Jeans und große Klappe
erledigt und nicht bei Andy, Wolfgang oder sonst wem.«
»Aber wenn wir doch was nicht wissen? Früher hat uns Papi wenigstens in Mathe geholfen, aber seitdem wir Geometrie haben, sagt er, wir hätten mehr davon, wenn wir es allein machen.«
Rolf war der Ansicht, man müsse den ganzen Haushalt reorganisieren und dabei rationalisieren. Es gebe bekanntlich genügend Literatur, die sich mit derartigen Problemen befasse, und die darin enthaltenen Ratschläge brauche man ja nur entsprechend abzuwandeln.
»Du könntest doch beispielsweise mit beiden Händen zugleich Staub wischen. Dabei läßt sich bestimmt Zeit einsparen.«
Ich fegte aber lediglich mit der Linken einen Aschenbecher von der Tischplatte und mit der Rechten die Zeitschriften vom Zwischenfach. Außerdem erforderte es eine gewisse geistige Anspannung, zwei Staubtücher gleichzeitig zu führen, und beim Staubwischen ans Staubwischen denken zu müssen, ist doch nun wirklich albern.
Mein Rationalisierungsfachmann empfahl mir, mich zunächst einmal hinzusetzen, einen genauen Plan der zu erledigenden Arbeiten aufzustellen, die jeweiligen Zeiten zu ermitteln und mich künftig daran zu halten. Nur hatte mein Experte nicht berücksichtigt, daß zu unserem Haushalt Kinder gehören.
Ich plane zwanzig Minuten fürs Bettenmachen. Nicki kommt heulend an: »Katja pult die Holzwolle aus meinem Florian!« Ich gehe zu Katja, entreiße ihr den Teddy, schimpfe ein bißchen, kehre zu meinen Betten zurück. Dann kommt Katja: »Nicki schmiert sich lauter Marmeladenbrote!«
Das Telefon klingelt. Während ich spreche, kleckst sich Nicki noch Mayonnaise aufs Brot und läßt das Ganze dann auf den Teppich fallen. Wenn ich endlich alle Betten gemacht habe, sind anderthalb Stunden vergangen, und laut Plan müßte bereits die Wohnung gesaugt und die Wäsche auf der Leine sein. Dabei steckt sie noch nicht einmal in der Maschine.
Oder es gibt diese hübschen nervenzermürbenden Zwiegespräche mit den Zwillingen, bei denen ich regelmäßig den kürzeren ziehe. Anfangs bewältige ich derartige Dialoge nebenbei, mit zunehmender Dauer erfordern sie aber auch zunehmende Selbstbeherrschung, sonst drehe ich durch. Das hört sich ungefähr so an:
»Was ist das für ein entsetzlicher Lärm da oben?«
»Welcher Lärm?«
»Habt ihr denn den Krach nicht gehört?«
»Wer? Ich?«
»Natürlich, wer denn sonst?«
»Wie hat der Krach denn geklungen?«
»Das ist doch ganz egal. Jedenfalls macht es einen Höllenspektakel, und du hörst sofort damit auf!«
»Womit soll ich aufhören?«
»Mit dem, was du gerade tust!«
»Aber ich tue doch gar nichts!«
»Hör trotzdem damit auf!«
»Ich putze mir die Zähne. Soll ich damit aufhören?«
Zeitraubend sind auch jene Zwischenfälle, die eine vorübergehende Stillegung gewisser Örtlichkeiten zur Folge haben und das sofortige Erscheinen eines Handwerkers erfordern.
»Wer hat die ganzen Kalenderblätter ins Klo gestopft?«
Natürlich niemand.
Nach kurzer Prüfung der Indizien – Wo hat der Kalender gehangen? Wer ist klatschnaß? – ermittle ich Katja als vermutlichen Täter, halte ihr eine Standpauke und kröne dieselbe mit dem Beschluß, drei Tage lang das Fahrrad einzuschließen. Gelegentliche Ungerechtigkeiten sind bei diesen Schnellverfahren nicht auszuschließen, aber sie sind wirksam und ersparen auf die Dauer erhebliche Reparaturkosten.
Jedenfalls mußte sich auch mein reformfreudiger Ehemann davon überzeugen lassen, daß sich Rationalisierungsmaßnahmen auf dem Papier recht gut ausnehmen, in der Praxis aber meist an nicht vorhersehbaren Schwierigkeiten scheitern. Also gewöhnte ich mich wieder daran, über herumliegende Schulmappen zu steigen, zertretene Zwiebäcke zu übersehen und die schwäbischen Maßstäbe von vorschriftsmäßiger Haushaltsführung zu ignorieren. Wenn ich den Staubsauger hervorholte, erkundigten sich die Kinder neugierig: »Kriegen wir Besuch?«
Eine Zeitlang hatten wir sogar wieder eine Putzfrau. Sie betreute in der näheren Umgebung mehrere Haushalte und konnte dienstags und donnerstags von 14 bis 16 Uhr »bequem noch einen einschieben«.
Nun sind zwar die meisten Putzfrauen überaus redselig, aber sie putzen wenigstens die Fenster, während sie einem die Krankengeschichten sämtlicher Verwandten erzählen. Meine neue Raumpflegerin konnte sich offenbar nur auf eine Tätigkeit konzentrieren, und fürs Reden allein wollte ich sie eigentlich nicht bezahlen. Dann waren auch plötzlich zwei Oberhemden von Rolf
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