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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Erscheinung. Er bückte sich, packte ihr kurzes, schwarz gefärbtes Haar, riss ihren Kopf zurück und zwang sie, ihn anzusehen.
    »Wie war es, jemand anders zu sein, Maria?« Witrenkos smaragdgrüne Augen funkelten hart und kalt in seinem neuen Gesicht. »Ist es nicht befreiend? Eine Zeit lang wird man tatsächlich zu der Person, die man zu sein behauptet. Du dachtest, du hättest Taras Buslenko kennengelernt. O ja, er existiert wirklich. Oder besser, er hat existiert. Wie du nahm Buslenko alles viel zu ernst. Dies hier ist nur ein Geschäft. Aber Buslenko war ein eifriger junger Dummkopf. Ein Patriot. Er schwärmte von allen möglichen romantischen Idealen, die sich in der Ukraine verwirklichen sollten. Und genau wie du machte er es zu seiner persönlichen Aufgabe, mich zu finden und zu töten. Also stammten all die Worte, die du von mir gehört hast, tatsächlich von ihm. Er hat durch mich noch einmal gelebt. In gewisser Weise hast du also den wirklichen Buslenko kennengelernt. Wie ist es, mit einem Toten Bekanntschaft zu schließen?« Er ließ ihr Haar los, und ihr Kopf fiel nach vorn. »Auch du wolltest mich töten, nicht wahr, Maria? Du hast es dir so sehr gewünscht, dass du bereit warst, dein Leben für meinen Tod zu opfern. Aber die wirkliche Maria Klee war der Aufgabe nicht gewachsen, stimmt’s? Zuerst musstest du jemand anders werden, weil du vorher zu gebrochen und verängstigt warst. Aber ich kann dir bestätigen, dass die alte Maria recht hatte. Du hättest weiterhin Angst haben sollen.«
    »Ich muss schlafen …«, war alles, was Maria herausbrachte.
    »Gut.« Witrenkos Stimme wurde freundlich, wenn nicht gar herzlich. Er verwandelte sich wieder in Buslenko. »Ich werde dich schlafen lassen, Maria. Mit gemütlichen Decken. Dort draußen, neben dem Kühlraum, in der Wärme. Vorher bringe ich dir noch ein heißes Getränk. Die Zugangscodes … das ist alles. Du brauchst mir nur die Zugangscodes zu nennen oder mir zu sagen, wo sie sind. Dann werde ich dir erlauben, hinauszugehen und ein bisschen zu schlafen.«
    Maria merkte, dass sie nicht mehr zitterte. Allmählich wärmte sie sich auf, und sie fühlte sich noch schläfriger. Ihre bleiernen Augenlider wurden langsam von der Schwerkraft überwältigt. Sie würde Witrenko überlisten. Ihre Augen öffneten sich jäh, als er ihr heftig ins Gesicht schlug.
    »Maria … bleib wach. Wenn du wieder einschläfst, wirst du sterben. Dort draußen … dort draußen kannst du schlafen und weiterleben. Sag mir die Zugangscodes.«
    »Habe vergessen …« Marias Augen schlossen sich erneut. Witrenko brüllte sie an, und Maria dachte vage darüber nach, wie sich Flüche auf Ukrainisch anhörten. Sie spürte, wie sein Stiefel ihre Rippen traf, doch sie war zu schläfrig und bereits zu weit von ihrem eigenen Fleisch entfernt, um Schmerz zu empfinden.
    Sie schloss die Augen noch fester und schlief ein.
    4.

    »Da sind wir«, sagte Susi. Sie hatte darauf bestanden, mit ihrem eigenen Auto zu fahren, was Oliver gut passte, weil es so keinen Taxichauffeur gab, der ihn hätte identifizieren können. Susi führte ihn die Treppe hinauf in ihre Wohnung. Von einem kleinen Flur gingen mehrere Türen ab, von denen nur eine – die Schlafzimmertür – geöffnet war. Er wartete darauf, dass sie ihn ins Wohnzimmer bat, aber sie dirigierte ihn sofort durch die offene Tür.
    »Was denn?« Er grinste verschmitzt. »Kein Vorspiel?« Er musterte das Zimmer. Es war überraschend charakterlos, fast funktionell, was nicht mit Susis Persönlichkeit im Einklang stand.
    »Vielleicht erst mal einen kleinen Plausch.« Susi nahm auf der Bettkante Platz und schlug mit der Hand auf die Stelle neben sich. »Und dann haben wir Spaß.«
    Oliver setzte sich. Susi begann, ihn zu irritieren. Er hatte sich selbst immer als den Jäger gesehen, doch es war fast so, als habe sie nun die Führung übernommen. Plötzlich waren die Umstände weniger attraktiv, und Oliver merkte, dass er um einen großen Teil seines Genusses gebracht wurde. Er war ihm nie bewusst gewesen, wie sehr seine Befriedigung von seiner Macht über Frauen abhing. Von ihrem Entsetzen. Ihrem Schock. Ihrer Furcht.
    Nein, sagte er sich, ich gebe den Ton an. Er spürte Wut in sich aufsteigen. Wenn sie sich nicht mit genau dem abfand, was er wollte, dann würde er ihr das Gesicht zerschmettern. Es kam nicht auf sie und ihre Bedürfnisse an, sondern auf ihn und seine Wünsche.
    »Hast du es schon öfter getan?«, fragte Susi. Ihr Haar war am

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