrel bereitete das Mittagessen auf einem
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