Jax
hinter einer beweglichen Betonwand verborgen, die sich wie eine Tür aufklappen lässt. Was für eine geniale Tarnung!
»So lange kein Warrior die Geheimtür entdeckt, können wir den Tunnel nutzen«, sagt Jul leise, während er Männer, Frauen und Kinder durchwinkt.
Niemand gibt einen Laut von sich, alle sind schwer bepackt mit Taschen, Rucksäcken und Waffen. Erst im Tunnel schalten sie ihre Taschenlampen ein.
Jul trägt eine Schutzweste, an der kleine Granaten hängen, genau wie bei Jax, und eine Pistole in der Hand, nur dass Jul neben meinem Warrior wie ein Kind wirkt. Ich vermisse Jax so sehr und muss ständig an ihn denken.
»Willst du wieder zurück in die Stadt?«, frage ich in die Dunkelheit. Dabei halte ich mich krampfhaft an den Riemen meines Rucksackes fest. Die Pistole, die Jax mir gegeben hat, habe ich weggesteckt. Vor Nervosität würde sich nur ein Schuss lösen. Wo bleibt er nur?
»Ich muss zurück. Mein Vater darf keinen Verdacht schöpfen. Er denkt nach wie vor, ich betreibe die Wäscherei. So sitze ich weiterhin an der Quelle und kann sofort reagieren. Aber morgen möchte ich mit den Outsidern einen Plan ausarbeiten. Wir brauchen noch mehr Leute, um die Lagerhalle zu zerstören. Wir müssen die Bomber vernichten, bevor sie die Outlands angreifen.« Er lässt den letzten Mann hindurch und bedeutet mir, ihm zu folgen.
»Ich will auf Jax warten«, sage ich, wobei ich mich ständig hastig umschaue, doch außer Finsternis gibt es nichts zu sehen.
Jul blickt auf den kleinen Tablet-Computer in der Handfläche, und sein Gesicht leuchtet geisterhaft im Dunkeln. Das Display zeigt ihm an, ob ein Warrior in der Nähe ist. »Ich weiß nicht, wie Jax das gemacht hat, aber fast alle Soldaten befinden sich auf der anderen Seite unter der Stadt. In unserer Nähe ist keiner, es dauert mindestens zehn Minuten, bis uns einer erreichen könnte.«
Ich atme auf. Zehn Minuten klingen nicht viel, aber es ist ein guter Vorsprung.
Jul holt ebenfalls tief Luft. »Okay, ich warte noch fünf Minuten, dann gehen wir. Ich habe Jax versprochen, dich rauszubringen. Außerdem muss ich wirklich pünktlich zurück sein.«
Vor Aufregung habe ich eine Gänsehaut, daher rubble ich über meine kalten Arme. »Findet es dein Vater nicht seltsam, dass du als zukünftiger Senator eine Wäscherei leitest?«
Jul hebt eine Braue. »Er war erst skeptisch, aber als ich ihm erklärt habe, dass ich durch diesen Job nah am Volk bin, es studieren und später besser manipulieren kann, fand er die Idee genial.«
Ich möchte mir nicht ausmalen, was sein Vater mit ihm anstellen würde, sollte er die Wahrheit erfahren. »Werden uns die Outsider nicht töten? Immerhin sind wir ihre Feinde.«
Wir schließen die schwere Betontür und entfernen uns ein Stück von der Stelle, um uns in einem Nebengang zu verbergen. Dort stelle ich meinen Rucksack neben meine Füße und Jul flüstert mir zu: »Wir haben Sonja als Verbündete, sie wird alles regeln. Und wir haben ja Funkkontakt, da wir eine Drohne über die Todeszone schicken konnten. Sie haben von der anderen Seite am Tunnel gegraben. Gemeinsam werden wir einen Plan ausarbeiten, wie wir den Senat stürzen und alle friedlich miteinander leben können. Die Outsider brauchen nur ein wenig Unterstützung, damit sie eine eigene Trinkwasseraufbereitungsanlage bauen können. Sie wollen gar nicht unsere Stadt, nur sauberes Wasser.«
»Warum kam Sonja eigentlich her? So ein Risiko einzugehen …«
»Sie brauchte dringend Medikamente für ihr schwerkrankes Kind. Es hatte Lungenentzündung und wäre sicher gestorben. Kaum jemand überlebt in den Outlands, wenn er schwer krank wird.«
»Sie hat ein Kind?« Diese Neuigkeit haut mich fast um. Wenn eine Mutter ihr Kind verlässt, muss es wirklich schwer krank gewesen sein.
»Ja, ihre Mom kümmert sich um ihren kleinen Sohn. Wir haben es geschafft, die Medis mit einer illegalen Wasserlieferung rauszuschmuggeln. Zum Glück sind die Rohre dick genug, so können wir das System wie eine Rohrpost nutzen.«
Als Jul erneut auf sein Display schaut, sehe ich aus den Augenwinkeln eine Flamme aufzüngeln und höre einen gedämpften Knall – im selben Moment fliegt Jul nach hinten, kracht mit dem Kopf gegen die Wand und fällt zu Boden, mit ihm sein Tablet, das sein sanftes Licht in den Gang schickt.
Wie gelähmt presse ich mich neben ihn an die Wand und sehe jemanden auf uns zukommen. Er trägt Einsatzstiefel, eine Tarnhose, einen Gürtel mit Granaten … Je näher er
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