Jan Tabak geht aufs Ganze
Tabak“, sagte sie, aber alle merkten, daß das ein Lob sein sollte.
Zwischenfall im Kaufhaus
Tims Klasse fuhr für eine Woche in die Jugendherberge von Arnsberg im Sauerland. Dazu brauchte der Junge nach Meinung der beiden alten Damen, die sich auch für seine Kleidung verantwortlich fühlten, noch eine neue Hose, eine Jacke und einen Wettermantel.
„So zwanglos wie hier kann er da nicht ‘rumlaufen“, entschied Oma Jenny. „Eine Herberge ist wie ein Hotel, da muß man gut angezogen sein.“
„Sag bloß, du hast schon mal in einer Jugendherberge gewohnt?“ fragte Tim grinsend.
„Ich kenne mich aus“, antwortete Jenny kurz, „auch wenn ich noch nicht in einer Herberge gewohnt habe. Jedenfalls werde ich dafür sorgen, daß du anständig eingekleidet wirst.“
„Au Backe!“ rief Tim. „Du willst doch nicht etwa mitfahren, wenn ich meine Klamotten kaufe?“
„Selbstverständlich! In deinem Alter hat man noch keinen Geschmack.“
„Ich fürchte, dann wird das aber nicht sehr lustig. Willst du nicht lieber zu Hause bleiben? Heute nachmittag kommt doch wieder einer der alten Schinken im Fernsehen, auf die du so scharf bist!“
„Ich meine ja auch“, begann Jan vorsichtig, um dem Jungen zu Hilfe zu kommen. Aber Oma Jenny gab ihm keine Gelegenheit, seine Meinung zu äußern.
„Ich bin dabei“, sagte sie bestimmt, und die Entschlossenheit in ihrem Gesicht ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß sie es ernst meinte.
Tina, die sich den Einkaufsbummel eigentlich auch ohne Jenny vorgestellt hatte, versuchte ihre Tante mit einem anderen Argument von ihrem Entschluß abzubringen.
„Oma Jenny“, sagte sie, „für dich haben wir ja kein Fahrrad. Du kannst doch nicht zu Fuß bis in die Stadt laufen.“
„Wir nehmen uns selbstverständlich ein Taxi“, sagte die Alte. „Hm“, machte Jan, „das hätten wir eher bestellen sollen. Jetzt müssen wir mindestens eine Stunde warten, und dann ist es zu spät zum Einkaufen.“
„Ich weiß, daß du mich nicht mithaben willst, Jan Tabak“, bellte Jenny, „aber ich komme mit, und wenn ich mich in den Fahrradanhänger setzen müßte.“
Tim grinste Nicole an.
„Lieber nicht“, sagte er, „der erste Schutzmann würde uns verhaften wegen fahrlässiger Transportgefährdung oder so etwas.“
„Das wollen wir doch mal sehen“, rief Jenny. „Los, macht euch fertig, in zehn Minuten fahren wir.“
Tatsächlich stieg sie in ihrem langen schwarzen Kleid, mit dem Schleierhut und den weißen Seidenhandschuhen beherzt und unerschrocken in den Anhänger, der hinter dem Tandem hing, und setzte sich auf das lederne arabische Sitzkissen, das Tina schnell hineingelegt hatte.
Alle staunten.
„Hoffentlich bist du versichert“, sagte Tim. „Wir können für nichts garantieren, wenn die Rennleidenschaft über uns kommt.“
„Fahrt man los“, rief Jenny, „und kümmert euch nur um euch. Ich werde es schon überleben.“
„Aus der Frau werde ich nicht klug“, murmelte Jan, „die zeigt sich jeden Tag von einer neuen Seite.“
Tim und Nicole stiegen auf. Tina und Jan bildeten den Schluß. Kilometerweit radelte die merkwürdige Gruppe ganz allein neben der Kleinen Wümme her.
Jenny saß da, bequem zurückgelehnt, hielt die Hände um die weiße Handtasche und genoß die Fahrt. Tim versuchte anfangs, sie aus der Ruhe zu bringen, indem er von einer Straßenseite auf die andere pendelte, aber das gelang ihm nicht. Jenny sagte kein Wort. Da ließ er es bleiben.
Als sie ins Stadtgebiet kamen, mußten sie sich manche Bemerkung von den Leuten, die ihnen begegneten, gefallen lassen. Das kümmerte sie nicht. Sie waren jetzt eine Mannschaft, die sich gemeinsam gegen alle Angriffe von außen verteidigen mußte. Bis in den Stadtkern wagten sie sich allerdings nicht. Auf der Bürgerweide ließen sie die Fahrräder stehen und gingen zu Fuß weiter.
Es war abgemacht worden, daß auch Nicole neu eingekleidet wurde, damit „ihr nicht das Herz blutete“, wie Jenny es ausdrückte. „Dieser Firlefanz, den die jungen Leute heutzutage tragen, kommt
für euch selbstverständlich nicht in Frage“, ließ sie Tim und Nicole wissen. „Ihr kriegt etwas Solides.“
„Aber nur!“ rief Nicole. „Ich hätte für mein Leben gern so einen Schleierhut, wie du ihn trägst, den finde ich schick. Dein Kleid ist auch einsame Klasse. Hoffentlich kriegen wir noch so eins für mich.“ Jenny überhörte diese Frechheiten, Tim aber konnte sich nicht verkneifen, zu sagen,
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