Jeder kann mal Robin sein
wurde die Tür geöffnet. Herr Dressier trat in das Vorzimmer und ging wortlos an der Gruppe vorbei.
Der Polizist steckte den Kopf aus der Tür. »So, es kann weitergehen.«
Der Trupp setzte sich in Bewegung. Judy lief voraus und schoß auf den Beamten zu. »Haben Sie Herrn Dressier gesagt, wo sich Lilly befindet?«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Nur, daß sie gesund ist und gut untergebracht. Zuerst müssen wir herausfinden, was mit dem Kind passiert ist und ob beide Eltern die Aufsichtspflicht verletzt haben.« Er wandte sich an die Kinder. »Jetzt seid ihr an der Reihe. Wer will anfangen?«
Ede gab Judy einen kleinen Schubs, die trat noch näher an den Schreibtisch. Nachdem sie Namen und Adresse angegeben hatte, begann sie von den Robinianern zu erzählen. Anfangs schrieb der Polizeibeamte mit, aber nach einer Weile - Judy befand sich mitten in Greenwood und lauerte einem reichen Kaufmann auf - unterbrach der Beamte sie. »Ist ja höchst interessant, aber nun wollen wir mal den Wald verlassen, in die Rosenstraße zurückkehren und zur Sache kommen. Übrigens, damit du nicht immer Herr Polizeiwachtmeister sagen mußt, ich heiße Vogel.«
Judy berichtete, wie Kalli durch die schräggestellte Balkontür geschlüpft war, wie er Lilly vorgefunden hatte, wie Paul sie losgebunden und über den Balkon ins Sprungtuch gehoben hatte. Danach entstand eine große Pause. Die Robinianer, die Astros und selbst Oma hielten den Atem an.
Der Polizist hob den Blick. »Und dann?«
Ede trat neben Judy. »Dann haben wir Lilly zu Tines Oma gebracht.«
»Aha!«
»Nichts aha!« Mit einem Satz war Klaus neben den beiden. »Wenn Sie vielleicht denken ...«
»Tines Oma hat nichts davon gewußt«, unterbrach ihn Martin. »Ich meine, daß wir in die Wohnung einsteigen wollten.«
»So, so. Und warum habt ihr sie nicht eingeweiht?«
Ede überlegte. »Tines Oma ist schon toll. Aber bei der Balkongeschichte hätte sie vielleicht doch nicht mitgemacht.«
»Meinst du? Da bin ich nicht so sicher.« Omas Augen blitzten.
Der Polizist konnte sich das Lachen nicht verkneifen und kritzelte ein bißchen auf seinem Notizblock herum, ehe er fortfuhr: »Und weshalb seid ihr nicht gleich zu uns gekommen?«
»Na ja«, Judy zögerte, »wir mußten doch erst mal rauskriegen, ob Lilly überhaupt in der Wohnung war«, erklärte sie.
»Und die Erwachsenen machen so viele Umstände«, rief Ede. »Da gibt’s erst hundert Nachfragen. Das hätte uns viel zu lange gedauert.«
»Sollten wir Lilly die ganze Nacht am Bettpfosten hängen lassen?« Tine schluckte.
»Der Robin Hood hätt’s auch getan.« Max sah dem Wachtmeister furchtlos in die Augen.
Herr Vogel zog den getippten Bericht aus der Schreibmaschine. »Also, die Sache geht jetzt weiter. Einen Abzug dieses Berichts bekommt das Jugendamt. Dort wird man sich weiter um den Fall kümmern. Damit seid ihr entlassen, ihr ... wie nennt ihr euch doch noch?«
»Robinianer«, kam es vielstimmig wie aus einem Mund.
»Und Astros«, ertönte eine Einzelstimme. Es war das Mädchen mit den vielen dünnen Zöpfen.
Die Robinianer
Und wieder war in Edes Hobbyraum der Teufel los. Edes Fußball flog in der Gegend herum. Veronica nagte an ihrem Zeigefingernagel. Judy knabberte eine Salzstange nach der anderen. Der Fußboden war voll Matsch. Nur Max hatte sich geweigert, bei Ede unterzuschlüpfen. Nein, er sei der Späher, er müsse warten, bis die Boten kämen. Also hatte er seinen Posten vor der Waldburg, sprich Rosenstraße Nr. 37, bezogen.
»Wo bleibt der Späher bloß«, stöhnte Judy. »Das dauert ja eine Ewigkeit. Ob ich mal draußen nach dem Rechten seh? Vielleicht haben Gisbornes Knechte unseren Späher geschnappt.«
»Haben sie nicht.« Martin, der am Fenster stand und Ausschau hielt, drehte sich um. »Er flitzt gerade um die Ecke.«
»Na endlich!« Judy riß die Tür auf, und Max, dem der nasse Schnee von den Füßen spritzte, prallte Judy gerade vor den Bauch.
»Sie sind da!« Er streckte die Arme hoch. »Sie sind da!«
»Und Ellen, ist sie dabei?«
Max nickte. »Ja. Oma und Tine sind mit ihr die Treppe rauf. Und Frau Beck ist auch dabei.«
»Warum ist Tine nicht mitgekommen?«
»Sie kommt gleich nach.«
»Hurra!« Judy kletterte auf die Tischtennisplatte. »Lilly ist da, Greenwood hat gesiegt!«
Martin wiegte den Kopf. »Na, na, wart erst mal ab, was Tine sagt.«
»Es ist doch ein gutes Zeichen, daß sie Lilly wieder mitgebracht haben«, meinte Veronica.
»Glaub ich auch.« Klaus
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