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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Körperwärme dahinschwand, verringern konnte. Nichts. Sie umklammerte ihre Knie noch fester.
    Aber dies war nicht Witrenkos Art. Es wäre ein zu leichter Tod. Zwar hatte er sie quälender Kälte ausgesetzt, doch sie wusste, wie Hypothermie ablief: Sehr bald würde sie aufhören zu zittern und erstaunlicherweise das Gefühl haben, dass sich ihr Körper wieder erwärmte. Ein sanfter, schläfriger Glückszustand würde sie überwältigen, während ihr Gehirn dafür sorgte, dass Endorphine ihren Körper durchfluteten. In jenem friedlichen Moment würde sie sich zufrieden dem Schlaf überlassen und nicht mehr aufwachen.
    Nein. Das passte nicht zu Witrenko. Nicht genug Schmerz. Nicht genug Horror. Nicht genug Furcht.
    Maria erhielt ihre Bestätigung nach einem für sie nicht erfassbaren Zeitraum. Mit einem lauten metallischen Schaben glitt die Tür der Kältekammer zur Seite. Vor ihr stand Witrenko: mit seinem neuen Gesicht und seinen alten, feindseligen, harten Augen. Neben ihm, mit einer Pistole bewaffnet, war Olga Sarapenko. Beide trugen ihre Mäntel. Witrenko warf Maria einen gleichgültigen Blick zu.
    »Kannst du verstehen, was ich sage?«
    Marias Nicken war an ihrem krampfhaft zitternden Körper kaum zu bemerken.
    Er ging auf sie zu und zog sie hoch. Sie bemühte sich, ihre Blöße zu bedecken, und er schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Wieder. Und wieder. Maria spürte, wie sich ihr Mund mit Blut füllte, und war erschrocken über die Kühle der Flüssigkeit. Witrenko stieß sie von sich, sodass sie auf den sandigen, kalten Fußboden stürzte. Die Hitze von den Abschürfungen ihrer Haut war fast angenehm.
    »Kannst du verstehen, was ich sage?«, wiederholte er.
    »Ja.« Maria hörte das Beben in ihrer Stimme. Am liebsten hätte sie ihm erklärt, dass sie wegen der Kälte bebte, nicht aus Angst vor ihm.
    »Du lebst noch, weil du noch einen gewissen Nutzen für mich hast. Wenn das nicht mehr der Fall ist, werde ich dich töten. Verstehst du?«
    Maria nickte erneut, und Witrenkos schwerer Stiefel trat gegen ihre Rippen.
    »Verstehst du?«
    »Ja!«, schrie sie trotzig. Etwas in ihrem Innern war angeknackst, aber das kümmerte sie nicht. »Ja, ich verstehe.«
    »Wie armselig du bist«, sagte Witrenko. »Du glaubst, weil ich dein Leben stark beeinflusst habe, könntest du meines genauso beeinflussen. Aber du bist ein Niemand, ein Nichts. Du bildest dir ein, eine gewisse Bedeutung, einen Wert zu haben, doch das stimmt nicht. Du hast dir große Mühe gegeben, zu einem Ärgernis für mich zu werden. Und ich benutze Leute, die mir ein Ärgernis sind, zur Abschreckung. Das weißt du doch, oder?«
    »Ja«, antwortete Maria ausdruckslos.
    »Es gibt zwei Funktionen, die du nun erfüllen kannst. Erstens kannst du als Mittel zur Beschaffung der Informationen dienen, die ich über die Spitzel in meiner Organisation und über das Material benötige, das euer Bundeskriminalamt gesammelt hat.«
    »Dazu fehlen mir die Vollmachten«, erwiderte Maria.
    »Ich habe nicht gesagt, dass du die Informationen liefern kannst oder über einen direkten Zugang zu ihnen verfügst. Ich habe gesagt, dass du als Mittel zu ihrer Beschaffung dienst. Deine andere Funktion ist endgültiger. Wenn ich mit dir fertig bin, werde ich dich zu einem abschreckenden Beispiel machen. Wie im Fall von Buslenko und anderen werde ich mit deiner Hilfe zeigen, was denen zustößt, die mir Widerstand leisten. Was hast du denn geglaubt erreichen zu können?« Er schaute auf sie hinunter, als könne er ihre Dummheit nicht begreifen. »Ich habe dich leben lassen. Damals auf dem Feld, als du mich aufhalten wolltest. Denkst du etwa, es war ein Zufall, dass mein Messer dich nicht ins Herz getroffen hat? Hast du eine Ahnung, wie viele Herzen ich durchstochen habe? Aufgeschlitzt wie Äpfel?«
    Maria erhob sich mühsam. Sie versuchte, nicht daran zu denken, wie ihr ausgemergelter, blauer und kalter Körper aussah. »Warum kommst du nicht zur Sache?«, fragte sie herausfordernd. »Warum tötest du mich nicht einfach?«
    Wieder fegte Witrenkos Hand über Marias Gesicht. Benommen taumelte sie unter der Wucht des Schlages. Etwas tröpfelte an ihrer Schläfe und Wange hinab. »Hast du denn nicht zugehört? Ich brauche Zugang zum sogenannten Witrenko-Dossier des BKA.«
    »Warum denn? Das ist doch nicht nötig … Ich kann dir alles verraten, was man über dich wissen muss. Du hältst dich für Dschingis Khan oder Alexander den Großen oder dergleichen Blödsinn. Weißt du, was in

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