Jedes Kind kann richtig essen
langfristig das Durchschlafen beeinträchtigt (siehe auch unser Buch »Jedes Kind kann schlafen lernen«, Buchtipps > ). Oder es ist – wie bei Luisa – ein Trick, mit dem man Kindern unbemerkt Essen einflößen kann. Der Preis ist allerdings hoch: Normales, altersgerechtes Essen am Familientisch wird dadurch verhindert.
Füttern im Halbschlaf
Luisa, 15 Monate alt, aß tagsüber kaum etwas. Den Löffel nahm sie ungern, und auch die Flasche lehnte sie meist ab. Trotzdem hatte sie normal zugenommen, wie ihre Gewichtskurve zeigte! Die Eltern hatten dennoch den Rat bekommen:
»Lasst sie nachts trinken, dann merkt sie es nicht!« Sie schnitten also ein großes Loch in den Breisauger und füllten dicken Milchbrei in die Flasche. Luisa trank jede Nacht im Halbschlaf fünf großeFlaschen davon – rund eineinhalb Liter pro Nacht.
Ablenkungsmanöver
Meinen Kindern Christoph und Katharina habe ich, als sie drei und fünf Jahre alt waren, eine Zeit lang beim Essen eine witzige Räubergeschichte erzählt. Wenn einer von beiden aufhörte zu essen, stoppte ich mitten im Satz und erzählte nicht weiter. Anfangs war das recht lustig, aber nach kurzer Zeit gab es mehr Stress als Spaß. Die Kinder drehten den Spieß um: Sie weigerten sich, ohne die Räubergeschichte auch nur einen Happen zu essen. Es kostete einige Mühe und einige Tränen, diese Angewohnheit wieder vom Esstisch verschwinden zu lassen.
Der zweijährige Tim bekam eine ganze Batterie von Spielsachen auf dem Tisch aufgebaut. Zwischen Feuerwehrauto und Teddybär konnte immer mal ein Löffel eingeschoben werden. Manchmal las seine Mama ihm Bilderbücher vor, während sie ihn fütterte. Tims Papa versuchte es mit dem »Hubschraubertrick«: Bevor der Löffel in Tims Mund landete, drehte er mehrere Runden am ausgestreckten Arm von Tims Papa, der dazu gleichzeitig mit den Lippen laute Hubschrauber-Geräusche produzierte: »Brrrrrrm, da kommt der Hubschrauber in die Garage geflogen! Schöön das Tor aufmachen! Brrrrrm!«
Jasmin, acht Jahre alt, bekam ihr Essen in mundgerechte Stücke zerlegt auf einem Teller vor dem Fernseher serviert. »So merkt sie gar nicht, dass sie etwas isst«, meinte ihre Mutter.
Leon, drei Jahre alt, durfte beim Essen in der Küche herumlaufen.
Kam er in die Nähe der Eltern, versuchten diese sofort, etwas Essen in ihn »hineinzubekommen«. Sie hatten aber das Gefühl, dass Leon ihnen immer weniger »abnahm«.
Die Mutter der vierjährigen Carolin war geradezu besessen von dem Gedanken, ihrer Tochter Essen einzuflößen. Sie übte auf jede erdenkliche Art und Weise Druck aus – und Carolin wehrte sich auf ihre Art: Sie erbrach alles wieder. Das kostete sie weder Mühe noch Überwindung.
Dadurch kam ihre Mutter umso mehr in Panik. Bei jedem Spaziergang mit Carolin nahm sie ein Stück Brot mit.
In der Hosentasche formte sie daraus kleine Kügelchen. So oft wie möglich lenkte sie Carolins Aufmerksamkeit auf irgendetwas, um ihr dann unbemerkt ein Brotkügelchen in den Mund zu stopfen.
»Eine ordentliche Portion«
Manche Eltern üben Druck aus, indem sie ihrem Kind viel zu viel auf den Teller packen und es zum Aufessen nötigen.
Wesentlich günstiger ist es, ganz wenig auf dem Teller anzurichten und dem Kind die Gelegenheit zu dem Satz: »Ich möchte noch etwas« zu geben. Wenn der Teller immer zu voll ist, entwickelt das Kind zunehmend großen Widerwillen und eine Abwehrhaltung.
So war es bei der Mutter des zwölfjährigen Sven. Sie wusste aus Erfahrung, dass Sven äußerst schlechte Laune bekam, wenn er einen leeren Magen hatte. Sie lud ihm also immer den Teller voll und verlangte, dass er alles aufessen sollte. Ihre Begründung: »Wenn du jetzt nicht ordentlich isst, hast du in einer Stunde Heißhunger und brüllst nur noch herum. Du musst doch jetzt auch Hunger haben! Also los – aufessen!« Es entstand regelmäßig Streit am Mittagstisch. Sven schimpfte auf das Essen, stocherte nur darin herum und spuckte sogar einmal in den Teller. Für Mutter und Kind wurde der Zustand immer unerträglicher.
→ Druck oder Tricks: Es funktioniert nicht
All die zuvor beschriebenen Methoden – ob extremer Druck, »Nachtisch-Trick« oder Ablenken – haben eines gemeinsam: Sie funktionieren nicht.
Im Gegenteil, die Kinder wehren sich erst recht gegen das Essen. Sie kämpfen und sperren sich. Oder sie drehen den Spieß um: Sie entdecken die Drohung »Dann esse ich eben nicht« als Erpressungsmittel und können auf diese Weise die
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