Jene Nacht im Fruehling
zunächst vermutet hatte.
Sie stellte die Arme auf und stieß ihm ihre spitzen Ellenbogen heftig zwischen die Rippen.
Mike kam mit einem lauten Grunzen zu sich, aber als er die Augen öffnete und sie auf sich liegen sah, sagte er mit verklärten Augen: »Oh, Sammy!« legte die Hand auf ihren Hinterkopf und drückte ihn nach unten, um sie auf den Mund zu küssen.
Samantha drehte das Gesicht zur Seite, damit seine Lippen nicht auf ihrem Mund landeten, während sie ihm abermals kräftig mit den Ellenbogen zwischen die Rippen stieß. Als er vor Schmerz auf jaulte, rutschte sie rasch von seinem Körper herunter - just in dem Augenblick, wo er mit beiden Armen nach ihr greifen wollte. Da verlor er das Gleichgewicht, rollte von der Couch herunter und schlug so heftig auf dem Boden auf, daß das Haus bebte.
Blinzelnd und mit von dem Betäubungsmittel leicht glasigen Augen sah er zu ihr hoch.
»Michael«, sagte sie leise. Sie wagte nicht, die Stimme zu erheben, weil diese ihm möglicherweise verraten konnte, daß sie bei ihm bleiben wollte, sich danach sehnte, ihn wieder zu berühren. »Ich denke, Sie sollten sich jetzt ins Bett legen. Die Couch ist zu schmal für Sie zum Schlafen.«
Sich auf den Teppich zurücklegend, schloß er wieder die Augen.
»Michael«, wiederholte sie, »Sie müssen jetzt aufstehen!« Als er sich nicht rührte, wollte sie aus dem Zimmer gehen, aber er hielt sie am Knöchel fest.
»Helfen Sie mir auf die Beine«, sagte er mit schwacher, hilfsbedürftiger Stimme.
Sie wußte sehr genau, daß er ihre Hilfe nicht brauchte, um vom Boden aufzustehen, doch sie konnte ihn auch unmöglich die ganze Nacht hier liegenlassen. Er hatte ihr zwar nachspioniert, aber vielleicht nicht aus Neugier, sondern aus einem anderen trifftigen Grund. Vielleicht hatte er befürchtet, sein Vetter könne ihr etwas antun. Wie ihr Mike schon tausendmal versichert hatte, sollte er auf sie aufpassen, und vielleicht hatte er eine sehr strenge Auffassung vom dem Auftrag, den er von ihrem Vater bekommen hatte, und meinte, ihr in den Park folgen zu müssen.
Sie kniete sich auf den Boden, legte seinen rechten Arm um ihre Schultern, und versuchte, ihm dann auf die Beine zu helfen. Es dauerte eine Weile, bis er senkrecht auf seinen Füßen stand, und erheblich länger, ihn die Treppe hinauf und in sein Schlafzimmer zu befördern.
Dort drehte sie dann das Gesicht zur Wand, als er den Reißverschluß seiner Hose öffnete, und wartete, bis er sich auch der Socken entledigt hatte und unter die Decke gekrochen war. Aber da war ein Spiegel in ihrer Nähe, und als sich ihr Blick zufällig dorthin verirrte, sah sie, daß er einen blauen Baumwollslip trug - einen von diesen Tangas, die an den Hüften nur vom Gummiband zusammengehalten wurden. Und sie nahm bei dieser Gelegenheit auch wahr, daß seine Schenkel oben, wo sie in die strammen Po-Backen übergingen, nicht behaart waren.
Als er in die Kissen sank und sofort die Augen schloß, mußte sie wohl oder übel noch die Decke links und rechts feststecken.
»Gehen Sie nicht fort«, flüsterte er, als sie sich anschickte, das Zimmer zu verlassen.
»Sie müssen jetzt schlafen. Die Tabletten, die Sie eingenommen haben, könnten sogar einen Ochsen umbringen.«
Er lächelte, öffnete aber nicht die Augen.
»Haben Sie Ihr Rendezvous genossen?« Er sagte das in einem Ton, als sei er nur an ihrem Wohlergehen interessiert und daran, daß sie einen vergnüglichen Nachmittag verlebt hatte. Doch er konnte sie nicht täuschen.
»Es war himmlisch. Raine ist der bezauberndste, schönste Mann, den ich jemals in meinem Leben kennengelernt habe. Ich habe ihm versprochen, daß ich ihm ein Kind schenken werde.«
Mikes Augen flogen auf, und nachdem er sie eine Sekunde lang entsetzt angesehen hatte, legte er den Kopf auf das Kissen zurück und seufzte: »Sie sind eine grausame Frau. Setzen Sie sich hierher auf mein Bett und erzählen Sie mir eine Geschichte.«
Sie wußte, daß sie sich von ihm fernhalten sollte. Schließlich würde sie in spätestens achtundvierzig Stunden sein Haus verlassen, und deshalb war es nicht gut, wenn ihre Beziehung noch enger wurde, als sie es ohnehin schon war. Andrerseits konnte sie nicht mehr übersehen, daß das Loch in seinem Kopf zweifellos das Resultat mißverstandener Ritterlichkeit war.
Und so folgte sie seiner Aufforderung und nahm auf dem Rand seines Bettes Platz - sehr steif und so weit wie möglich von seinem warmen, schläfrigen und fast nackten Körper entfernt.
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