Jane True 02 - Meeresblitzen
bemutterte, aber ich konnte nicht anders. Im Bemuttern von ihm war ich nun mal gut.
»Oh, mir geht’s gut. Nur ein bisschen müde.«
Ich ignorierte seine Bemerkung und ging zu ihm, um ihn
genauer zu betrachten. Trotz seiner offensichtlichen Müdigkeit sah er nicht allzu schlecht aus, und welches neue Medikament der Arzt ihm auch immer verschrieben hatte, es schien anzuschlagen. In letzter Zeit hatte er entschieden mehr Farbe, und er schlief auch besser.
»Wirklich, mir geht’s gut. Ich bin gestern nur zu lange aufgeblieben, um diesen dummen Film anzuschauen.«
Ich grinste ihn an. »Ich hoffe, du hast den Jungs nicht erzählt, dass du wach geblieben bist, um Magnolien aus Stahl anzuschauen«, zog ich ihn auf.
Er seufzte. »Machst du Witze? Damit würden sie mich bis an mein Lebensende aufziehen. Ich würde einen Baum fällen oder einen Reifen wechseln müssen, um meine Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Aber ich liebe diesen verdammten Film nun mal«, gestand er.
»Und deshalb liebe ich dich, Dad«, sagte ich und beugte mich zu ihm, um ihm einen Kuss auf die stoppelige Wange zu drücken.
»Ich liebe dich auch, Schatz. Und ich will nicht, dass du dir meinetwegen so viele Sorgen machst. Ich fühle mich wirklich gut. Die neue Behandlung scheint zu helfen.«
»Du siehst auch besser aus«, sagte ich nicht nur zu ihm, sondern auch, um mich selbst davon zu überzeugen.
Er nickte und wechselte das Thema. »Was gibt’s denn zum Abendessen?«
»Ich dachte, ich mache Fisch mit Ingwersoße, Reis und Salat.«
»Das klingt gut, Liebes. Und es könnte sein, dass in der Küche etwas auf dich wartet.« Ich kniff die Augen zusammen. »Was für eine Art etwas denn?«
»Ach, einfach etwas eben«, erwiderte mein Vater verschmitzt.
Nun ja, um einen nackten Vampir handelte es sich wahrscheinlich nicht, sonst wäre mein Vater nicht so gelassen. Trotzdem schlich ich misstrauisch in die Küche, denn ich kannte den Hang meines Lovers, ein Riesentamtam um so kitschige Erfindungen der Konsumindustrie wie den Valentinstag zu machen. Ich hatte wirklich Angst, dass gleich ein Feuerwerk losgehen oder aus einer überdimensionalen Torte doch noch ein nackter Vampir springen würde.
Mir lief das Wasser im Mund zusammen, aber ich war nicht sicher, ob dies geschah, weil ich an den nackten Ryu oder an die Torte dachte.
Mhmmmm … Kuchen …
Doch sowohl meine Kuchen- als auch meine Sexfantasien wurden jäh beendet, denn nichts von beiden erwartete mich in der Küche. Stattdessen stand auf der Arbeitsplatte ein völlig normaler Strauß roter Rosen. Okay, es waren ziemlich viele Rosen – mindestens drei Dutzend –, aber es waren eben nur Rosen. Ich sah nach, ob es sich um einen Standardstrauß vom Floristen handelte oder ob die Vase vielleicht mit Diamanten besetzt war. Es hatte eine Weile gedauert, bis Ryu kapiert hatte, dass ich ihn wollte und nicht seine teuren Geschenke. Wo hätte ich auch schon groß Gelegenheit, Designerklamotten oder Schmuck zu tragen? Etwa im Old-Sow-Strudel? Also war ich glücklich über die Rosen. Er hatte nicht vergessen, wie sehr ich Blumen liebte. Hoffentlich würde der Strauß noch mit einem Besuch von ihm gekrönt werden – Valentinstag war schließlich
nur heute –, aber die Rosen waren schon ein hübscher Auftakt …
… und der Ausklang zugleich , dachte ich, als ich die Karte an dem Strauß entdeckte. Denn dabei handelte es sich überhaupt nicht um eine Karte, sondern um ein offenes Ticket nach Boston. Für den nächsten Tag.
Ich kicherte nervös, als unser Telefon wie auf ein Stichwort der Götter klingelte.
»Hallo?«, meldete ich mich, obwohl ich verdammt gut wusste, wer dran war.
»Hey, Baby«, schnurrte die Stimme, die, egal wie vertraut sie mittlerweile geworden war, mir noch immer kalte Schauer über den Rücken jagte.
»Du …«, stammelte ich. »Du …«, fuhr ich fort, unsicher, ob ich ihm einfach nur danken oder doch lieber der Versuchung nachgeben sollte, den Hörer abzulecken.
»… bist großartig? Außergewöhnlich? Sexy? Dein Liebling? Ich kann gern weitermachen…«, sprang Ryu für mich ein.
»Ryu«, unterbrach ich ihn.
»Jane«, hauchte er, während mein Unterleib einen ekstatischen Tanz aufführte. »Gefällt dir dein Geschenk?«
»Die Rosen sind wunderschön, Schatz. Danke.«
»Nicht annähernd so bezaubernd wie du, meine Süße. Aber sie sind nicht das eigentliche Geschenk. Kannst du kommen?«
Ich lächelte, als ich hörte, wie er das letzte Wort in die Länge
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