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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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als Spezialist bekannt, wenn jemand seine Liebsten aus den Klauen einer Sekte befreien will?«
    »So ungefähr. Es wird jedoch gemunkelt, dass Flemming und seine Helfer bei der Befreiung von Sektenmitgliedern ziemlich ›energisch‹ vorgehen. Es soll am besten sein, ihm nicht in den Weg zu geraten. Ein harter Bursche. Alles andere, was er über seine Firma gesagt hat, trifft zu. Sie beraten tatsächlich Importunternehmen und Schifffahrtsgesellschaften in Sicherheitsfragen und stellen ihnen Personal zur Verfügung.«
    »Danke, Anna.«
    »Was nun?«, fragte Werner, nachdem Fabel aufgelegt hatte.
    »Lass uns Herrn Flemming einen Besuch abstatten …«
     
    Die Leute hatten eine bestimmte stereotype Vorstellung davon, wie ein Modelleisenbahn-Liebhaber aussehen sollte. Frank Lessing war sich dessen bewusst und lachte häufig über die Reaktionen, auf die er stieß, wenn er von seinem Hobby erzählte.
    Frank war zweiunddreißig Jahre alt, groß, attraktiv und hatte dichtes dunkles Haar. Er wusste, dass sein Aussehen ein Vorteil beim Aufbau seiner Beziehungen gewesen war. Im Geschäftsleben ging man gern mit gut aussehenden Personen um. Oberflächlich, aber wahr. Sein Äußeres und seine unbeschwerte Persönlichkeit hatten ihm bereits in der Schule und an der Universität Sympathien eingebracht und auch seinen Aufstieg in einer internationalen Bank beschleunigt. Alles war so leicht für Frank gewesen, dass es ihm manchmal unwirklich vorkam.
    Von ihm als Teamleiter erwartete man im Allgemeinen, dass er seine Mahlzeiten zu Arbeitsessen machte, was bedeutete, dass er auf Konferenzen nur ein Sandwich aß, oder dass er Kunden bewirtete. Aber immer wenn er eine Mittagspause für sich hatte, kam Frank hierher: zur Modelleisenbahn in der Speicherstadt. Was als reine Ausstellung begonnen hatte, erstreckte sich nun über fast 12000 Meter Gleise. Es war die größte Modelleisenbahn der Welt. Doch damit nicht genug: Die Ausstellung enthielt auch Autobahnen und andere Straßen mit sich bewegendem Verkehr; Bürohäuser, Kirchen, Theater; zweihunderttausend menschliche Figuren, die jeder denkbaren Aktivität nachgingen, und eine detailgenaue Nachbildung der Hamburger Stadtmitte. Containerschiffe, Züge, Busse, Pkws, Feuerwehrautos – maßstabsgetreue Modelle, gesteuert von Computern im zentralen Kontrollraum – fuhren durch die Miniaturlandschaft und schufen die Illusion, dass der Besucher aus großer Höhe auf eine lebendige Stadt hinabblickte.
    Es war ruhig für die Mittagszeit, und Frank brauchte nicht lange zu warten, um eingelassen zu werden, obwohl die Zahl der Besucher, die sich gleichzeitig im Ausstellungsraum aufhalten durften, beschränkt war. Er schaute ganze fünf Minuten auf einen Elbabschnitt hinunter, während ein Containerschiff durch echtes Wasser fuhr, bevor es die dicht mit Kränen bestandenen Docks erreichte.
    Plötzlich wurde er auf einen jungen Mann an seiner Seite aufmerksam. Etwas an ihm beunruhigte Frank. Er trug dunkle Kleidung, die alt und schäbig aussah, und Frank roch die ranzige Ausdünstung schalen Schweißes. Sein Haar war verfilzt, und er sah aus wie jemand, der im Freien übernachtet hatte. Aber nicht seine Erscheinung machte Frank stutzig, sondern seine Augen, die aufgeregte Verzweiflung widerspiegelten. Der junge Mann betrachtete das riesige Modell der Köhlbrandbrücke, die den an dieser Stelle Köhlbrand genannten Arm der Süderelbe überspannt, bevor sie sich wenige hundert Meter weiter wieder mit der Norderelbe vereinigt. Es war eines der faszinierenden Wahrzeichen Hamburgs, und sogar das Modell – sechs Meter lang und anderthalb Meter hoch – wirkte beeindruckend.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl?«, fragte Frank zögernd. Er wusste, dass das kein guter Einfall war, denn der Mann sah wie ein Junkie aus. Doch für Frank war das Gebot, jemandem zu helfen, wie immer unwiderstehlich.
    »Ich dachte, man wird nicht auf die Brücke gelassen«, sagte der junge Mann, ohne die wilden Augen von dem Modell abzuwenden.
    »Bitte?«
    »Die Brücke. Ich dachte, sie ist nur für Autos. Aber da sind Fußgänger. Und Radfahrer.«
    »Ach so …« Frank lächelte. »Es soll das Radrennen sein. Dafür wird sie einmal im Jahr geöffnet. Und die Fußgänger sind protestierende Umweltschützer.«
    Der junge Mann ging ein paar Schritte, um seinen Blickwinkel zu ändern. Frank bemerkte, dass er ein wenig hinkte. Stirnrunzelnd musterte er das Modell.
    »Ist wirklich alles in Ordnung?«, fragte Frank.
    »Ist es

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