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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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haben. Jedenfalls hat sie so viele Informationen wie möglich über das Pharos-Projekt gesammelt. Sie hat mich sogar einmal gefragt, was ich darüber wüsste. – Viel weniger als sie, wie sich zeigte.«
    »Und was wissen Sie?«
    »Seit Melihas Verschwinden habe ich Nachforschungen angestellt. Und ich habe ziemlich viel von Menke erfahren können. Nichts davon ist positiv. Das Pharos-Projekt erfüllt sämtliche Kriterien einer gefährlichen Sekte. Es ist äußerst diktatorisch, und seine Führer, besonders Dominik Korn, werden wie Halbgötter verehrt; alle Mitglieder müssen dem Projekt ihr gesamtes Vermögen spenden; es hat so etwas wie eine Weltuntergangsplanung; es übt eine totale Kontrolle über seine Mitglieder aus und reagiert unglaublich aggressiv auf alle Kritiker.«
    »Und Sie glauben, dass sich diese Aggressivität gegen Meliha gerichtet hat?«
    »Erinnern Sie sich an meine Worte, dass wir die Verbindung zu unserer Umwelt verloren haben? Nun, diese Haltung wird vom Pharos-Projekt, besonders von seinem Gründer Dominik Korn, aktiv gefördert. Er ist der Meinung, dass die Umwelt am ehesten gerettet werden kann, wenn man die Menschheit aus ihr entfernt.«
    »Und wie soll das erreicht werden?«, fragte Fabel.
    Müller-Voigt hob die Schultern. »Die meisten Sekten glauben an einen Moment der Offenbarung. Den Jüngsten Tag oder Ragnarok oder die Apokalypse. Das gilt auch für das Pharos-Projekt. Die Mitglieder glauben an ein Ereignis, das sie als Konsolidierung bezeichnen. Mehr weiß ich auch nicht. Aber Menke wird Ihnen wahrscheinlich mehr Details nennen können. Er war nicht bereit, all seine Kenntnisse mit mir zu teilen, aber Sie sind kein Politiker, sondern Polizist.«
    »Und Sie vermuten, dass Melihas Verschwinden etwas mit der Pharos-Sekte zu tun hat?«
    »Es gefällt den Sektenführern nicht, wenn jemand gegen sie ermittelt oder sie kritisiert. Meliha schien ihre Aktivitäten unter die Lupe zu nehmen.« Müller-Voigt unterbrach sich. »Ich werde der Sache auf den Grund gehen, Herr Fabel. Wenn nötig auch ohne Ihre Hilfe. Dennoch frage und bitte ich Sie, Herr Fabel: Werden Sie mir helfen?«
    »Sie haben ja selbst erwähnt, dass es keine Mordindizien gibt. Und nicht einmal Indizien dafür, dass Meliha je existiert hat. Auf dieser Grundlage kann ich einfach keine offizielle Ermittlung durch die Mordkommission verantworten.«
    »Sie wollen mir also nicht helfen?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich werde mich darum kümmern. Gott weiß, dass ich mit dem Network-Killer-Fall genug um die Ohren habe. Aber ich werde sehen, was ich herausfinden kann. Jedenfalls hat es keinen Zweck, dass Sie sich mit der Wasserleiche beschäftigen. Es ist nur ein Rumpf – kein Kopf, keine Arme und Beine.«
    Die Farbe wich schlagartig aus der gebräunten Haut des Politikers. Einen Moment lang dachte Fabel, der Mann werde sich übergeben.
    »Hören Sie, Herr Senator, es ist unwahrscheinlich, dass es sich um Meliha handelt. Wir glauben, dass die Leiche zerstückelt wurde, um ihre Identifizierung zu verhindern. Aber nach allem, was ich heute Abend von Ihnen erfahren habe, scheint Meliha keine offizielle Identität zu besitzen. Wenn Sie mir ein paar Tage Zeit lassen, werde ich Nachforschungen anstellen.«
    »Vielen Dank, Herr Fabel. Darf ich Sie um noch etwas bitten? Ich möchte, dass die Sache unter uns bleibt … vorläufig jedenfalls.«
    »In Ordnung, Herr Senator«, sagte Fabel. Schließlich war es keine offizielle Ermittlung. Noch nicht. »Aber Sie müssen zugeben, dass Sie mir im Grunde keine Anhaltspunkte geliefert haben. Können Sie mir irgendetwas über Meliha mitteilen, was vielleicht von Nutzen ist?«
    Müller-Voigts leises Lachen war bitter und traurig. »Nach Melihas Verschwinden wurde mir klar, wie wenig ich wirklich über sie weiß. Immer wenn ich daran dachte, mit Ihnen – oder einem Ihrer Kollegen – über den Vorfall zu sprechen, musste ich einsehen, dass ich kaum etwas über sie aussagen konnte. Aber ich kannte sie, und zwar so gut, als hätten wir unser ganzes Leben miteinander verbracht. Ich kannte ihr Wesen.« Er überlegte eine Weile. »Sie war Kemalistin. Sie wissen schon, ich rede von Mustafa Kemal Atatürk, dem Vater der modernen Türkei. Er ist immer noch eine einflussreiche Persönlichkeit für viele Türken, weil er etwas so radikal Neues schuf. Er durchdachte das Konzept der Türkei und gründete eine weltliche, progressive Republik. Dazu musste er eine ganze Nation überzeugen, die Vergangenheit

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