James Bond 14 - Octopussy (German Edition)
über Scotland Yard zum Staatsanwalt gelangen.«
»Dürfte ich eine Frage stellen?«
»Natürlich.«
»Wie haben sie es herausgefunden?«
»Es war ein kleiner Gletscher. Oberhausers Leiche kam vor einer Weile am unteren Ende heraus. Als der Frühlingsschnee schmolz. Ein paar Bergsteiger fanden ihn. All seine Papiere und auch alles Weitere waren noch intakt. Seine Familie identifizierte ihn. Danach musste man die Geschichte nur noch zurückverfolgen. Die Kugeln waren der entscheidende Beweis.«
»Aber wie sind Sie in diese ganze Sache hineingeraten?«
»Die ASZ-Truppe unterlag der Verantwortung meines, ähm, Arbeitgebers. Die Dokumente landeten bei uns. Ich sah zufällig die Akte. Ich hatte gerade nichts zu tun. Also bat ich darum, den Mann aufspüren zu dürfen, der das Verbrechen begangen hatte.«
»Warum?«
James Bond schaute Major Smythe direkt in die Augen. »Oberhauser war zufällig ein Freund von mir. Er brachte mir vor dem Krieg das Skifahren bei, als ich noch ein Junge war. Er war ein wundervoller Mann. Er war eine Art Vater für mich, als ich dringend einen brauchte.«
»Oh, ich verstehe.« Major Smythe wandte sich ab. »Tut mir leid.«
James Bond stand auf. »Tja, ich fahre jetzt zurück nach Kingston.« Er hob eine Hand. »Nein, bemühen Sie sich nicht. Ich finde schon selbst zu meinem Wagen.« Er sah auf den älteren Mann hinab und sagte dann abrupt und fast barsch – vielleicht um seine Befangenheit zu überspielen, dachte Major Smythe: »Es wird etwa eine Woche dauern, bis sie jemanden herschicken, um Sie nach Hause zu holen.« Dann ging er über den Rasen davon, verschwand im Haus, und kurz darauf hörte Major Smythe das metallische Surren des Anlassers und das Knirschen des Kieses auf der unbefestigten Einfahrt.
Major Smythe suchte am Riff nach seiner Beute und fragte sich, was genau die letzten Worte dieses Mannes namens Bond bedeutet hatten. Im Inneren der Tauchermaske zogen sich seine Lippen freudlos von den verfärbten Zähnen zurück. Es war wirklich offensichtlich. Es war lediglich eine Variante der abgedroschenen alten Methode, den schuldigen Offizier mit seinem Revolver zurückzulassen. Wenn dieser Bond es gewollt hätte, hätte er im Government House anrufen und einen Offizier des Jamaika-Regiments anfordern können, damit dieser vorbeikam und Major Smythe in Gewahrsam nahm. Irgendwie anständig von ihm. Aber war es das tatsächlich? Ein Selbstmord wäre sehr viel ordentlicher und würde eine Menge Papierkram und Steuergelder sparen. Sollte er diesem Bond einen Gefallen tun und es auf ordentliche Weise regeln? Sich Mary an dem Ort anschließen, an den Selbstmörder kamen? Oder sollte er die Sache durchziehen und alles über sich ergehen lassen – die Demütigung, die endlosen Formalitäten, die Schlagzeilen, die Langeweile und Eintönigkeit einer lebenslangen Freiheitsstrafe, die unweigerlich mit seinem dritten Herzinfarkt enden würde? Oder sollte er sich verteidigen – sich darauf berufen, dass damals Krieg herrschte. Behaupten, dass er auf dem Goldgipfel mit Oberhauser gekämpft hatte, einem Gefangenen, der einen Fluchtversuch unternommen hatte. Vielleicht könnte Oberhauser auch von dem Goldversteck gewusst haben. Oder Smythe war der natürlichen Versuchung erlegen, sich die Barren zu schnappen, er, der arme Offizier der Kommandotruppe, der mit diesem unerwarteten Reichtum konfrontiert worden war? Sollte er sich auf dramatische Weise der Gnade des Gerichts aussetzen? Plötzlich sah sich Major Smythe auf der Anklagebank sitzen, eine prächtige, aufrechte Gestalt in der tadellosen, mit Orden behangenen blau-roten Galauniform, die man traditionellerweise bei Militärgerichtsverfahren trug. (Waren die Motten in die lackierte Kiste im Gästezimmer von Wavelets gelangt? Oder die Feuchtigkeit? Luna würde sich darum kümmern müssen. Ein Tag in der Sonne, wenn das Wetter hielt. Eine ordentliche Behandlung mit der Kleiderbürste. Mithilfe seines Korsetts würde er sicher noch in die Hose passen, die Gieves vor zwanzig, dreißig Jahren für ihn geschneidert hatten.) Und im Gerichtssaal, vermutlich im Chatham, würde sich der Freund des Gefangenen, ein standhafter Bursche, der aus Rücksicht auf Smythes eigene lange Dienstzeit mindestens den Rang eines Colonels innehatte, für ihn aussagen. Und es gab immer noch die Möglichkeit, sich an ein höheres Gericht zu wenden. Die ganze Sache mochte zu einem
cause célèbre
werden. Er würde seine Geschichte an die Zeitungen verkaufen, ein
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