Jene Nacht im Fruehling
gefragt«, unterbrach sie ihn spitz. »Er hat mich sogar höflich gebeten und mir obendrein noch vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit eingeräumt. Frauen schätzen so etwas. Wenn man eine Frau um ein Rendezvous bittet, hat das bei weitem mehr Stil, als wenn man sagt >ah, jetzt ist mir mein Handtuch heruntergefallen< oder >laß uns Doktor spielen<.«
Da erhob Mike sich langsam aus dem Sessel, ging auf sie zu, nahm ihre Rechte und küßte sie mit übertriebener Artigkeit und Courtoisie auf den Handrücken. »Miss Elliot, würden Sie mir die Ehre erweisen, einen Tag in Ihrer Gesellschaft verbringen zu dürfen?«
»Mit oder ohne rote Schals?« fragte sie mit schmalen Augen.
»Das steht ganz im Belieben von Milady«, erwiderte er, ihr abermals die Hand küssend, doch diesmal berührte er ihre Haut mit der Zungenspitze.
Da mußte sie nun doch lächeln, während sie auf die Fülle seines dunklen gelockten Haars hinuntersah und fragte: »Was würden wir denn tun, wenn ich mich zu einer Verabredung bereitfände?«
Mike sah sie an. »Bestimmt nicht schaukeln und Eiskrem essen!« Nachdem er ihr zum drittenmal die Hand geküßt hatte, meinte er schalkhaft: »Wir könnten ja, wenn uns nichts Besseres einfällt, Vanessa besuchen.«
»Nur, wenn ich Raine mitbringen kann«, gab sie sofort mit einem nicht weniger schelmischen Grinsen zurück.
Mike richtete sich lachend auf. »Würde es dir gefallen, wenn ich dir noch mehr von New York zeigen würde? Chinatown, Little Italy, the Village - etwas von dieser Art? Ob du’s glaubst oder nicht: diese Stadt besteht nicht nur aus Fifth und Madison Avenue, es gehört mehr dazu - obwohl du dich beiden, möchte ich meinen, erstaunlich gut angepaßt hast.«
»Ich muß mir nur erst etwas anderes anziehen, und dann...«
»Nein, Jeans sind genau das richtige für das, was wir tun werden.<« Er schob ihren Arm unter den seinen und verließ eine Minute später mit ihr das Haus.
Samantha erlebte nun New York zum erstenmal am Wochenende. Es schien so, als würde das Zentrum von Manhattan von all den schön gekleideten und gepflegten Menschen, die werktags hier anzutreffen waren, geräumt, um es Leuten zu überlassen, die offensichtlich Touristen waren. Da flanierten jetzt Frauen in sackähnlichen Kleidern und mit bis zu vier Kameras bestückte Männer in Polyesterhemden und formlosen Hosen, die ihnen an Gummibändern um die Bäuche hingen.
»Wo sind sie nur alle hingegangen?« wunderte sich Sam.
»Sie haben sich in ihre Landhäuser zurückgezogen oder machen Ausflüge in die Umgebung«, erwiderte Mike und führte sie weiter nach Norden, wo sie zunächst in der Siebenundsechzigsten Straße unweit der Fifth Avenue einen Straßenmarkt besuchten. Samantha sah dort Tisch an Tisch voller Modeschmuck aus den dreißiger und vierziger Jahren und verliebte sich in einen kleinen Korb aus Silber, der mit Blumen aus farbigen Steinen gefüllt war. »Es ist Trifari«, sagte die Frau hinter dem Stand, als hätte das etwas zu bedeuten. Samantha hätte die Brosche zu gern gehabt, aber sie hatte schon tags zuvor viel zuviel ausgegeben und legte deshalb den kleinen silbernen Korb mit sichtlichem Bedauern auf den Tisch zurück.
Mike zögerte nicht lange, sondern kaufte die Brosche für sie, doch als er sie ihr geben wollte, protestierte Samantha, daß er das nicht hätte tun sollen. Und als er sie ihr förmlich aufzwingen wollte, versteckte sie die Hände auf den Rücken und meinte: »Du hast schon so viel für mich getan. Ich kann das unmöglich mehr annehmen.«
Mike zuckte mit den Achseln. »Okay, vielleicht würde Vanessa sie gern haben wollen.«
Da funkelte sie ihn an, riß ihm die Brosche aus den Händen und schloß ihre Finger so fest darum, daß die Nadel ihr ins Fleisch stach. Da nahm Mike lächelnd ihre Hand, löste die Finger von der Brosche und steckte sie ihr an die Bluse. Sie wollte zwar nicht recht zu ihrer legeren Kleidung passen, aber das störte sie nicht, sondern sie hängte sich nun wieder vergnügt bei Mike, der ihr seinen Arm bot, ein.
Sie wanderten dann Arm in Arm die First Avenue zum Sutton Place hinunter. Mike führte sie dort in den hübschen kleinen Park, in dem ein paar Frauen mit Kinderwagen unterwegs waren. Bei diesen Frauen handelte es sich offensichtlich um Ammen, und die Häuser in der Umgebung des Parks waren eindeutig den ganz Reichen Vorbehalten.
Als Samantha am schmiedeeisernen Zaun des Parks stand und hinaufsah zu der Brücke, die sich über den East River spannte, und die
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