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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mier
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oft wichtige De-
tails, die ihre Kollegen von anderen Redaktionen überhört hatten.
«Schreiben ist Handwerk», hatte ihr Daddy immer gesagt und Carry beherzig-
te diese Weisheit.
Dass es allerdings außer ihr noch jemanden gab, der mit der guten alten Ste-
nographie arbeitete, erstaunte sie. Moderne Chefs benutzten Diktiergeräte oder
warfen ihren Sekretärinnen irgendwelche Stichpunkte hin, nach denen diese
dann die Schreiben im Computer anfertigten oder die entsprechenden Schablo-
nen heraussuchten. Aber Lawrence M. Carlson schien sowieso in jeder Hinsicht
ein ungewöhnlicher Mann zu sein.
«Ende.» Carry brauchte ein paar Sekunden, ehe sie begriff, dass er sich nicht
auf einen Text bezog.
«Geben Sie das Ganze in den Computer. Heute Nachmittag, Punkt sechzehn
Uhr, liegt es hier unterschriftsbereit. Das heißt: sauber, ordentlich und vor allem
fehlerfrei. Die Rechtschreibprüfung ist nicht die Ultima Ratio.»
Lawrence schlug die Aktenmappe zu und jetzt, zum allerersten Mal, hob er
den Kopf und sah Carry an. Augen von ungewöhnlichem Blau ruhten sekunden-
lang auf ihrem Gesicht. Lawrence musste ein paar Mal zwinkern, um sicher zu
sein, dass er nicht träumte. Dabei gehörte er nun wirklich nicht zu den Männern,
die sich Tagträumen hingaben. Aber diese Frau war ein Erlebnis!
Nicht maskenhaft schön und kühl wie die Frauen, mit denen er normalerwei-
se zu tun hatte und die ihn immer an Schaufensterpuppen erinnerten. Nein, die-
se Frau – lebte! Ja, sie lebte, war aus Fleisch und Blut, Witz und Charme, Lachen
und Weinen. Eine Persönlichkeit, deren Anblick ihm einen kleinen, elektrischen
Schlag versetzte.
«Sie ... äh ... werden das doch schaffen?» Selbst in Lawrence’ Ohren klang diese
Frage äußerst blödsinnig.
Carry erhob sich. Dieser Mann machte sie völlig konfus. Wenn er sie nur nicht
so ansehen würde! Aber der Blick der meerblauen Augen schien sie irgendwie zu
lähmen und gleichzeitig zu erregen. Sie spürte ein Kribbeln zwischen ihren Schen-
keln, das sich bis in ihren Bauch ausweitete. Dabei war er ein ganz normaler Mann,
groß, schlank, dunkelhaarig, mit einem etwas zu eckigen Gesicht und einer etwas
zu breiten Unterlippe. Aber diese magischen Augen, die sie ansahen, als wollten
sie sie völlig entkleiden, machten ihn zu etwas Besonderem.
Was die Situation erschwerte – oder besser – verwirrte, war die offensichtli-
che Verlegenheit, die Lawrence M. Carlson trotz der begehrlichen Blicke plötz-
    lich merkwürdig linkisch erscheinen ließ. Carry wusste zum ersten Mal seit ihrer
Teenagerzeit nicht, wie sie reagieren sollte.
«Ich ... äh ... mache mich gleich an die Arbeit», stotterte sie völlig durcheinan-
der, während sie langsam unter den hungrigen Blicken errötete.
Erst im Flur fiel ihr ein, dass sie überhaupt nicht wusste, an welchem Compu-
ter sie die Briefe tippen sollte.
Der Glitzerzeigefingernagel wies auf eine offene Tür am entgegengesetzten
Ende des Ganges. Carry ging darauf zu und betrat einen Raum, der, anders als der
Empfangsraum und Lawrence’ Büro, in kühlem Hellblau gehalten war. Aber auch
hier versanken die Füße in einem dicken Flauschteppich und der Stuhl war mit
allen Raffinessen ausgestattet, die die moderne Bürotechnik heute anbietet.
Seufzend nahm Carry vor dem Computer mit LCD-Bildschirm Platz und schal-
tete ihn ein.
Eine halbe Stunde später fegte die Vogue-Schönheit wie von Furien gehetzt in
das kleine Schreibzimmer.
«Was zum Teufel machen Sie hier?», zischte sie Carry an, die gerade die ersten
Briefe aus dem Drucker nahm. Sie schielte verstohlen auf das kleine Schildchen an
der Bluse der Schönen, das sie als Doreen Monaghan auswies. Im Augenblick wur-
de ihre Schönheit jedoch etwas von dem Zorn entstellt, der ihr Gesicht verzerrte.
Nicht grundlos, wie Carry ahnte.
«Eigentlich bin ich hier, um mit Mister Carlson über seinen Bruder zu spre-
chen», gab sie bereitwillig Auskunft. «Aber irgendwie bin ich stattdessen in dieses
Büro geraten und tippe seine Briefe in den Computer. Ich habe den starken Ver-
dacht, dass hier eine Verwechslung vorliegt, nicht wahr?»
Wenn Carry wollte, konnte sie sich naiv stellen.
«Das kann man wohl sagen!», erwiderte Doreen grimmig.
Auf ihren gut zehn Zentimeter hohen Stöckelschuhen kam sie näher und ließ
sich graziös auf der Kante des Schreibtischs nieder. Plötzlich wirkte sie gar nicht
mehr kühl und unnahbar. Fast meinte Carry, eine vertraute Kollegin vor sich

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