Jan Fabel 06 - Tiefenangst
namens Fabian Menke? Er arbeitet für das BfV.«
»Nicht, dass ich wüsste.« Flemmings Miene blieb unergründlich. »Sollte ich ihn kennen?«
»Nein. Ich dachte nur, dass sich Ihre Wege gekreuzt haben könnten.«
Gerade hatten sie Flemmings Büro verlassen, als sich Anna Wolff auf Fabels Handy meldete.
»Jan, ich glaube, wir haben Freese gefunden.«
»Das ging ja schnell.«
»Ehrlich gesagt, er hat es uns ziemlich leicht gemacht. Ein Mann ist dabei, die Köhlbrandbrücke zu überqueren. Er feuert hin und wieder auf Autofahrer. Es scheint derselbe Mann zu sein, der bei der Modelleisenbahn-Ausstellung in der Speicherstadt mit einer Pistole herumgefuchtelt hat. Die Beschreibung entspricht der von Freese.«
33.
Die Köhlbrandbrücke bildet einen geschwungenen Bogen und hängt mit Stahlseilen an Pylonen, die eine Höhe von 135 Meter über dem mittleren Tidehochwasser aufweisen und an riesige umgekehrte Stimmgabeln erinnern. Als Fabel zusammen mit Werner eintraf, hatte die Schutzpolizei die Brücke bereits für jeglichen Verkehr gesperrt. Ungefähr siebenhundert Meter jenseits der Barrikade stand ein Panzerwagen vom Typ Thyssen TM 170 des Mobilen Einsatzkommandos der Polizei Hamburg schräg auf der Fahrbahn. Ein Team von MEK-Beamten, ausgerüstet mit schwarzen Helmen und kugelsicheren Westen, benutzte den TM 170 als Deckung, während es seine Waffen auf die Gestalt richtete, die auf der Brüstung stand und in den Fluss hinunterschaute. Fabel schätzte, dass sich der Bewaffnete etwa in der Mitte der Brücke aufhielt, was bedeutete, dass die Entfernung zur Wasseroberfläche rund fünfzig Meter betrug.
»Ich muss dort oben rauf …«, sagte Fabel zu dem uniformierten Oberkommissar an der Sperre und deutete auf den Panzerwagen. »Mit einer Flüstertüte.«
Sobald Fabel und Werner mit Panzerwesten und Helmen ausgestattet waren, folgten sie zwei MEK-Beamten, die sie mit Kevlarschilden vor dem bewaffneten Mann auf der Brücke schützten, geduckt und mit schnellen Schritten zu dem TM 170.
»Das hat uns noch gefehlt … Touristen«, sagte der MEK-Leiter, als die beiden Kriminalbeamten den Wagen erreichten.
»Wie steht’s, Bastian?«, fragte Fabel. »Hast du in letzter Zeit jemanden erschossen?«
Bastian Schwager nickte zu der Gestalt auf der Brücke hinüber. »Welches Interesse hat die Mordkommission an dem Irren?«
»Wir glauben, dass er den Mann ermordet hat, der gestern aus dem Wasser gefischt wurde. Er ist eine Art Ökoterrorist, aber er hat auch einige psychische Probleme. Ein potenzieller Selbstmörder.«
»Wenn er die Pistole noch einmal auf uns richtet, Jan, werde ich ihm die Mühe ersparen.«
»Hör zu, Bastian, er ist ein Schlüsselzeuge«, sagte Fabel. »Ich muss wirklich mit ihm sprechen. Können wir näher herankommen?«
»Damit er ein besseres Ziel hat? Lieber nicht. Egal, ob er psychisch krank ist, er ist eine Gefahr nicht nur für sich selbst.« Schwager seufzte und zeigte auf das Megafon. »Okay, lass ihn wissen, dass wir den Panzerwagen näher heranfahren, damit du hören kannst, was er zu sagen hat.«
»Herr Freese …« Ein Rückkoppelungspfeifen ertönte, und Fabel hielt das Megafon etwas weiter von seinem Mund weg. »Herr Freese … Hier ist Leitender Hauptkommissar Fabel von der Polizei Hamburg. Ich möchte mit Ihnen reden, aber ich kann Sie von hier aus nicht hören. Wir werden den Panzerwagen in Ihre Nähe vorrücken lassen. Niemand wird auf Sie schießen oder versuchen, Sie zu ergreifen. Ich möchte nur mit Ihnen reden. Wenn Sie einverstanden sind, heben Sie bitte die rechte Hand.«
Niels Freese rief etwas Unverständliches zurück.
»Ich kann Sie nicht hören, Herr Freese. Heben Sie den Arm, wenn wir näher kommen dürfen.«
Die Gestalt auf der Brücke blieb bewegungslos; die Hand mit der Waffe hing locker an der Seite herab, und der Blick war auf das Wasser fünfzig Meter tiefer gerichtet.
»Herr Freese?« Die Gestalt auf der Brüstung bewegte sich immer noch nicht; eine Ewigkeit schien zu vergehen, bevor Freese halbherzig den Arm anhob.
Bastian Schwager bellte Befehle an seine Männer in Hörweite und dann ins Funkgerät. Der TM 170 brummte auf und rollte langsam vorwärts. Das MEK-Team, Fabel und die anderen Beamten richteten sich auf und rückten, von der Flanke des Panzerwagens geschützt, ebenfalls vor. Als er anhielt, zielten die Scharfschützen wiederum auf Niels Freese, der jetzt nur noch zwanzig Meter entfernt war.
»Herr Freese«, rief Fabel, sobald
Weitere Kostenlose Bücher