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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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Zeitlang unterdrückt werden mussten. Außerdem, Jane, …« Sie hielt inne.
    »Nun, Helen?«, fragte ich und legte meine Hand in dieihre. Zärtlich rieb sie meine Finger, um sie zu erwärmen. Dann fuhr sie fort:
    »Wenn auch die ganze Welt dich hasste und dich für böse und gottlos hielte, solange dein eigenes Gewissen dich von Schuld freispricht und dir recht gibt, wirst du Freunde haben.«
    »Nein. Ich weiß, dass ich gut von mir denken sollte, aber das ist mir nicht genug. Wenn andere mich nicht lieben, so will ich lieber sterben als leben. Ich kann es nicht ertragen, einsam und gehasst und verachtet zu sein, Helen. Sieh doch – um von dir oder Miss Temple oder sonst jemand, den ich wirklich mag, ein wenig wahre, aufrichtige Zuneigung zu erringen, würde ich mir gerne meinen Arm brechen oder mich von einem wilden Stier aufspießen lassen oder mich einem scheu gewordenen Pferde in den Weg werfen und meine Brust von seinen Hufen zertreten lassen …«
    »Still Jane, still! Du misst der Liebe der Menschen zu viel Bedeutung zu, du bist zu stürmisch, zu heftig, du lässt dich zu sehr von deinen Empfindungen beherrschen. Die allmächtige Hand, die deinen Leib erschaffen und ihm Leben eingehaucht hat, gab dir auch andere Stützen als dein schwaches Selbst oder Wesen, die ebenso schwach sind wie du. Außer dieser Welt, außer dem Menschengeschlecht gibt es eine unsichtbare Welt und ein Reich der Geister, diese Welt umgibt uns, denn sie ist überall, diese Geister bewachen uns, denn sie sind da, um uns zu behüten. Und wenn wir in Kummer und Schande sterben würden, wenn Verachtung von allen Seiten auf uns eindränge, wenn Hass uns zermalmte, so sähen Engel unsere Qualen, würden unsere Unschuld erkennen, wenn wir unschuldig sind. Und ich weiß, du bist schuldlos, diese Anklage, welche Mr. Brocklehurst aus zweiter Hand von Mrs. Reed hat und so jämmerlich und schwach und pathetisch gegen dich wiederholte – sie trifft dich nicht. Auf deiner reinen Stirn, in deinen lebensvollen Augen steht es geschrieben, dass du ein offenherzigerMensch bist. Gott wartet nur auf die Trennung der Seele vom Fleisch, um uns mit dem höchsten Lohn zu krönen. Nun denn, weshalb von Leid überwältigt zu Boden sinken, wenn das Leben so bald zu Ende ist und der Tod uns den Eintritt zu Seligkeit und Herrlichkeit bedeutet?«
    Ich schwieg. Helen hatte mich beruhigt, aber in die Ruhe, welche sie mir gegeben hatte, mischte sich ein Hauch von unsäglicher Traurigkeit. Ich fühlte einen Schmerz als sie sprach, aber ich konnte nicht sagen, woher er kam. Und als sie mit ihrer Rede zu Ende war, ein wenig schneller atmete und trocken und kurz hustete, vergaß ich für einen Augenblick meinen eigenen Kummer und gab mich einer unbestimmten Furcht und Unruhe in Bezug auf sie hin.
    Meinen Kopf an Helens Schulter lehnend, schlang ich meinen Arm um ihre Taille. Sie zog mich an sich, und so ruhten wir lange schweigend. Nach Verlauf von ungefähr einer Viertelstunde trat eine dritte Person ins Zimmer. Ein frischer Wind hatte einige schwere Wolken vom Horizont fortgetrieben, und der Mond ging klar auf; durch ein nahes Fenster warf er seine hellen Strahlen auf uns und auf die nahende Gestalt, in welcher wir sofort Miss Temple erkannten.
    »Ich kam, um dich zu suchen, Jane Eyre«, sagte sie, »du sollst in mein Zimmer kommen, und da Helen Burns bei dir ist, mag sie uns begleiten.«
    Wir gingen. Unter Führung der Vorsteherin hatten wir unseren Weg durch ein Labyrinth von Korridoren zu suchen und eine Treppe emporzusteigen, bevor wir ihr Zimmer erreichten. Ein helles Feuer brannte im Raum; alles sah freundlich und behaglich aus. Miss Temple bedeutete Helen Burns, sich in einen niedrigen Sessel an einer Seite des Kamins zu setzen, sie selbst nahm auf einem zweiten Platz und rief mich an ihre Seite.
    »Ist es jetzt vorüber?«, fragte sie und blickte mir ins Gesicht. »Hast du deinen Kummer fortgeweint?«
    »Ich fürchte, das werde ich nicht können.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich ungerecht und fälschlich beschuldigt worden bin. Und jetzt werden Sie, Madam, und alle anderen Menschen mich für böse und gottlos halten.«
    »Wir werden dich für das halten, mein Kind, als was du dich erweist. Fahre fort, dich wie ein gutes Mädchen zu betragen, und ich bin mit dir zufrieden.«
    »Wirklich, Miss Temple?«
    »Wirklich, Jane«, sagte sie und legte ihren Arm um mich. »Und jetzt erzähle mir, wer die Dame ist, die Mr. Brocklehurst deine Wohltäterin nannte.«
    »Mrs.

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