James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
ruhen wir uns aus und versuchen, für die Überfahrt in Form zu kommen. Das Wetter sieht ganz gut aus, und heute Nacht wird auch der Mond ein bisschen heller scheinen. Denkst du, du kannst das schaffen?«
Ihre Hand drückte seinen Nacken. »Natürlich kann ich das, James. Aber was ist mit dir? Dein armer Körper! Er besteht nur noch aus Verbrennungen und Blutergüssen. Und was sind das für rote Wunden an deinem Bauch?«
»Das erzähl ich dir später. Mach dir keine Sorgen um mich. Aber jetzt erzähl du erst mal, was dir gestern Nacht widerfahren ist. Wie in aller Welt hast du es geschafft, den Krabben zu entkommen? Was ist beim Plan dieses Mistkerls schiefgelaufen? Die ganze Nacht lang konnte ich nur daran denken, wie du da draußen ganz langsam von diesen Viechern aufgefressen wirst. Gott, was für eine kranke Idee! Was ist passiert?«
Zu Bonds Erstaunen lachte das Mädchen. Bond warf einen Blick zur Seite. Ihr goldenes Haar war zerzaust, und den blauen Augen sah man den Schlafmangel an, aber ansonsten hätte sie ebenso gut gerade von einer Grillparty nach Hause kommen können.
»Dieser Mann glaubte, er wüsste alles. Dummer alter Narr.« Es klang, als würde sie über einen dummen Lehrer sprechen. »Die schwarzen Krabben beeindrucken ihn sehr viel mehr als mich. Ich habe kein Problem damit, von einem Tier berührt zu werden, und diese Krabben würden nicht im Traum daran denken, jemanden zu beißen, wenn man sich ganz still verhält und keine offene Wunde oder so etwas hat. Tatsache ist, dass sie Fleisch gar nicht besonders mögen. Sie ernähren sich hauptsächlich von Pflanzen und so weiter. Wenn er nicht gelogen und auf diese Weise tatsächlich eine schwarze Frau umgebracht hat, dann muss sie entweder eine offene Wunde gehabt haben oder vor Angst gestorben sein. Er muss wohl neugierig gewesen sein, ob ich es aushalten würde. Widerlicher alter Mann. Ich bin beim Abendessen nur in Ohnmacht gefallen, weil ich wusste, dass er für dich noch etwas viel Schlimmeres geplant haben musste.«
»Tja, da hol mich doch … Ich wünschte wirklich, ich hätte das gewusst. Ich dachte, du würdest von den Krabben in winzige Stücke gerissen werden.«
Das Mädchen schnaubte. »Es war natürlich nicht sehr angenehm, nackt ausgezogen und an Pflöcke im Boden gebunden zu werden. Aber diese schwarzen Männer haben es nicht gewagt, mich anzufassen. Sie machten nur dumme Sprüche und gingen davon. Dort draußen auf dem Felsen war es nicht sehr bequem, aber ich habe die ganze Zeit über an dich gedacht, und daran, wie ich Doktor No erwischen und ihn töten könnte. Dann hörte ich, wie die Krabben losrannten – so nennen wir das auf Jamaika –, und schon bald kamen sie über den Felsen gekrabbelt – Hunderte von ihnen. Ich habe einfach ganz still dagelegen und an dich gedacht. Sie liefen um mich herum und auch über mich. Soweit es sie betraf, hätte ich ebenso gut ein Felsen sein können. Es kitzelte ein bisschen. Eine ärgerte mich, indem sie versuchte, mir ein paar Haare auszureißen. Aber sie stinken nicht oder so etwas, also wartete ich einfach bis zum frühen Morgen ab, denn dann krabbeln sie in ihre Löcher und schlafen. Ich habe sie sogar recht lieb gewonnen, denn durch sie hatte ich wenigstens Gesellschaft. Es wurden immer weniger, bis schließlich keine mehr nachkamen und ich mich bewegen konnte. Ich zerrte nacheinander an den Pflöcken und konzentrierte mich dann auf den, an den meine rechte Hand gefesselt war. Es gelang mir schließlich, ihn aus der Felsspalte zu ziehen, und der Rest war dann ganz einfach. Ich kehrte zu den Gebäuden zurück und schaute mich dort um. In der Werkstatt neben der Garage fand ich diesen schmutzigen alten Overall. Dann ging ganz in der Nähe dieses Förderband los, und ich dachte mir, dass damit wahrscheinlich der Guano durch den Berg transportiert wird. Ich war mir sicher, dass du bereits tot wärst«, erklärte sie mit ruhiger, nüchterner Stimme, »also beschloss ich, mich irgendwie zu dem Förderband durchzuschlagen, um so durch den Berg zu gelangen und Doktor No töten zu können. Ich nahm einen Schraubendreher mit, damit ich eine Waffe hatte.« Sie kicherte. »Als wir zusammengestoßen sind, hätte ich dich damit angegriffen, aber er befand sich zum Glück in meiner Tasche, und ich konnte ihn nicht erreichen. Ich fand die Tür an der hinteren Wand der Werkstatt und gelangte durch sie in den Haupttunnel. Das ist alles.« Sie streichelte seinen Nacken. »Ich lief vorsichtig weiter,
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