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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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die Geschenke anzustellen, welche er ihr möglicherweise mitgebracht hatte. Wie es schien, hatte er ihr am Abend zuvor angedeutet, dass sie, wenn sein Gepäck aus Millcote käme, eine kleine Schachtel finden würde, deren Inhalt sie möglicherweise interessieren könne.
    »Et cela doit signifier«, sagte sie, »qu’il y aura là-dedans un cadeau pour moi, et peut-être pour vous aussi, Mademoiselle. Monsieur a parlé de vous: il m’a demandé le nom de ma gouvernante, et si elle n’était pas une petite personne, assez mince et un peu pâle. J’ai dit que oui: car c’est vrai, n’est-ce pas, Mademoiselle?«
    Wie gewöhnlich speisten meine Schülerin und ich in Mrs. Fairfax’ Wohnzimmer. Der Nachmittag war grau, und es schneite, und wir brachten ihn im Schulzimmer zu. Mit dem Dunkelwerden erlaubte ich Adèle, Bücher und Arbeiten fortzulegen und hinunterzulaufen, denn aus der verhältnismäßigen Stille unten und dem Aufhören des Läutens an der Haustür schloss ich, dass Mr. Rochester jetzt unbeschäftigt sei. Allein geblieben, trat ich ans Fenster, aber man konnte nichts mehr sehen. Die Dämmerung und das Schneegestöber verbargen sogar das Gebüsch auf dem Rasen vor dem Haus. Ich zog die Vorhänge zusammen und setzte mich wieder ans Feuer.
    In der glühenden Kohle zeichnete sich ein Umriss ab, welcher Ähnlichkeit mit einer Ansicht des HeidelbergerSchlosses am Neckar hatte. Da trat Mrs. Fairfax ein, und das feurige Mosaik, mit dem ich mich beschäftigt hatte, fiel zusammen. Zugleich zerstoben auch einige trübe, schwere, unwillkommene Gedanken, die angefangen hatten, meine friedliche Einsamkeit zu stören.
    »Es würde Mr. Rochester sehr angenehm sein, wenn Sie und Ihre Schülerin heute Abend den Tee mit ihm im Salon einnehmen wollten«, sagte sie. »Er ist während des ganzen Tages so sehr beschäftigt gewesen, dass er bis jetzt keine Zeit gehabt hat, Sie aufzusuchen.«
    »Um welche Zeit nimmt er den Tee?«, fragte ich.
    »Oh, um sechs Uhr. Auf dem Lande hält er sich an frühe Stunden. Es wäre am besten, wenn Sie jetzt schon gingen, um Ihre Toilette zu wechseln. Ich werde mitkommen, um Ihnen zu helfen. Hier ist eine Kerze.«
    »Ist es denn durchaus notwendig, meine Kleidung zu wechseln?«
    »Ja, es ist besser, wenn Sie es tun. Ich mache stets Toilette für den Abend, wenn Mr. Rochester hier ist.«
    Diese Zeremonie erschien mir ein wenig übertrieben, gleichwohl begab ich mich auf mein Zimmer und tauschte mit Mrs. Fairfax’ Hilfe mein schwarzes Wollkleid gegen ein seidenes von gleicher Farbe. Es war das beste und nebenbei auch das einzige Kleid, welches ich besaß, mit Ausnahme eines hellgrauen, das aber nach den Vorstellungen, die ich aus Lowood mitgebracht hatte, zu prächtig und elegant war, um es bei anderen als höchst feierlichen Gelegenheiten zu tragen.
    »Sie brauchen noch eine Brosche«, sagte Mrs. Fairfax. Ich besaß einen einzigen kleinen Schmuckgegenstand aus echten Perlen, welchen Miss Temple mir beim Abschied als Andenken geschenkt hatte. Diesen legte ich an, und dann gingen wir hinunter. Ich war nicht an den Verkehr mit Fremden gewöhnt, und daher war es fast eine schwere Prüfung für mich, so förmlich eingeladen vor Mr. Rochesterzu erscheinen. Ich ließ Mrs. Fairfax zuerst eintreten und hielt mich in ihrem Schatten, als wir das Speisezimmer durchschritten. Dann gingen wir unter dem Bogen hindurch, dessen Vorhänge jetzt herabgelassen waren, und traten in das elegante Séparée, welches sich dahinter befand.
    Zwei Wachskerzen brannten auf dem Tisch und zwei auf dem Kamin. In der Wärme und dem Licht eines prächtig lodernden Feuers lag Pilot, neben ihm kniete Adèle. Halb zurückgelehnt auf einem Sofa saß Mr. Rochester; sein Fuß war durch ein Polster gestützt. Er blickte auf Adèle und den Hund; der Schein des Feuers fiel voll auf sein Gesicht. Ich erkannte sofort den Reiter mit der hohen Stirn und den dichten, kohlschwarzen Augenbrauen wieder, das schwarze Haar ließ die Stirn noch weißer erscheinen. Ich erkannte seine scharfgeschnittene Nase, die eher charakteristisch als schön war – seine Nasenlöcher deuteten auf eine cholerische Natur. Dazu sein grimmiger Mund, das Kinn, die Kinnbacken – ja, alles war grimmig, darüber konnte kein Irrtum bestehen. Seine jetzt mantellose Gestalt stand seinem Gesicht an Schärfe nicht nach. Ich vermute, dass man sie vom athletischen Standpunkt aus schön hätte nennen können – die Brust war breit, die Hüften schmal –; aber sie war weder

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