Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
Vom Netzwerk:
aus.
    »Kommen Sie hierher ans Feuer«, sagte der Hausherr, als das Teegeschirr abgetragen war und Mrs. Fairfax sich mit ihrem Strickzeug in einen Winkel setzte. Adèle führte mich gerade an der Hand durch das ganze Zimmer, um mir all die prächtigen Bücher und Nippsachen auf den Konsolen und Regalen zu zeigen. Wir gehorchten pflichtschuldigst. Adèle wollte auf meinem Schoß Platz nehmen, aber es wurde ihr gesagt, sich mit Pilot zu beschäftigen.
    »Sie halten sich jetzt schon drei Monate in meinem Hause auf?«
    »Ja, Sir.«
    »Und Sie kamen aus …?«
    »Aus der Schule zu Lowood in ***shire.«
    »Ah! Eine Wohltätigkeitsanstalt. – Wie lange waren Sie dort?«
    »Acht Jahre.«
    »Acht Jahre! Sie müssen ein zähes Leben haben. Ich meinte, dass die Hälfte der Zeit genügen müsse, um jede Konstitution aufzureiben! Kein Wunder, dass Sie beinahe aussehen, als kämen Sie aus einer anderen Welt. Ich habe mich schon ganz erstaunt gefragt, woher Sie ein solches Gesicht haben könnten. Als Sie mir gestern Abend auf dem Heckenweg entgegenkamen, musste ich unwillkürlich an Gespenstergeschichten denken, und ich hatte schon die Absicht zu fragen, ob Sie mein Pferd verhext hätten. Ganz sicher bin ich dessen auch jetzt noch nicht. Wer sind Ihre Eltern?«
    »Ich habe keine.«
    »Und hatten vermutlich auch niemals welche … Erinnern Sie sich ihrer denn nicht?«
    »Nein.«
    »Das dachte ich mir. So warteten Sie also auf Ihre Leute, als Sie dort am Zaun saßen.«
    »Auf wen, Sir?«
    »Auf die Männchen in Grün. Es war gerade eine rechteMondscheinnacht für sie. Habe ich vielleicht einen Ihrer Zauberkreise zerbrochen, dass Sie das verdammte Eis über den Fußsteig zogen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Die Männchen in Grün haben alle schon vor hundert Jahren England verlassen«, sagte ich und sprach ebenso ernst, wie er es getan hatte. »Und nicht einmal im Heckengässchen von Hay oder auf den umliegenden Feldern würden Sie jetzt noch eine Spur von ihnen finden. Ich glaube, dass weder im Herbst, noch im Sommer oder Winter der Mond jemals wieder auf ihre Feste herabscheinen wird.«
    Mrs. Fairfax hatte ihr Strickzeug auf den Schoß sinken lassen und mit emporgezogenen Augenbrauen hörte sie erstaunt auf unser Gespräch.
    »Nun«, fuhr Mr. Rochester fort, »wenn Sie nun auch Ihre Eltern verleugnen, so müssen Sie doch irgendwelche Verwandten haben, Onkel oder Tanten?«
    »Keine, die ich jemals gesehen hätte.«
    »Und Ihr Heim?«
    »Ich habe keins.«
    »Wo leben denn Ihre Brüder und Schwestern?«
    »Ich habe weder Brüder noch Schwestern.«
    »Wer empfahl Ihnen denn, hierherzukommen?«
    »Ich ließ eine Annonce in die Zeitung rücken, und Mrs. Fairfax beantwortete diese Annonce.«
    »Ja«, sagte die gute Dame, welche jetzt wusste, auf welchem Boden wir uns bewegten, »und täglich danke ich der Vorsehung für die Wahl, welche sie mich treffen ließ. Miss Eyre ist eine unschätzbare Gefährtin für mich, und eine gütige, sorgsame, pflichtgetreue Lehrerin für Adèle.«
    »Bemühen Sie sich nicht, ihr ein Zeugnis auszustellen«, entgegnete Mr. Rochester. »Lobreden ködern mich nicht, ich werde für mich selbst urteilen. Immerhin hat sie damit angefangen, mein Pferd zu Boden zu strecken.«
    »Sir?«, sagte Mrs. Fairfax.
    »Ihr habe ich diese Verstauchung zu verdanken.«
    Die Witwe blickte uns erstaunt an.
    »Miss Eyre, sagen Sie mir, haben Sie jemals in einer Stadt gewohnt?«
    »Nein, Sir.«
    »Haben Sie viel Gesellschaft gesehen?«
    »Keine andere als die Schülerinnen und Lehrerinnen von Lowood; und jetzt die Bewohner von Thornfield.«
    »Haben Sie viel gelesen?«
    »Nur solche Bücher, die ich zufällig in die Hände bekam. Und diese waren weder sehr zahlreich noch sehr gelehrt.«
    »Sie haben das Leben einer Nonne geführt; ohne Zweifel sind Sie in religiösen Formen gut geschult. Brocklehurst, wie der Direktor von Lowood wohl heißt, ist ein Prediger, wenn ich nicht irre?«
    »Ja, Sir.«
    »Und die Mädchen verehren ihn wahrscheinlich, wie die Nonnen eines Klosters ihren Priester anbeten?«
    »O nein!«
    »Sie sind sehr aufrichtig: ›Nein!‹ Glaubt man das, eine Novizin, die ihren Priester nicht vergöttert? Das klingt doch fast wie Blasphemie!«
    »Ich mochte Mr. Brocklehurst durchaus nicht, und ich stand mit meinem Gefühl nicht allein da. Er ist ein harter Mensch, überheblich und besserwisserisch. Er ließ uns das Haar abschneiden, und aus Sparsamkeit kaufte er immer nur schlechte Nähnadeln und schlechten Zwirn, mit

Weitere Kostenlose Bücher