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Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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denn ich mußte ja nun zwei Jobs gleichzeitig ausfüllen.«
    Sie konnte nicht verhindern, daß der Groll wieder in ihr hochkam: »Ich weiß nicht, wie es passierte. Es fing ja eigentlich ganz gut an. Doch dann kam ich eines Tages nach Hause, sah, daß das Frühstücksgeschirr noch schmutzig in der Spüle stand, und wusch es ab, ehe ich mich auf den Weg machte zu meinem Abendjob. Dann mußte ich feststellen, daß der Berg schmutziger Wäsche immer höher wurde, und machte den Sonntag zu meinem Waschtag. Am Ende des Jahres machte ich dann alles -kaufte ein, erledigte die Hausarbeit, verdiente den Lebensunterhalt, schrieb für ihn Briefe, ging zu Behörden. Alles eben. Aber ich hatte nichts dagegen; denn an jedem Sonntagnachmittag pflegte mir Richard Passagen aus seinen phantastischen Buch vorzulesen, an dem er unermüdlich arbeitete. Er wollte mir nie den Plot verraten, sondern las mir nur immer ausgewählte, elegant formulierte Passagen daraus vor.«
    Samantha mußte tief Luft holen, ehe sie fortfahren konnte: »Wir pflegten auch darüber zu reden, was wir denn alles kaufen und wo wir hinfahren wollten, sobald er den Multimillionen-Dollar-Vorschuß für seinen Roman bekam. Die Planung unserer Zukunft half mir über meine große Müdigkeit hinweg, so daß es mir nichts ausmachte, wenn ich die ganze Hausarbeit erledigen und zugleich für unseren Lebensunterhalt sorgen mußte.«
    Als Mike ihr nun über das Haar strich, merkte sie, wie die Zeit, die sie mit Richard verbracht hatte, in ihrer Erinnerung verblaßte. »Doch aus dem vereinbarten Jahr wurden achtzehn Monate, und am Ende des zweiten Jahres war ich so müde, daß ich nicht mehr wußte, ob ich schon tot oder noch lebendig war.«
    Mike spürte, wie ihr Körper ganz steif wurde, ehe sie fortfuhr: »Doch dann erhielt ich eines Tages, als ich im Laden arbeitete, einen Anruf vom Nachbarn meines Vaters.«
    Mike sagte nichts. Er war es ja damals gewesen, der Dave dazu überredet hatte, seine Tochter von seinem Zustand zu verständigen und dem Nachbarn diese Aufgabe zu überlassen.
    »Der Nachbar erzählte mir, daß mein Vater todkrank sei, und als ich das hörte, wollte ich nach Hause gehen und mich von Richard trösten lassen.« Und dann, mit einem höhnischen Schnauben: »Als ich die Nachricht von dem bevorstehenden Tod meines Vaters bekam, dachte ich, ich stünde nun kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Ich fuhr also nach Hause, aber Richard war nicht da. Ich muß ein wenig in Panik geraten sein; denn ich fing an, in seinem Schreibtisch zu kramen, um einen Zettel oder einen Hinweis zu finden, wo er hingegangen sein könnte. Als ich dort nichts fand, ging ich zu seinem Bücherregal und suchte dort weiter. Wenn ich heute daran zurückdenke, muß Richard damals wohl angenommen haben, daß ich es nicht wagen würde, seine Bücher anzufassen; denn er hatte sich keine große Mühe gegeben, sein Betrugsmanöver zu tarnen. In den Büchern steckten Lesezeichen, und als ich sie an diesen Stellen aufschlug, fand ich dort angekreuzte Textstellen, in denen ich die elegant formulierten Passagen wiedererkannte, die er mir jeden Sonntag aus seinem Roman vorzulesen pflegte. Nur stammte nicht eine davon aus seiner Feder, sondern er hatte sie allesamt aus diesen Büchern abgeschrieben.«
    Sie holte wieder tief Luft. »Nachdem mir klar geworden war, daß er in den zwei Jahren nicht eine Zeile geschrieben hatte, wollte ich wissen, was er denn nun in dieser Zeit wirklich gemacht hatte, und nahm mir deshalb seinen Computer vor. Denn das erste, worum er mich damals gebeten hatte, als ich den Rechner für ihn eingerichtet hatte, war, ihm zu zeigen, wie man eine Datei verschlüsselt, damit kein Unbefugter lesen könne, was er geschrieben habe. Ich brauchte nur sieben Wörter einzugeben, bis ich das richtige Codewort fand - den Namen eines Hundes, den er als Kind besessen hatte -, und dann schaute ich mir den Inhalt seiner >Werke< an.«
    Samantha brauchte wieder eine Weile, ehe sie fortfahren konnte. Mike sagte kein Wort, sondern wartete geduldig, bis sie soweit war.
    »Was sich da auf dem Schirm zeigte, war ein Tagebuch, das in allen Einzelheiten seine sexuellen Erlebnisse mit einer Frau beschrieb, die früher einmal seine Sekretärin gewesen war. Ich verstehe heute noch nicht, Mike, warum er sie mir vorgezogen hat. Ich möchte ja nicht eitel erscheinen, aber ich sehe besser aus als sie, bin weitaus intelligenter als sie und habe einen Sinn für Humor, der ihr total abgeht. Ich begreife es

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