James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
zielgerichtete Gang des Manns gefährlich wirkte, als ob er auf dem Weg zu einer schlimmen Sache war, die weiter vor ihm auf der Straße passierte.
Auf dem vierten und letzten Foto stand: PASSE. 1953. In einem Kreis in der unteren rechten Ecke befanden sich das Königliche Siegel und die Worte: »...WÄRTIGES AMT«. Das Foto war auf ein Kabinettformat hochgezogen, musste aber an einer Grenze aufgenommen worden sein, oder vom Concierge eines Hotels, als Bond seinen Reisepass vorgelegt hatte. General G. studierte das Gesicht sorgfältig mit seiner Lupe.
Es war ein ernstes Gesicht mit gleichmäßigen Zügen. Auf der gebräunten Haut der rechten Wange war eine etwa sieben Zentimeter lange Narbe zu sehen. Die großen und geraden Augen lagen unter glatten, recht langen schwarzen Brauen. Das schwarze Haar war links gescheitelt und so gekämmt, dass eine dicke schwarze Strähne eine Art Komma über der rechten Augenbraue bildete. Die längliche Nase verlief gerade zu einer schmalen Oberlippe. Der Mund war breit und fein gezogen, hatte aber einen grausamen Ausdruck. Das Kinn wirkte energisch. Ein Teil eines dunklen Anzugs, eines weißen Hemds und einer schwarzen Strickkrawatte vervollständigten das Bild.
General G. streckte das Foto auf Armlänge von sich. Entschlusskraft, Autorität, Unbarmherzigkeit – diese Eigenschaften konnte er erkennen. Was darüber hinaus in dem Mann vorging, war ihm egal. Er reichte das Bild an die Runde weiter und wandte sich der Akte zu. Er überflog jede Seite und blätterte schroff zur nächsten weiter.
Die Fotos kamen wieder bei ihm an. Er legte den Finger auf die Stelle, an der er gerade war, und blickte auf. »Er wirkt wie ein harter Brocken«, sagte er grimmig. »Seine Geschichte bestätigt das. Ich werde ein paar Auszüge vorlesen. Dann müssen wir uns entscheiden. Es wird langsam spät.« Er blätterte zur ersten Seite zurück und begann, die Eckdaten herunterzurasseln.
»Vorname: JAMES. Größe: 183 Zentimeter; Gewicht: 76 Kilogramm; schlanker Körperbau. Augenfarbe: blau, Haarfarbe: schwarz. Narben auf der rechten Wange und linken Schulter. Spuren plastischer Chirurgie am rechten Handrücken (siehe Anhang ‚A‘); vielseitig begabter Athlet; Experte im Schusswaffengebrauch, Boxer, Messerwerfer; benutzt keine Verkleidungen. Fremdsprachen: Französisch und Deutsch. Starker Raucher (besondere Zigarettenmarke mit drei goldenen Ringen); Laster: Alkohol, aber nicht im Übermaß, und Frauen. Ist vermutlich nicht bestechlich.«
General G. überschlug eine Seite und fuhr fort:
»Dieser Mann ist stets mit einer .25 Beretta Automatik bewaffnet, die er in einem Holster unter dem linken Arm trägt. Das Magazin enthält acht Kugeln. Hat meist ein Messer dabei, das an seinen linken Unterarm geschnallt ist; hat stahlkappenbewehrte Schuhe eingesetzt; kennt die Grundgriffe des Judos. Kämpft im Allgemeinen hartnäckig und hat eine hohe Schmerztoleranzgrenze (siehe Anhang ‚B‘).«
General G. ging die Akte weiter durch und las Auszüge aus den Agentenberichten vor, aus denen diese Informationen stammten. Er gelangte zur letzten Seite vor den Anhängen, die Einzelheiten der Situationen wiedergab, in denen man Bond begegnet war. Er überflog die Seite bis zum unteren Rand und las vor:
»Zusammenfassung. Dieser Mann ist ein gefährlicher Terrorist und Agent. Er arbeitet seit 1938 für den englischen Secret Service und hat inzwischen (siehe Highsmith-Akte von Dezember 1950) die Geheimnummer ‚007‘ zugewiesen bekommen. Die Doppelnullnummern bezeichnen Agenten, die getötet haben und im aktiven Dienst dazu berechtigt sind, zu töten. Wir gehen davon aus, dass es derzeit nur zwei andere britische Agenten mit dieser Befugnis gibt. Die Tatsache, dass dieser Agent 1953 mit dem CMG ausgezeichnet wurde, einem Orden, der ansonsten nur beim Ausscheiden aus dem Dienst vergeben wird, ist ein Maßstab für seinen Wert. Wer ihm im Einsatz begegnet, wird gebeten, die Fakten und vollständigen Einzelheiten dem Hauptquartier zu melden (siehe SMERSCH, MGB- und GRU-Dienstanordnungen ab 1951).«
General G. schloss die Akte und schlug entschlossen mit der Hand auf den Deckel. »Also, Genossen. Sind wir uns einig?«
»Ja«, sagte Oberst Nikitin laut.
»Ja«, sagte Generalleutnant Slawin gelangweilt.
General Wosdwischenski betrachtete seine Fingernägel. Er hatte das Morden satt. Seine Zeit in England hatte ihm gefallen. »Ja«, sagte auch er. »Nehme ich mal an.«
General G.s Hand wanderte zum internen
Weitere Kostenlose Bücher