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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Onkel Georg war höchstwahr­scheinlich tot. Sie musste aus Hamburg verschwinden. Mehrere Identitäten standen ihr zur Verfügung, und sie besaß genug Geld, um für den Rest ihres Lebens versorgt zu sein. Vielleicht war dies ein Neubeginn. Die folgenden vierundzwanzig Stun­den würden das zeigen.
    Anke verstaute die Beretta, die Magazine, ihr Polycarbonatmesser und das Päckchen Monatsbinden in der Umhängetasche. Sie trat ans Fenster und blickte auf die Straße hinunter. Hier war alles ruhig, doch sie hörte in den umliegenden Straßen Sirenen. Sie musste all den Aufruhr und Pöseldorf hinter sich lassen.
    Und dann würde sie frei sein.
     

2.
     
    Fabel hatte alles beobachtet. Er hatte dagestanden und zugese­hen, wie Anna niedergeschossen wurde. Zwei Blitze, und dann war sie zusammengesackt. Er hätte bleiben müssen, wo er war. Doch ohne nachzudenken, rannte er die Treppe hinunter und hinaus auf die Straße. Dabei brüllte er ins Funkgerät, man solle einen Krankenwagen schicken.
    Als er Anna erreichte, wurde sie bereits von zwei MEK-Männern versorgt, die Druckverbände aus dem Erste-Hilfe-Kasten an ihre Beinwunden anlegten. Auch Werner war schon da und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Fabel durchfuhr Reue, als er die scharlachroten Flecke auf dem weißen Mull der Druckverbände bemerkte.
    »Anna ...« Er fiel neben ihr auf die Knie. »Anna ... es tut mir so leid.«
    Ihr Gesicht war bleich, fast grau. Sie atmete flach und kurz, doch sie schüttelte den Kopf und lächelte schwach. »Nicht deine Schuld. Meine. Jetzt bin ich bereit für die Aggressionsbe­wältigung ...«
    Der Krankenwagen traf ein, und die Sanitäter befahlen Wer­ner und Fabel zurückzutreten, bevor sie sich an die Arbeit machten. Dietz, der MEK-Befehlshaber, kam auf sie zu.
    »Was zum Teufel haben Sie bloß getan?«, schrie Fabel ihm ins Gesicht. »Verdammte Scheiße, wie konnten Sie das zulas­sen? Ich habe Sie eingeschaltet, weil ich genau das verhindern wollte.« Er zeigte auf Anna und die Sanitäter.
    »Bevor Sie das Maul aufreißen, Fabel, möchte ich Sie daran erinnern, dass zwei meiner Männer tot sind und zwei andere schwere Brandwunden haben. Dies ist nicht meine Scheiße, sondern Ihre. Warum haben Sie keinen Schießbefehl gegeben, bevor sie die Straße erreichte? Sie wusste, dass wir uns zurück­halten mussten, sobald sie zwischen uns und bewohnte Gebäude geriet. Dort...« Er stieß mit einem behandschuhten Finger zum Park hinüber. »... dort waren unsere Chancen am besten.«
    Werner, nun ohne die Perücke, schob seine beachtliche Masse zwischen die beiden. »Herrgott noch mal, hört auf da­mit! So kommen wir nicht weiter. Jan, wir haben drei weitere Opfer. Die Geisel befindet sich in einem kritischen Zustand. Magenschuss. Wir haben einen toten Schupo und noch eine verwundete Zivilistin. Ein schöner Schlamassel.«
    »Haben wir das Auto schon gefunden?«
    »Nein. Aber es dürfte nicht schwer sein, schließlich ist die Windschutzscheibe zerschossen.«
    »Das Miststück wird sich nicht zu einer panischen Flucht hinreißen lassen«, meinte Fabel. »Wahrscheinlich hat sie den Wagen ganz in der Nähe abgestellt und einen anderen gestoh­len. Die Einsatzzentrale im Präsidium soll uns über jedes ge­stohlene Auto in einem Radius von fünf Kilometern informie­ren. Und nach einem beschädigt herumstehenden Polo suchen. Zunächst sollen alle Streifenwagen sämtliche Gassen, Seiten­straßen und leeren Flächen überprüfen ... Jeden Ort, wo sie ihn zurückgelassen haben könnte. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir ihn in der Nähe finden werden. Und lasst jede verdäch­tig wirkende Frau, die im näheren Umkreis allein unterwegs ist, anhalten und befragen. Minimum: zwei Beamte. Und extreme Vorsicht.«
    »Noch etwas«, fügte Dietz hinzu. »Ich glaube, dass ich sie ge­troffen habe. Weiter oben an der Straße, die sie entlanggelaufen ist, sind Blutflecken. Vermutlich habe ich sie am Bein erwischt.«
    »Dann dürfte sie versuchen, die Wunde irgendwo zu versor­gen. Sie ist noch hier, Werner. Wir müssen sie finden.«
     

3.
     
    Pöseldorf war eine der trendigsten Adressen Hamburgs. Die Immobilien waren kaum erschwinglich, die Läden und Restau­rants exklusiv. Dabei hatte Pöseldorf als Armenviertel Ham­burgs begonnen und bildete ein Gewirr aus Gassen mit Kopfsteinplaster.
    Anke benutzte so viele Gassen und Nebenstraßen wie mög­lich und kletterte sogar über Mauern, um die Hauptstraßen zu umgehen. Sie erreichte die

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