Jenny ist meistens schön friedlich
Augen einen Spalt weit auf und fängt gleich wieder an zu weinen. »Nein, lafen, nein!«, ruft sie.
»Nur mal husten, Lisa«, flüstert Jenny und beugt sich ganz dicht über Lisas Gesicht. »Oder puste mich mal an. Komm, Lisa, puste machen!«
»Lafen!«, schluchzt Lisa. »Heia machen, Lisa!«
»Du steckst mich jetzt an, verflixt!«, sagt Jenny böse. »Ich bin morgen auch krank, und dann muss Papa das Gedicht selber aufsagen!«
Anstecken passiert furchtbar leicht, das weiß Jenny von Mama. Wenn man krank ist, hat man alles voller Bazillen, die kann man nicht sehen. Aber
da
sind sie trotzdem, sagt Mama, und wenn man hustet oder niest oder ein anderes Kind anfasst, schwupp!, schon klettern die unsichtbaren Bazillen zu ihm rüber und machen es auch krank.
Aber Lisa will Jenny nicht anhusten, und wenn sie jetzt noch immer weiterweint, kommt bestimmt Mama, um zu gucken, was los ist. Dann wird es mit der Ansteckerei überhaupt nichts mehr.
Da nimmt Jenny Lisa nur ganz fest in den Arm und gibt ihr überall ganz lieb Küsschen, und am Schluss streckt sie noch fix die Zunge raus und leckt einmal quer über Lisas Gesicht. Das schmeckt nicht gut, aber was sein muss, muss sein.
Als Jenny am nächsten Morgen aufwacht, merkt sie gleich, dass es mit dem Anstecken nicht geklappt hat.
Ihr Kopf ist kein bisschen heiß, und der Hals tut ihr auch nicht weh, und überhaupt fühlt sie sich so gut, dass sie am liebsten sofort aus dem Bett springen würde.
Da muss Jenny weinen. Mit den Bazillen haben sie sie also auch mal wieder reingelegt. Das hätte sie sich ja denken können. Was man nicht sehen kann, das gibt es auch nicht. Bazillen sind wie Hexen und Riesen und Klapperstörche. Immer müssen die Erwachsenen Kindern was vorlügen.
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Knallschießen
Zu Weihnachten wünscht Jenny sich eine Pistole.
»Eine schwarze«, sagt Jenny. »So ’ne laute, mit echten Zündplätzchen drin.«
»Du weißt genau, dass du keine Pistole kriegst«, sagt Mama ärgerlich. »Pistolen sind widerlich, damit schießen Leute sich tot, und ich will nicht, dass meine Tochter mit so was spielt.«
»Ich schieß aber doch keinen tot, Mama«, sagt Jenny und rennt hinter ihr her in die Küche. »Bestimmt nicht«, und sie denkt, dass Mama wirklich dumm ist, weil man doch mit Spielzeugpistolen gar nicht in echt schießen kann, auch mit den großen schwarzen nicht. Aber bis Weihnachten ist ja noch viel Zeit. Vielleicht hat Mama es bis dahin verstanden.
Am Nachmittag gehen sie alle zusammen in den Park. Niko und seine Mama kommen auch mit, und dann stehen die Mütter neben der Bank und trampeln mit den Füßen, damit sie warm werden, und trinken heißen Tee aus einer Thermoskanne.
Niko und Jenny verschwinden im Gebüsch. Da kann man jetzt im Herbst richtig gut spielen, weil keine Blätter mehr an den Zweigen sind und man überall so schön durchkriechen kann. Und abgebrochene Zweige liegen auch ganz viele herum.
»Wir spielen schießen, wolln wir?«, fragt Jenny.
»Totschießen?«, fragt Niko erschrocken.
»Nee, doch nicht tot!«, sagt Jenny. »Knallschießen! So ganz laut! Ich schieß dich und schrei ›Peng, peng!‹, und du schießt mich und schreist ›Peng, peng!‹, und dann schmeißen wir uns immer so auf den Boden, guck mal, so«, und Jenny kullert zwischen den Büschen hin und her und schreit »Peng, peng!«.
»Aber ich darf nicht schießen«, sagt Niko zögernd. »Da tut man Menschen mit weh, das ist nicht schön, sagt meine Mama.«
»Ja,
richtig
schießen!«, sagt Jenny ungeduldig. »Und mit schwarzen Pistolen! Aber nicht knallschießen, das ist anders«, und sie fängt an, Zweige zu sammeln, die wie Pistolen aussehen. Davon gibt es zum Glück ziemlich viele.
Lisa kommt angekrochen und will auch mitspielen. Da geben sie ihr ein paar Zweige ab, die nicht ganz so gut sind, weil Lisa das noch nicht so doll merkt. Dann rennen sie alle drei hin und her und schreien »Peng, peng!«, und zwischendurch schmeißen sie sich auf den Boden und kugeln sich zwischen den Blättern.
»Wie schön ihr heute Nachmittag gespielt habt«, sagt Nikos Mama auf dem Nachhauseweg. »Und überhaupt nicht gezankt.«
»Und sogar Lisa durfte mitspielen«, sagt Mama und streicht Jenny über den Kopf. »Draußen sind die Kinder einfach immer viel friedlicher.«
»Ja, Niko auch«, sagt Nikos Mutter, und dann gehen sie alle zusammen ganz zufrieden nach Hause.
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Lisa hört nicht auf Jenny
»Hier muss aber mal wieder aufgeräumt werden«, sagt Mama,
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