Jene Nacht im Fruehling
Zwei antike schwarze Nähtischchen, deren Oberflächen man das Alter anmerkte, standen an beiden Enden der Couch.
Ganz langsam, als könnte das alles wie ein Traum zerrinnen, falls sie sich zu schnell bewegte, ging sie weiter zum Schlafzimmer und blieb dort, den Atem anhaltend, unter der Tür stehen.
Das Schlafzimmer war eine alle Schattierungen umfassende, von den dunkelsten bis zu den zartesten Farbtönen hinaufreichende Symphonie in Blau. Die Tapeten zeigten ein Streifenmuster aus hellerem und dunklerem Eisblau. Die Vorhänge waren aus dunkelblauer Seide, die schon fast ins Purpur hinüberspielte. In der Mitte des Zimmers stand ein riesiges Vier-Pfosten-Bett, drapiert mit einem hauchzarten Gespinst aus Baumwolle im blassesten Blau, das man sich vorstellen konnte. Als sie an das Bett herantrat und sich den Betthimmel näher ansah, entdeckte sie ein kleines Medaillon in der Mitte, von dem zarte, geraffte Stoffbahnen wie Sonnenstrahlen ausgingen und zum Rahmen des Betthimmels hinliefen. Die Bettdecke bestand aus feiner himmelblauer Baumwolle, die mit einem zarten Muster aus gesteppten Blütenranken überzogen war.
»Gefällt es dir?« fragte Mike hinter ihr.
Sie drehte sich zu ihm, so überwältigt von ihren Gefühlen, daß sie kein Wort sagen konnte. Sie konnte es kaum fassen, daß er das für sie getan - ihr so eine herrliche Überraschung bereitet hatte. Sie sah ihn an, erinnerte sich wieder an die Nacht, die sie in seinen Armen verbracht hatte, und wußte, daß sie nun die Freiheit besaß, ihn anzufassen - ihn jederzeit anzufassen, wann immer sie wollte.
Und so schlang sie ihm die Arme um den Hals und drückte ihn so fest sie konnte, an sich. »Ich danke dir«, flüsterte sie. »Ich danke dir vielmals.«
»Möchtest du das Bett denn nicht ausprobieren?« fragte er, sie auf den Hals küssend.
Sie lachte. »Ich möchte nicht das wunderschöne Bettzeug zerwühlen.«
»Wir werden vorsichtig sein«, sagte er, nahm sie bei der Hand und führte sie zum Bett.
Als sie gerade hineinsteigen wollte, fiel ihr Blick auf die hübsche blaue Uhr, die auf dem Nachttisch daneben stand. »Mike! Es ist schon Viertel nach neun! Um zehn wollten sie die Möbel im Pflegeheim anliefern.«
»Die werden schon wissen, wo sie sie hinstellen müssen«, meinte Mike und streckte die Hand aus, um sie zu sich aufs Bett hinaufzuziehen.
Aber Samantha wehrte ihn ab. »Wir müssen dort sein, wenn sie die Möbel bringen.«
Mit einem Seufzer legte sich Mike in die mit Spitzen gesäumten Kissen zurück. »Ich gehe nur mit, wenn du versprichst, daß du den Nachmittag mit mir im Bett verbringen wirst.«
»Wenn ich das unbedingt muß«, erwiderte sie mit einem ebenso tiefen, aber müden Seufzer.«
Als Mike sie jetzt packen und gewaltsam auf das Bett hinaufbefördern wollte, flüchtete sie kreischend ins Badezimmer, wo sie wieder, den Atem anhaltend, auf der Schwelle stehenblieb. Das Badezimmer war zwar immer noch mit grünem Marmor verkleidet, aber alles, alles, was man als Zubehör bezeichnen konnte - Schalen, Kremtöpfe, Haken und sogar die Fassungen der Lampen an der Decke und über dem Spiegel - war nun zartrosa. Und die wunderschönen pinkfarbenen Handtücher und das Badetuch an der Stange waren obendrein noch mit dem Monogramm SE bestickt.
Sie drehte sich zu Mike um, nachdem sie die mit kleinen Rosen gemusterte pinkfarbene Tapete an der Decke bewundert hatte: »Wer hat das alles gemacht?«
»Jeanne.«
»Deine Schwester?«
Als er dies mit einem Nicken bestätigte, bestürmte sie ihn mit Fragen, wie seine Schwester das denn in einer so kurzen Zeit habe bewältigen können, wann er das alles veranlaßt hatte und wie er hatte wissen können, daß das alles genau ihrem Geschmack entsprach. Dabei lief sie wieder von Zimmer zu Zimmer und bewunderte nun jedes Detail, während Mike ihr immer dicht auf den Fersen blieb und sich an ihrer Freude weidete.
In der Nacht hatte sie ihm gestanden, daß Blair ihr verraten habe, wie reich er sei. Und nun war er sehr froh darüber, daß das offenbar gar keinen Einfluß auf sie hatte. Jetzt brauchte er keine Geheimnisse mehr vor ihr zu haben, mußte sich nicht mehr in acht nehmen, daß er ihr nichts von dem Familien-Jet erzählte, konnte mit ihr seine Freude teilen, wenn ihn ein günstig eingekauftes Aktienpaket um eine Viertelmillion reicher gemacht hatte. Und jetzt konnte er ihr auch die kleine goldene Uhr kaufen, die sie im Schaufenster bei Tiffany’s bewundert hatte und dann fast in Ohnmacht
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