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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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schien unmöglich zu sein, dass die Finsternis in seinem Innern die Helligkeit des Tages verdrängen würde. Außerdem hatte er, zum ersten Mal seit Jahren, ein Gefühl der Normalität. Als führe er ein Leben wie alle anderen.
    Ansgar nahm ein Taxi über die Zoobrücke und stieg dann in sein eigenes Auto. Beim Kauf von Fleisch war er sehr wählerisch und besorgte es sich ebenso wie das Gemüse nie im Großhandel, doch er deckte sich dort mit fast allem anderen ein. Der Händler lag nicht weit vom Restaurant entfernt, und man lieferte die bestellten Waren stets korrekt und pünktlich, was für Ansgar und sein unnachgiebiges Verlangen nach Ordnung in seiner Küche wichtig war.
    Er belud einen Einkaufswagen mit Putzmitteln, Flüssigseife, Wischtüchern und anderen Gebrauchsgütern, die zum Restaurant gebracht werden sollten. Danach ging er in die Getränkeabteilung. Ansgar kaufte seinen Wein immer direkt bei Winzern am Rheinufer und in Frankreich. Im Großhandel holte er nur Bier und Spirituosen.
    Dann sah er sie. In der Lebensmittelabteilung. Er erstarrte eine Sekunde lang und schob sich hinter eines der bis zur Decke vollgepackten Regale. Sie hatte ihn nicht bemerkt. Ansgar hatte sie nur ganz kurz zu Gesicht bekommen, aber an ihrer Identität gab es keinen Zweifel. Er erkannte das hellblonde Haar, den tiefroten Lippenstift und die sogar im Februar dunkle Bräune. Vor allem jedoch erkannte er ihre Statur – breitschultrig und kompakt –, während sie einen schwer beladenen Karren mühelos zur Kasse bugsierte.
    Jemand hinter Ansgar beschwerte sich, und er schob seinen Einkaufswagen dichter an das Regal, damit der andere Kunde vorbeikam. Sein Herz hämmerte. Diesen Moment hatte er stets gefürchtet. Aber obwohl Ansgar gehofft hatte, dass er ihm erspart bleiben würde, erregte ihn der Gedanke auch. Am besten wäre es gewesen, wenn die Frau Köln seit dem Treffen mit ihm verlassen hätte. Es war so lange her. Und insgesamt hatte das Erlebnis nicht länger als ein paar Minuten gedauert. Doch sie hatte ihn gesehen. Seinen wahren Charakter.
    2.

    Wenn Maria nun morgens aufwachte, fühlte sie sich abgetrennt von sich selbst und von der Realität. Es erschreckte sie, dass sie sich wie eine Figur in einem Film oder wie eine ferne Gestalt in einer Landschaft wahrnahm. Sie wusste, dass sie nicht gesund war und dass sich ihre Persönlichkeit verändert hatte. Als wäre etwas in ihrem Innern zerbrochen. Auch der Gedanke, nun zu fast allem fähig zu sein, erschreckte sie. Sie war nahezu bereit, auf die Wünsche der Ukrainer einzugehen. Doch etwas ließ sie weiterhin vorsichtig sein.
    Seit drei Tagen war Maria mit den beiden zusammen und mit ihnen vertrauter geworden. Sie trafen sich jeden Morgen früh in der stillgelegten kleinen Fleischverpackungsfabrik, die Buslenko im Stadtteil Raderberg gemietet hatte. Maria verbrachte ihre Nächte weiterhin in dem billigen Hotel und fuhr morgens zur Fabrik. Etwas warnte sie, die Adresse von Lieses Wohnung preiszugeben, und sie beschloss, dort in den nächsten Tagen noch nicht einzuziehen. Wo Buslenko und Sarapenko übernachteten, wusste Maria nicht, und sie stellte auch keine Fragen.
    Für ein zweiköpfiges Team waren die Ukrainer extrem gut ausgerüstet, und ihr wurde klar, wie ungeschickt und unausgegoren ihre eigenen Versuche und Pläne gewesen waren. Buslenko und Sarapenko hatten jede Menge elektronische Geräte sowie Waffen mitgebracht. Damit tolerierte Maria als Polizistin den illegalen Besitz von Waffen und Militärgütern, wodurch sie sich strafbar machte.
    Physisch war sie kräftiger als seit Monaten. Da sie nun wieder normale Mahlzeiten aß, hatte sie zugenommen, und ihre Glieder fühlten sich nicht mehr bleiern schwer an. Mit ihrem Appetit war auch ihre Entschlossenheit zurückgekehrt. Witrenko musste sterben. Das war die Lösung aller Probleme.
    »Wir haben eine 24-Stunden-Überwachung für Molokow vorbereitet«, erklärte Buslenko.
    »Wie denn? Wir sind doch nur zu zweit … zu dritt …«
    »Molokow hat ein Haus draußen in den grünen Vororten, zwischen Lindenthal und Braunsfeld. Es ist eine riesige Villa, die angeblich einem russischen Import- und Exportkaufmann namens Bogdanow gehört. Ob er wirklich existiert oder nur ein Alias für Molokow oder Witrenko ist, wissen wir nicht. Wir haben ferngesteuerte Kameras vor seiner Villa installiert. Sie liegt am Rand eines Parks, und die Straße ist von Bäumen gesäumt – deshalb war es nicht allzu schwer.« Buslenko grinste. »Ich

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