James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
Beine und versuchten instinktiv, den Körper im Wasser in eine aufrechte Position zu bringen. Dieses Mal wurde der Kopf unter schrecklichem Husten über die Oberfläche gerissen und blieb dort. Die Arme und Beine begannen, sich schwach zu bewegen, paddelten wie bei einem Hund, und durch den rotschwarzen Vorhang sahen die blutunterlaufenen Augen die Rettungsleine und befahlen dem trägen Gehirn, dafür zu sorgen, dass die Hände danach griffen.
Der Richtplatz war eine schmale, tiefe Bucht am Fuße der hoch aufragenden Klippe. Die Rettungsleine, auf die Bond zupaddelte – wobei ihn der klobige Speer in seinem Hosenbein behinderte –, war ein stabiler Drahtzaun, der sich von der Felswand in die Bucht erstreckte und sie von der offenen See absperrte. Die sechzig Zentimeter breiten, mit Algen verkrusteten Quadrate aus dickem Draht hingen an einem zwei Meter über der Oberfläche angebrachten Kabel und verschwanden in der Tiefe.
Bond erreichte das Gitter, klammerte sich daran fest und hing wie gekreuzigt da. Fünfzehn Minuten lang verharrte er in dieser Position. Hin und wieder bäumte sich sein Körper auf, und er übergab sich, bis er sich wieder stark genug fühlte, um seinen Kopf zu drehen und herauszufinden, wo er war. Verschwommen nahmen seine Augen die hohe Klippe über ihm und den schmalen Streifen Wasser, das sanft um ihn wogte, wahr. Der Ort lag in dunkelgrauen Schatten, da der Berg dafür sorgte, dass die Morgendämmerung ihn nicht erreichte, aber draußen auf dem Meer schimmerte das matte Leuchten des ersten Lichts, was bedeutete, dass für den Rest der Welt ein neuer Tag anbrach. Hier hingegen war es dunkel, trüb und bedrückend.
Träge beschäftigte sich Bonds Verstand mit dem Drahtzaun. Welchen Zweck erfüllte er, indem er diese dunkle Bucht vom Meer abtrennte? Sollte er Dinge von der Bucht fernhalten oder dafür sorgen, dass sie sie nicht verließen? Bond starrte angestrengt in die schwarze Tiefe hinunter, die ihn umgab. Die Drahtmaschen verschwanden unter seinen sich festklammernden Füßen im Nichts. Um seine Beine herum schwammen kleine Fische. Was machten sie da? Sie schienen zu fressen, schossen auf ihn zu und wieder davon und schnappten nach schwarzen Fasern. Fasern wovon? Baumwolle von seinen Lumpen? Bond schüttelte den Kopf, um klarer denken zu können. Dann schaute er wieder hin. Nein, sie labten sich an seinem Blut.
Bond erschauderte. Ja, Blut sickerte aus seinem Körper – aus den aufgeschürften Schultern, den Knien, den Füßen – ins Wasser. Jetzt verspürte er zum ersten Mal den Schmerz, den das Meerwasser an seinen Schürfwunden und Verbrennungen verursachte. Der Schmerz belebte ihn und verbesserte sein Denkvermögen. Wenn schon die kleinen Fische das Blut mochten, was war dann mit einem Barrakuda oder einem Hai? War der Drahtzaun dafür gedacht? Um menschenfressende Fische davon abzuhalten, ins Meer zu entkommen? Warum hatten sie sich dann noch nicht auf ihn gestürzt? Zum Teufel damit! Zuallererst musste er an diesem Zaun hochklettern und auf die andere Seite gelangen. Er musste den Zaun zwischen sich und das bringen, was auch immer in diesem schwarzen Aquarium lebte.
Beschwerlich kletterte Bond Zentimeter für Zentimeter den Zaun hoch und auf der anderen Seite wieder hinunter, wo er ein gutes Stück über dem Wasser innehielt. Er verhakte das dicke Kabel unter seinem Arm, hing wie ein Kleidungsstück an einer Wäscheleine da und starrte zu den Fischen herunter, die sich immer noch an dem Blut gütlich taten, das von seinen Füßen tropfte.
Nun war nicht mehr viel von Bond übrig, er hatte kaum noch Reserven. Dieser letzte Sturz durch die Röhre ins Meer, der Aufprall und die Tatsache, dass er beinahe ertrunken wäre, hatten ihn ausgewrungen wie einen Schwamm. Er war kurz davor, aufzugeben, kurz davor, einen letzten kleinen Seufzer von sich zu geben und sich einfach zurück in die weichen Arme des Wassers fallen zu lassen. Wie wundervoll es wäre, endlich nachzugeben und sich auszuruhen – zu fühlen, wie ihn das Meer sanft ins sein tiefes Bett brachte und das Licht ausknipste.
Die plötzliche, explosionsartige Flucht der Fische von ihrer Futterquelle riss Bond aus seinen Todesträumen. Tief unter der Oberfläche hatte sich etwas bewegt. Da war ein fernes Schimmern. Auf der dem Land zugewandten Seite des Zauns kam langsam etwas nach oben geschwommen.
Bonds Körper spannte sich an. Sein schlaff herunterhängender Kiefer schloss sich langsam, und die Trägheit wich aus seinen
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