Jeder kann mal Robin sein
fischte Martin den Fußball vor den Füßen weg. »Hör jetzt auf mit der Ballerei! Da kommt Tine.«
Ede nahm den Fußball an sich, Veronica riß die Tür auf.
»Na endlich!« - »Schnell, komm rein!« - »Na, wie war’s?« - »Muß Lilly in’n Heim?« - »Kriegen wir nun eins aufs Dach?« - »Nun mach doch mal den Mund auf.«
»Haltet ihr doch mal die Klappe!« Veronica zog Tine vollends herein. »Wie soll sie antworten, wenn ihr alle auf einmal quasselt.«
Alle sahen Tine erwartungsvoll an.
»Also«, begann Tine, »Frau Beck hat gesagt, es sei gut, daß wir uns gekümmert haben, bloß ...«
»Ich weiß schon«, unterbrach Judy, »bloß das mit dem Reinklettern hat denen von der Beratungsstelle nicht gepaßt, stimmt’s?«
Tine nickte. »Frau Beck hat gesagt, sie könne uns schon verstehen, aber bevor wir noch mal irgendwo einsteigen, sollten wir doch lieber zur Polizei gehen.«
»Als würden wir jeden zweiten Tag jemanden befreien«, spottete Klaus.
»Und weiter?« drängte Veronica. »Was ist mit Lillys Vater?«
Tine hob die Schultern. »Er sagt, er hätte nicht gemerkt, was mit der Kleinen los ist. Aber das glaube ich ihm nicht. So verschüchtert, wie Lilly ist! Und die Mutter wird noch gesucht. Es kann dauern, bis über das Sorgerecht entschieden wird.«
Ede schüttelte den Kopf. »Hab ich’s nicht gesagt? Die Erwachsenen machen zuviel Umstände. Kommt Lilly nun ins Heim?«
»Frau Beck war nicht dafür«, berichtete Tine. »Am besten für Lilly wäre eine gute Pflegefamilie, hat sie zu meiner Oma gesagt. In drei Tagen kommen meine Eltern aus Amerika zurück. Bis dahin bleibt Lilly bei uns. Wie es weitergeht, müssen meine Eltern entscheiden.«
»Wenn sie nein sagen, frage ich meine Eltern«, versprach Veronica.
Und Martin meinte: »Vielleicht kann sie ja bei jedem von uns eine Weile bleiben.«
»Quatsch«, stellte Klaus fest. »Man kann doch ein Kind nicht hin und her schieben wie ein Paket.«
Judy seufzte. »Aber eins steht fest: Wo Lilly auch hinkommt, wir werden weiter ein Auge auf sie haben. Schließlich haben wir Robinianer sie befreit.«
»Vergiß die Astros nicht«, warf Veronica ein. »Wo bleibt denn überhaupt Kalli? Er wollte doch kommen.«
»Der muß helfen«, erklärte Max stolz. »Seine Eltern schlagen heute ihre Bude auf dem Weihnachtsmarkt auf. Und morgen tritt Kalli als Schlangenmensch auf. Er hat ’n ganz tollen Glitzerflitzer an. Hat er mir gezeigt.«
Klaus klopfte ihm auf die Schulter. »Da geh ich hin und guck zu, wie der Glitzer flitzert.«
»Wir alle!« schrie Judy. »’ne Feier ist sowieso fällig.«
»Jetzt!« rief Martin. »Nicht erst auf dem Weihnachtsmarkt.« Er nahm Edes Gitarre von der Wand und drückte sie ihm in die Hand.
Kaum hatte Ede in die Saiten gegriffen, fielen sie alle miteinander ein:
Hier ist Robin Hoods Revier,
für die Freiheit kämpfen wir.
Kommt der arge Feind gezogen,
Freunde, spitzt die Eschenbogen.
Unkenglüh und Eulenschrei,
Greenwood macht die Herzen frei.
Schützt die Müden, und die Schwachen
lernen wieder bei uns lachen.
Auf dem Flughafen
Max zappelte an Omas Hand. »Oma, laß mich los! Du zerquetschst ja meine Finger.«
Oma blieb eisern. »Ich denke nicht daran, du Zappelphilipp. Am Ende gehst du mir bei diesem Gewühl hier verloren. He, dieser Bengel!«
Mit List und Tücke war es Max gelungen, sich zu befreien. »Mama!« schrie er, und schon war er in der Menge verschwunden.
»Da soll doch ...« Oma drehte sich um und um, verrenkte den Hals, es nützte nichts, sie konnte ihn nirgends entdecken. Gerade überlegte sie, ob sie seinen Namen ausrufen lassen sollte, als ihr jemand von hinten die Arme um den Hals legte. »Mutter! «
»Du ... da bist du? Wieso kommt ihr denn plötzlich von der anderen Seite?«
»Wenn du dich immerzu umdrehst!« Max sah sie unschuldig an.
Oma nahm ihn bei den Ohren. »Junge, Junge! Du hast mir ’n schönen Schreck eingejagt.« Sie umarmte ihre Tochter. »Bin ich froh, daß ihr wieder da seid!«
»Ich auch, Mutter. Ist alles in Ordnung?«
Oma nickte flüchtig. »Wo ist Peter denn?«
»Der wartet auf unsere Koffer.«
»Guck, Oma, da sausen sie alle rum.« Max zeigte nach der Schiene, auf der die Koffer im Kreis herumfuhren.
Oma schüttelte bewundernd den Kopf. »Nein, was es alles gibt bei der Fliegerei!«
»Ich bin auch froh, daß ich wieder festen Boden unter den Füßen habe.«
Gisela griff nach ihrer Handtasche. »Laß mal ’n Augenblick meine Hand los, Max. Ich bin ganz zerzaust, muß
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