Jedes Kind kann richtig essen
hinunter, damit er die Schokolade bekommt und nicht Mirjam. Er denkt:
»Jetzt muss ich dieses verdammte Gemüse essen, damit ich Schokolade kriege. Die Mama ist so gemein! Ich hasse Gemüse!« Er ist sauer auf seine Mutter.
Wird er Gemüse auf diese Art schätzen lernen? Nein. Diese Art von »Belohnung« macht es erst recht hassenswert.
Er muss etwas essen, was er nicht mag, damit er etwas essen darf, was er mag.
Es kommt ihm reichlich verrückt vor.
Und das ist es auch.
Daniels Mutter war aber überzeugt, an diesem Vorgehen festhalten zu müssen. Sie nannte zwei Gründe:
»Ohne die Sache mit dem Nachtisch würde Daniel gar kein Gemüse essen.«
»Wenn Daniel seinen Nachtisch auf jeden Fall bekäme, würde er nur noch Nachtisch und nichts anderes essen.«
Wir wissen, dass viele Eltern genau dieser Meinung sind und sich ebenfalls nur sehr schwer von ihrer erpresserischen »Nachtisch-Methode« trennen können. Der »Nachtisch-Trick« wirkt aber nicht! Daniels Mutter hat nie längere Zeit ohne Druck versucht, ihrem Sohn Gemüse schmackhaft zu machen. Sie traut ihm nicht zu, dass er aus ihrem reichhaltigen Angebot genau das aussuchen kann, was er braucht. Aber er kann es. Sein inneres Regelsystem funktioniert perfekt. Vielleicht braucht er weniger Gemüse, als seine Mutter glaubt. Schließlich mag er Äpfel und Bananen, und er trinkt regelmäßig Obstsaft. Vielleicht kommt sein Appetit auf Gemüse später. Kleine Kinder sind immer zurückhaltend mit Speisen, die sie nicht kennen. Da hilft es, geduldig zu sein und die Speisen immer wieder anzubieten. Druck durch Erpressung geht nach hinten los!
Auch die Sorge von Daniels Mutter, ihr Sohn würde nur noch Nachtisch essen, ist unbegründet. Süße und fette Speisen (aus dem roten Bereich der Ernährungspyramide, siehe > ) sollen ohnehin nur begrenzt auf den Tisch kommen. Wenn Daniel das Gemüse verweigert hat, soll er ja nicht stattdessen eine ganze Tafel Schokolade bekommen, sondern genau das Stück, das seine Mama als Nachtisch für ihn eingeplant hatte. Dieses eine Stück ist Bestandteil der Mahlzeit, genau wie das Gemüse. Daniel kann selbst aussuchen, was er von Mamas Angebot haben möchte. Schokolade bekommt er nur wenig angeboten. Er darf sein Stück auf jeden Fall haben, aber mehr gibt es nicht.
Nachtisch muss unserer Meinung nach nicht unbedingt jeden Tag sein.
Und Nachtisch muss nicht immer süß sein. Wenn es Obst ist, können Sie Ihrem Kind die Menge selbst überlassen. Ob oder wie viel es von der Hauptmahlzeit gegessen hat, spielt keine Rolle. Was spricht dagegen, dass Daniel ein riesiges Stück Melone bekommt, obwohl er vorher seine Möhren auf dem Teller gelassen hat?
Mein Sohn Christoph hat vor kurzem zum Thema »Nachtisch-Trick« eine kluge Bemerkung gemacht. Seine Idee: »Wenn eine Mutter will, dass ihr Kind Möhren mag, darf sie ihm nicht anschließend Schokoladenpudding versprechen. Dann kommen ihm die Möhren ja wie bittere Medizin vor. Sie muss es genau umgekehrt machen. Sie muss zu ihm sagen: »Schau mal, wenn du den Schokoladenpudding aufgegessen hast, bekommst du zur Belohnung diese tolle Möhre!«
Vielleicht hat er damit sogar Recht.
Aber da auch das ein – zugegeben sehr raffinierter – Trick wäre, einem Kind Gemüse schmackhaft zu machen, kann ich Ihnen nicht wirklich dazu raten, es auszuprobieren.
→ Noch mehr Tricks: Fallgeschichten
Viele Eltern üben mit gut gemeinten Tricks Druck auf ihre Kinder aus. Der Übergang zwischen »Füttern unter Zwang« und »Füttern mit Tricks« ist dabei fließend. Sehr weit verbreitet ist es zum Beispiel, »schlechten Essern« im Schlaf Milch oder Brei aus der Flasche einzuflößen.
Es reichte zum Leben und Gedeihen.
Aber Luisa verpasste eine Menge: Sie konnte nicht lernen selbst zu entscheiden, wovon und wie viel sie essen wollte, da sie tagsüber nie Hunger hatte. Die Familienmahlzeiten konnte sie aus demselben Grund nur mit Geschrei ertragen. Soziales Lernen am Familientisch fand nicht statt. Dafür lernte Luisa einen Zusammenhang, der nicht gut war: Trinken und Schlafen gehörten für sie zusammen. Da sie nachts trank, konnte sie nicht durchschlafen. Das Problem konnte nur gelöst werden, indem die nächtlichen Mahlzeiten nach und nach reduziert und schließlich ganz weggelassen wurden. Erst danach konnte Luisa Interesse an normalem Essen entwickeln.
Nächtliches Füttern mit der Flasche ist entweder eine ungünstige Gewohnheit, die zwar kurzfristig beim Einschlafen hilft, aber
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