James Bond 04 - Diamantenfieber (German Edition)
der mit jedem Jahr der Einsamkeit und der Zurückgezogenheit härter geworden war?
Bond erinnerte sich an einige Momente in den letzten vierundzwanzig Stunden, als er die Antwort gewusst hatte. Momente, in denen ein warmes, leidenschaftliches Mädchen glücklich hinter der Maske hervorlugte – der Maske der harten Gangsterin, der Schmugglerin, des Lockvogels, des Blackjack-Croupiers – und sagte: »Nimm meine Hand. Öffne die Tür, und wir werden gemeinsam in den Sonnenschein hinaustreten. Mach dir keine Sorgen. Ich werde mit dir Schritt halten. In Gedanken habe ich immer mit dir Schritt gehalten, aber du bist nicht gekommen, und ich habe mein Leben damit zugebracht, einem anderen Rhythmus zu folgen.«
Ja, dachte er. Alles würde gut werden. Zumindest in dieser Hinsicht. Aber war er auf die Konsequenzen vorbereitet? Wenn er ihre Hand nahm, würde es für immer sein. Er würde die Rolle des Heilers übernehmen, des Analytikers, auf den die Patientin ihre Liebe und ihr Vertrauen übertragen hatte, während sie auf dem Weg der Genesung war. Es wäre eine unvergleichbare Grausamkeit, wenn er ihre Hand wieder losließe, nachdem er sie ergriffen hatte. War er bereit für alles, was das für sein Leben und seine Karriere bedeuten würde?
Bond wälzte sich in seiner Koje hin und her und schob das Problem in den Hintergrund. Dazu war es noch zu früh. Er war viel zu schnell. Am besten abwarten. Eins nach dem anderen. Er legte das Thema unnachgiebig zu den Akten und wandte seine Gedanken M und dem Auftrag zu, den er erledigen musste, bevor er sich die Zeit nehmen konnte, über sein Privatleben nachzudenken.
Immerhin hatte er einen Teil der Schlange totgeschlagen. War es der Kopf oder der Schwanz? Schwer zu sagen, aber Bond neigte zu der Annahme, dass Jack Spang und der mysteriöse ABC die wahren Drahtzieher des Schmuggelgeschäfts waren und dass Seraffimo nur auf der Empfängerseite agiert hatte. Seraffimo konnte ersetzt werden. Tiffany konnte ausgemustert werden. Shady Tree, von dessen Beteiligung am Diamantenschmuggel sie wusste, würde zweifellos untertauchen, bis der Sturm vorübergezogen war, sofern Bond in der Tat ein Vorbote des Sturms war. Aber es gab keine Beweise gegen Jack Spang oder das House of Diamonds, und die einzige Spur zu ABC war die Londoner Telefonnummer. Bond rief sich ins Gedächtnis, dass er sie dem Mädchen baldmöglichst entlocken musste. All das und die Maschinerie der Kontaktleute, die damit in Verbindung standen, würde man unverzüglich ändern, wenn die Einzelheiten über Tiffanys Abtrünnigkeit und Bonds Flucht nach London übermittelt wurden, vermutlich durch Shady Tree. Und das bedeutete, überlegte Bond, dass Jack Spang sein nächstes Ziel sein würde – und über ihn ABC. Dann blieb nur noch der Anfang der Pipeline in Afrika übrig, und der ließ sich nur über ABC erreichen. Bevor er sich vom Schlaf überwältigen ließ, gelangte Bond zu dem Schluss, dass es sein dringendstes Anliegen war, M so schnell wie möglich über alle Zusammenhänge Bericht zu erstatten, nachdem er an Bord der
Queen Elizabeth
gegangen war, damit London übernehmen konnte. Vallance‘ Leute würden sich sofort an die Arbeit machen. Für Bond würde es nicht mehr viel zu tun geben, sobald er zurückgekehrt war. Außer viele Berichte zu schreiben. Die übliche Routine im Büro. Und die Abende würde er mit Tiffany verbringen, die im Gästezimmer seiner Wohnung in der Nähe der King’s Road unterkommen würde. Er musste May telegrafieren, damit sie alles vorbereitete.
Mal sehen – Blumen, Badeöl von Floris, die Betten neu beziehen …
Knapp zehn Stunden nachdem sie Los Angeles verlassen hatten, drehten sie über LaGuardia ab, um zum langen Anflug über das Meer anzusetzen.
Es war acht Uhr am Sonntagmorgen, und es waren nur wenige Leute am Flughafen, aber ein Angestellter hielt sie auf, als sie das Rollfeld überquert hatten, und führte sie zu einem Nebeneingang, wo zwei junge Männer warteten, einer von Pinkerton und einer vom Außenministerium. Während sie über den Flug plauderten, wurde ihr Gepäck herbeigeschafft. Dann wurden sie zu einer anderen Seitentür gebracht, wo ein eleganter rotbrauner Pontiac mit schnurrendem Motor bereitstand. Die Jalousien im Fond waren heruntergezogen.
Darauf folgten ein paar leere Stunden in der Wohnung, die dem Mann von Pinkerton gehörte, bis sie um etwa vier Uhr nachmittags, aber mit einer halben Stunde Abstand, die überdachte Gangway hinaufstiegen, im großen,
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