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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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erreichten.
    »Mmm«, brummte Fabel und schaute zurück in Ansgars Richtung. Dabei merkte er, dass Tansu das Gleiche tat.
    In seinem VW ließ Scholz die Zündung vorerst nicht an. »Also, das war weniger seltsam als bizarr«, sagte er. »Die Frau sieht aus wie ein schlechter Drag-Act. Was zum Teufel soll das alles bedeuten?«
    »Was sie durchgemacht hat, würde fast jeden aus der Bahn werfen«, entgegnete Tansu. »Mir scheint, dass sie ihre Weiblichkeit ablehnt. Trotz ihrer Beteuerungen gibt sie sich die Schuld an dem Überfall.«
    »Nein«, widersprach Fabel, »sie gibt Vera Reinartz die Schuld. Als wäre Vera jemand anders gewesen. Ist euch aufgefallen, wie oft sie sich auf ihre frühere Identität in der dritten Person bezogen hat?«
    »Mich interessiert der Name, mit dem die Briefe unterzeichnet waren«, unterbrach Scholz. »Peter Stumpf. Jetzt bin ich überzeugt, dass Andreas Angreifer unser Täter ist. Du hattest von Anfang an recht, Jan.«
    »Eigentlich war es Tansu, die als Erste darauf gekommen ist.«
    »Das ist eine nette poetische Note«, überging Scholz Fabels Einwurf, »eine lokale Anspielung. Westlich von Köln liegt der Ort Bedburg. Peter Stumpf war sein berühmtester Einwohner. Oder der berüchtigtste. Im sechzehnten Jahrhundert. Der ›Werwolf von Bedburg‹ – einer der ersten in Deutschland verzeichneten Serienmörder. An ihm wurde dann selbst eine der denkbar furchtbarsten Hinrichtungen vollzogen.«
    »Andreas Vergewaltiger und Folterer identifiziert sich also mit Peter Stumpf. Warum schließt du daraus, dass er der Karnevalskannibale ist?«
    »Weil Peter Stumpf genau das Gleiche war. Ein Kannibale. Er soll Dutzende seiner Opfer gegessen haben. Außerdem behauptete er, ein Gestaltwandler zu sein, der Satan für die Fähigkeit, zum Wolf zu werden, seine Seele verkauft hatte. Stumpf sagte, er habe am liebsten die Menschengestalt beibehalten, um seine Opfer zu vergewaltigen, bevor er die Wolfsgestalt annahm, um sie aufzufressen. Vielleicht glaubt unser Täter, dass sich auf diese Weise ein Vergewaltiger in einen Kannibalen verwandelt.«
    »Das kommt mir übertrieben vor, aber er könnte damit tatsächlich zum Ausdruck bringen wollen, dass er eine Art Umgestaltung durchmacht. Vielleicht ist es die Clownsverkleidung. Was wichtiger ist: Wir haben seine DNA von dem Überfall auf Vera – oder Andrea. Du hast erwähnt, dass Stumpf auf besonders schlimme Weise hingerichtet worden ist. Spielt das für uns eine Rolle?«
    Scholz’ Stimme klang bitter-ironisch. »Unser Pfarrer hat uns in der Sonntagsschule davon erzählt. Eine kleine Horrorgeschichte, um den Katechismusunterricht aufzulockern. Peter Stumpf war ein reicher Bauer, der freiwillig und ohne Folterung gestand, seit seiner Kindheit ein Geisterbeschwörer und Hexenmeister zu sein. Er behauptete, der Teufel habe ihn mehrere Male besucht und ihm im Austausch für seine Seele einen Zaubergürtel gegeben, der ihm übermenschliche Kräfte verlieh. Der Preis für diese übermenschlichen Kräfte war jedoch mehr als Stumpfs Seele, denn der Gürtel verwandelte ihn in einen Wolf. Er gab zu, zahlreiche Opfer – Männer, Frauen und Kinder – zerrissen und aufgefressen zu haben. Anscheinend hatte er eine spezielle Vorliebe für schwangere Frauen. Zwei Mahlzeiten in einer. Nach dem Prozess schnallte man ihn auf ein Rad und brach ihm Arme, Beine und Rippen mit der stumpfen Seite einer Axt. Man glaubte nämlich, dass ein Werwolf aus dem Grab auferstehen kann. Das sollte durch das Brechen seiner Gliedmaßen verhindert werden. Dann rissen die Henker ihm bei lebendigem Leibe mit einer glühenden Zange Fleischklumpen aus dem Körper. Zum Abschluss haben sie ihn enthauptet und verbrannt. Die wahre Kasteiung des Fleisches.«
    »Aber sie hat nicht funktioniert«, meinte Fabel grimmig. »Peter Stumpf scheint tatsächlich wiederauferstanden zu sein.«
    6.

    Fabel hatte den Eindruck, dass Scholz Tansu nur deshalb zu dem Gespräch mit Peter Schnaus mitnahm, weil es zu lange gedauert hätte, sie vorher am Präsidium abzusetzen. Scholz hatte bei Schnaus angerufen, um sicherzustellen, dass der Mann zu Hause war, bevor sie sich die Aachener Straße entlang nach Buschbell aufmachten.
    »Übrigens«, erläuterte Scholz, »ist auch Bedburg, die Heimat des berüchtigten Peter Stumpf, nicht weit von hier.«
    Buschbell und Frechen waren nur neun Kilometer vom Kölner Zentrum entfernt, und Fabel ließ die unveränderte Stadtlandschaft an sich vorbeiziehen. Das an der Grenze des

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