James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
ist genau das, wonach ich gesucht habe, Honey«, erwiderte er. »Das ist unsere einzige Hoffnung, von hier zu entkommen. Wenn du durchhalten kannst, bis wir dort sind, haben wir eine echte Chance.«
Bond legte seinen Arm um ihre Taille und stützte sie. Er wagte es nicht, auf ihre Füße zu schauen. Er wusste, dass sie schlimm aussehen mussten. Doch es brachte nichts, sich gegenseitig zu bemitleiden. Wenn sie am Leben bleiben wollten, hatten sie für so etwas keine Zeit.
Sie setzten sich wieder in Bewegung. Bonds Gesicht war aufgrund der zusätzlichen Belastung zu einer Grimasse verzerrt, und die Füße des Mädchens hinterließen blutige Spuren auf dem Boden. Doch fast sofort flüsterte sie drängend, als sie die Holztür in der Wand des Tunnels erreicht hatten. Sie stand einen Spalt weit offen, und von der anderen Seite drang kein Laut hindurch.
Bond zog seine Waffe und schob die Tür vorsichtig auf. Die lange Garage war leer. Unter den Neonlichtern wirkte der schwarz-goldene Drache auf Rädern wie ein Festwagen für eine Parade. Er stand in Richtung der Schiebetüren, und die Luke zur gepanzerten Kabine war offen. Bond betete, dass der Tank voll war und der Mechaniker den Schaden mittlerweile wie angeordnet repariert hatte.
Plötzlich drangen von draußen Stimmen herein. Es waren viele, und sie kamen aufgeregt redend näher.
Bond nahm das Mädchen bei der Hand und lief los. Es gab nur ein Versteck – das Innere des Sumpffahrzeugs. Das Mädchen kletterte hinein. Bond folgte ihr und zog leise die Luke hinter sich zu. Sie kauerten sich hin und warteten. Bond hatte nur noch drei Schuss in seiner Waffe. Zu spät erinnerte er sich an den Waffenständer an der Garagenwand. Jetzt waren die Stimmen direkt vor der Garage. Die Tür wurde scheppernd aufgeschoben, und alle redeten durcheinander.
»Woher willst du wissen, dass es ein Schuss war?«
»Ich weiß doch, wie so was klingt.«
»Wir nehmen besser die Gewehre. Hier, Joe! Nimm das da, Lemmy! Und ein paar Granaten. Die Kiste steht dort drüben unter dem Tisch.«
Das metallische Geräusch von zurückgezogenen Schlössern erklang, während die Männer die Waffen entsicherten.
»Irgendwer muss verrückt geworden sein. Der Engländer kann’s nicht gewesen sein. Habt ihr den riesigen Oktopus in der Bucht mal gesehen? Verdammt! Und der Rest der Tricks, mit denen der Doc die Röhre ausgestattet hat? Und dieses weiße Mädchen. Die kann heute Morgen nicht mehr so toll ausgesehen haben. War einer von euch da, um nachzuschauen?«
»Nein.«
»Nein.«
»Nein.«
»Ha, ha. Das überrascht mich jetzt aber. Das ist doch ’ne echt heiße Schnecke da draußen auf dem Krabbenweg.«
Weiteres Geklapper und Schritte erklangen. Dann befahl der Anführer: »Okay, los geht’s! Immer zwei nebeneinander, bis wir den Haupttunnel erreichen. Schießt auf die Beine. Wer immer uns da Ärger bereitet, der Doc will sicher mit ihm spielen.«
»Ha, ha.«
Schritte hallten auf dem Betonboden wider. Bond hielt den Atem an, als sie an ihnen vorbeiliefen. Würden sie die geschlossene Luke des Sumpffahrzeugs bemerken? Doch sie liefen durch die Garage und in den Tunnel hinein, und der Lärm ihrer Schritte verhallte langsam.
Bond berührte Honey am Arm und legte einen Finger auf ihre Lippen. Behutsam öffnete er die Luke und lauschte wieder. Nichts. Er stieg aus, trat um das Fahrzeug herum und ging zum halb geöffneten Eingangstor. Vorsichtig schob er den Kopf um die Ecke. Es war niemand zu sehen. Der Geruch von gebratenem Essen lag in der Luft und ließ Bond das Wasser im Mund zusammenlaufen. Im nächstgelegenen Gebäude, das knapp zwanzig Meter entfernt war, stapelten sich Geschirr und Pfannen, und aus einer anderen Wellblechhütte erklangen Gitarrenmusik und die Stimme eines Mannes, der ein Calypsolied sang. Hunde fingen halbherzig an zu bellen und verstummten dann wieder. Die Dobermänner.
Bond drehte sich um und lief zurück in die Garage. Aus dem Tunnel drang kein Laut. Leise machte Bond die Tür zum Tunnel zu, verschloss und verriegelte sie. Dann ging er zum Waffenständer an der Wand und wählte einen weiteren Smith & Wesson sowie einen Remington-Karabiner aus. Er überzeugte sich davon, dass sie geladen waren, kehrte zur Luke des Sumpffahrzeugs zurück und reichte dem Mädchen die Waffen. Jetzt musste er sich nur noch um das Eingangstor kümmern. Bond stemmte sich mit der Schulter dagegen, und es rollte weiter auf. Das Wellblech ratterte hohl. Bond lief zurück, kletterte durch die
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