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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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in den Akten zu stöbern.
    »Wonach suchst du?«, fragte Scholz.
    »Mitgliedschaften in Fitnessstudios, Diätclubs … Hinweise darauf, dass sie an Schönheitschirurgie dachten, möglicherweise an Fettabsaugung.«
    »Aber eigentlich gab es an ihnen doch gar nichts auszusetzen.« Scholz schloss sich der Suche an. »Ich meine, sie hatten keinen ungewöhnlich dicken Hintern.«
    »Du würdest staunen, welche Mühen Frauen wegen des kleinsten Makels auf sich nehmen.«
    Zehn Minuten später hatten sie verschiedene Hinweise zusammengestellt, doch nur in Bezug auf Sabine Jordanski. Sie war zweimal pro Woche in ein Fitnessstudio gegangen, ebenso regelmäßig in einen Schönheitssalon und mittwochs, an ihrem freien Nachmittag, schwimmen. Für Melissa Schenker fand sich nichts dergleichen.
    »Es muss irgendetwas geben.« Fabel fuhr sich mit den Händen durchs Haar.
    »Vielleicht war Melissa nicht so sehr auf ihre Figur fixiert«, sagte Scholz. »Schließlich hat sie ihr Leben in ihrem eigenen kleinen elektronischen Universum verbracht, wo ihr Aussehen keine Rolle spielte. In einer Welt, wo ihre Körperformen nicht sichtbar wurden.«
    »Mag sein.« Fabel vertiefte sich in Melissas Akte. »Was ist das denn … The Lords of Misrule ?«
    »Ihr größter Erfolg. Ein Rollenspiel, das sie entwickelt hat. Sehr kompliziert. Anscheinend hat sie vor ihrem Tod an einer Fortsetzung gearbeitet.«
    Die Akte enthielt ein Bild vom Cover des Spieles: Drei mythologische Gestalten – ein Krieger, eine Priesterin und eine Art Zauberer – standen auf einem Berg in einer neblig wabernden Landschaft.
    »Die Narrenkönige«, übersetzte Fabel den englischen Titel. »Eine auf den Kopf gestellte Welt. Die Tage des Chaos. Der zum König gemachte Narr. All das erinnert sehr an den Karneval. Vielleicht liegt hier die Verbindung. Melissa hielt sich so häufig in elektronischen Welten auf, dass sich ihr Pfad dort mit dem ihres Mörders und dem von Sabine Jordanski gekreuzt haben könnte.«

ACHTES KAPITEL

    6.–9. Februar

    1.

    Ansgar lag in Jekaterinas Bett und sah zu, wie sie zufrieden schlummerte. Ihr Sex war heftig, brutal, fast rasend gewesen. Jekaterina hatte offenbar gedacht, dass Ansgar seine aufgestaute Leidenschaft für sie anders nicht freisetzen konnte. Natürlich hatte sie teilweise recht gehabt, denn er war völlig von ihrem Fleisch fasziniert gewesen und hatte atemlos vor ihrer Nacktheit gestanden. Allerdings ahnte sie nicht, dass er nicht seine ganze Leidenschaft für sie zum Ausdruck gebracht hatte.
    Es war so gut für ihn gewesen, wie normaler Sex für ihn sein konnte. Doch während er im Halbdunkel lag und die schattenhafte Kurve von Jekaterinas Hüfte betrachtete, verspürte er die Frustration eines Mannes, der nur eine appetitliche Vorspeise, doch nicht das Hauptgericht genossen hatte. Immerhin war der erste Schritt gemacht. Nach dem Beginn ihrer intimen Beziehung würde er vielleicht irgendwann in der Lage sein, seine dunkelste Fantasie mit ihr auszuleben.
    Es war Sonntagmorgen und damit Ansgars freier Tag. Jekaterina machte sich zu ihrer Schicht auf. Vorher riet sie ihm, den Tag in ihrer Wohnung zu verbringen, und dann würden sie am Abend zusammen sein. Als Jekaterina nach der Schicht zurückkehrte – ermüdet, noch glühend von der Küchenhitze und mit schweißglänzender Haut –, wollte sie sich duschen, bevor sie zu ihm ins Bett kam. Aber Ansgar bat sie, sich keine Mühe zu machen, und die Leidenschaft der Vornacht kehrte mit doppelter Raserei zurück.
    Am nächsten Morgen gab es zum Frühstück Orangensaft, Kaffee und Brötchen mit einer Streichwurst, die laut Jekaterina aus der fernen Ukraine stammte. Am Küchentisch wurde Ansgar plötzlich von Melancholie übermannt. Er sah sich selbst im Wohnungsfenster gespiegelt: mit einer hübschen, um etliche Jahre jüngeren Frau beim Frühstück wie ein normales, zufriedenes Paar. Am meisten schmerzte ihn der Umstand, dass er sich genau in diesem Moment tatsächlich zufrieden fühlte.
    Sie vereinbarten, nacheinander am Arbeitsplatz einzutreffen und tagsüber ihren professionellen Umgang miteinander fortzusetzen. Ansgar war jedoch klar, dass es Jekaterina sehr schwerfallen würde, diese neue Romanze für sich zu behalten. Er küsste sie zum Abschied und brach zum Großhandel in An der Münze auf, um Nachschub für das Restaurant zu besorgen.
    Die Düsterkeit der letzten Tage hatte sich verzogen, und die Wintersonne stand strahlend und niedrig am Himmel. Ansgar fühlte sich wohl. Es

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