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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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daß er gar zu gern so eine breite dunkelblaue Cordhose wie Jan Tabak gehabt hätte, möglichst noch mit denselben breiten Hosenträgern, das sei doch der letzte Schrei der jungen Mode. „Wieso?“ wunderte sich Jan. „Hast du was gegen meine Hose?“ Jenny wandte sich um und bemerkte spitz: „Das ist keine Hose, sondern eine Zumutung für alle, die dich darin sehen müssen. So, hier ist ja wohl das erste Kaufhaus. Geht voran und führt mich.“
    Tim und Nicole bahnten sich einen Weg durch das Gedränge und strebten auf die Rolltreppe zu. Die ältere und die alte Generation konnten nur mit Mühe folgen. Im zweiten Stock trafen sie sich in der Abteilung für Heranwachsende wieder. Die Kinder hatten bereits eine Nietenhose in der Hand und prüften die Qualität. Jenny, die Großstädterin, fühlte sich Jan und Tina gegenüber im Umgang mit Bedienungspersonal haushoch überlegen und hatte die feste Absicht, ihnen das auch zu zeigen. Sie winkte eine Verkäuferin heran und ließ ihre Wünsche hören.
    „Wir hätten gern etwas Solides, Zeitloses für die beiden Kleinen“, begann sie. „Für das Mädchen vielleicht einen Faltenrock und für den Jungen eine kurze Hose aus grauem Flanell.“
    Die Verkäuferin, sehr jung, sehr keß, zog die Brauen hoch, sah erst die Oma, dann die Kinder erstaunt an und sagte schließlich: „Ist das ihr Ernst?“
    Aber das hätte sie lieber nicht fragen sollen, denn Jenny zischte sofort zurück: „Selbstverständlich! Was soll diese dumme Frage!“
    Die Verkäuferin zuckte zusammen.
    „Entschuldigen Sie, ich wundere mich nur, weil das doch längst aus der Mode ist.“
    Sie drehte sich um und ging einige Kleiderständer weiter.
    Jenny wandte sich Tina zu und sagte laut: „Diese jungen Dinger nehmen sich Frechheiten heraus, für die wir früher entlassen worden wären. Ich weiß genau, was ich will.“
    Jan Tabak, der sich bei diesem Geschäft sehr überflüssig vorkam, schlenderte an der langen Reihe der Kleider, Mäntel und Hosen vorüber, bog mal links ab, mal rechts, wich einem kleinen Jungen aus, der auf der Flucht war vor einem andern und durch die sorgfältig aufgehängten Kleidungsstücke brach wie ein Elefant durch einen Baumbuswald, und befand sich nach weniger als drei Minuten in der Sportartikelabteilung, wo er neugierig Bälle, Tennisschläger, Boxhandschuhe und Faltboote betrachtete.
    An einem Tisch stand ein kleines Mädchen und schluchzte leise. „Was ist denn los, mein Deern?“ fragte er mitfühlend. „Hat dir einer was getan?“
    Das Mädchen schüttelte den Kopf.
    „Hm“, machte Jan, „hast du was verloren?“
    „Meine Mama ist weg!“ wimmerte die Kleine.
    „Ach so“, sagte Jan. „Na, darum brauchst du nicht zu weinen. Komm, wir gehen zu einer Verkäuferin und bitten sie, deine Mutti durch den Lautsprecher ausrufen zu lassen. Du sollst mal sehen, eins, zwei, drei haben wir sie gefunden. Komm!“
    Jan ergriff die Hand des Mädchens und trottete mit ihm an die Kasse. „Fräulein“, sagte er, „diese Kleine hat ihre Mutter verloren. Können Sie das wohl mal ausrufen lassen?“
    „O da kann ich Ihnen leider nicht helfen“, bedauerte die Dame. „Mein Telefon wird gerade repariert, und ich darf die Kasse nicht verlassen. Gehen Sie doch bitte ins Erdgeschoß hinunter zur Hauptkasse. Da ist das Mikrophon. Meine Kollegin dort wird Ihnen gern behilflich sein.“
    „Im Erdgeschoß, dankeschön!“
    Jan wandte sich um und marschierte mit seinem Findelkind zum Lift, der ganz in der Nähe war.
    „Nun wollen wir mal mit dem Fahrstuhl fahren“, sagte er. „Dann sind wir ganz schnell bei deiner Mami.“
    Es dauerte eine Weile, bis sich eine der vier Türen öffnete und sie einsteigen konnten. Daß es aufwärts ging, merkten sie erst während der Fahrt.
    „Wir wollten gern nach unten“, rief Jan.
    „Dritter Stock!“ leierte der Liftboy. „Damenoberbekleidung, Schuhe, Kurzwaren, Geschenkartikel. Bitte sehr.“
    Ein kurzer Austausch der Fahrgäste, und schon setzte sich die Kabine wieder in Bewegung, nach oben, in den vierten Stock. Na ja, dachte Jan, einmal wird das Ding schon wieder nach unten fahren.
    Das tat es auch. Aber vorher sauste es noch in den fünften Stock. Weil das Mädchen immer noch leise schluchzte, stieg Jan dort schnell aus und kaufte eine große Tüte Bonbon und ein Lebkuchenherz. „Hier“, sagte er, „nun sei auch lieb und komm brav mit.“
    Im Erdgeschoß war es sehr voll. Jan sah vor lauter Menschen die Kasse nicht. Er hielt die Kleine

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