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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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sagte Tansu. »Im Karnevalsausschuss schnappen sie über, weil sich die Planung für den Wagen so lange zieht.« Fabel blickte durch die Scheibe von Scholz’ Büro und schmunzelte. Der Oberkommissar stand im Zimmer und telefonierte, wobei er sich mit der freien Hand abwechselnd durchs Haar fuhr oder ins leere Zimmer gestikulierte.
    »Übrigens, Tansu …«, wechselte Fabel das Thema. »Da sich gerade die Möglichkeit bietet, würde ich Sie gern um einen Gefallen bitten.«
    »Aber natürlich, Herr Hauptkommissar.« Sie lächelte spitzbübisch.
    »Da ist es«, sagte Tansu. Vorher hatten sie die Privatadresse aufgesucht, die Tansu für Vera Reinartz ermittelt hatte, doch niemand war zu Hause gewesen. »Das ist ihr Laden.«
    Fabel schaute zu dem Café hinüber. Es wirkte hell und warm an der trüben winterlichen Straße. »Welchen Namen trägt sie inzwischen noch mal?«, fragte er Tansu.
    »Sandow … Andrea Sandow.«
    Sie betraten das Amazonia Cyber-Café, und Fabel lächelte verstohlen beim Anblick einer der Kellnerinnen. Sie konnte unzweifelhaft als Amazone beschrieben werden. Zuerst kam sie ihm wie ein Mann in Frauenkleidung vor. Sie war wuchtig gebaut, ihre Muskeln wölbten sich an ihren entblößten Armen und spannten den Stoff ihres T-Shirts, doch ihr Make-up war dick aufgetragen, und das Platinblond ihrer Haare war so synthetisch wie ihre mittwinterliche Bräune. Fabel sinnierte unwillkürlich, wie sich die Theorien über die weibliche Schönheit, die der Anthropologe und Kunsthistoriker Lessing vorgetragen hatte, auf sie anwenden ließen.
    »Verzeihung«, sprach er die Kellnerin an, »wir suchen Andrea Sandow … Sie ist wohl die Besitzerin dieses Cafés?«
    »Das bin ich.« Die Amazone richtete sich zu voller Größe auf und betrachtete Fabel kühl mit ihren leuchtenden blauen Augen. »Was kann ich für Sie tun?«
    Fabel war sprachlos. Er dachte an Vera Reinartz, das hübsche, wenn auch unauffällige Mädchen auf den Fotos; die intelligente Medizinstudentin, die sich nie gern hatte fotografieren lassen.
    »Frau Sandow«, schaltete Tansu sich ein, »können Sie bestätigen, dass Sie ursprünglich Vera Reinartz hießen?«
    Die geschminkten Augen verengten sich. »Worum geht es denn?«
    Fabel sah sich im Café um. Etwa ein Dutzend Gäste verteilte sich auf mehrere Tische. »Wir sind von der Polizei. Können wir irgendwo ungestört miteinander sprechen?«
    »Vertrittst du mich für ein oder zwei Minuten, Britta?« Andrea wandte sich wieder den drei Beamten zu. »Wir können uns in der Küche unterhalten.«
    »Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, Frau Sandow: Sie haben sich erheblich verändert«, sagte Fabel. Er wich zur Seite, damit Tansu und Scholz ihnen in die Küche folgen konnten. Andrea Sandow, wie Vera Reinartz sich nun nannte, war einen guten Kopf kleiner als Fabel, sogar kleiner als Tansu, doch ihre physische Präsenz schien die beengte Küche auszufüllen. »Ich hätte Sie von Ihren alten Fotos her nicht erkannt.«
    Andrea grinste selbstgefällig. »Das war keine Veränderung, sondern eine Metamorphose. Restlos und unumkehrbar. Also, was wollen Sie?«
    »Wir möchten mit Ihnen noch einmal über den Mann sprechen, der Sie überfallen hat«, sagte Tansu. »Ich weiß, es ist lange her, aber wir glauben, dass er noch weitere Frauen angegriffen hat.«
    »Natürlich hat er das.« Andrea verzog ihr Gesicht verächtlich, wobei sich ihr breiter, kräftiger Kiefer anspannte und tiefe Grübchen an ihren Wangen erschienen. »Mir ist klar, warum Sie mit mir reden wollen. Ich habe Sie erwartet. Es geht um die Morde, stimmt’s? In der letzten und vorletzten Weiberfastnacht?«
    »Sie meinen, dass es derselbe Mann ist?«, fragte Tansu.
    »Ich weiß, dass es derselbe Mann ist. Genau wie Sie. Deshalb sind Sie hier.«
    »Warum haben Sie sich nicht gemeldet, wenn Sie keinen Zweifel hatten, dass es derselbe Täter war?«, wollte Fabel wissen.
    »Welchen Sinn hätte das gehabt? Sie werden ihn nicht erwischen. Niemals.«
    »Und warum haben Sie Ihren Namen geändert?«.
    Andrea betrachtete Fabel. Es war der Blick eines Mannes. »Was geht Sie das an?«
    »Ich habe mich nur gefragt, ob es eine Reaktion auf den Überfall war. Und wenn, warum sind Sie dann nicht aus Köln fortgezogen? Ihre Eltern wohnen in Frankfurt, nicht wahr?«
    »Haben Sie ihnen etwa mitgeteilt, wo ich wohne?« Der in ihr aufsteigende Zorn verdüsterte Andreas Miene.
    »Nein, nein«, erwiderte Tansu beruhigend. »Wir würden … könnten … solche

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