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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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meine Schuld, dass sie tot sind.«
    Sie war untröstlich, und schließlich ließ Ma sie in Ruhe weinen, bis sie erschöpft in Schlaf fiel.
    Mr. Hill wurde am kommenden Morgen begraben. Lydia stand stumm neben ihrem finster dreinblickenden Mann. Sie hatte genug geweint. Zwischen ihnen fiel kein Wort.
    Niemand gab ihr die Schuld. Man hatte höchstens Mitleid mit ihr und meinte, sie habe Glück gehabt, dass sie nicht auch ermordet worden war. »Oder Schlimmeres«, flüsterten die Damen hinter vorgehaltener Hand. Doch davon fühlte sich Lydia nur noch elender. Sie war schuldig, nicht zu bemitleiden. Ross tröstete sie nicht.
    Am gleichen Tag fuhren sie weiter. Niemand wollte so kurz vor dem Ziel mehr die Fahrt unterbrechen, und durch den zweiten Mord waren bei allen die Ängste neu aufgeflammt.
    Moses lenkte den Hill-Wagen so wie immer. Alle gaben sich Mühe, nett zu ihm zu sein. Am Abend kam er dann zu Lydia.
    »Es tut mir so leid, Moses«, klagte sie.
    »Ihm war es sicher so lieber, Miss Lydia. Er wäre an der Krankheit gestorben, und das betrachtete er als sinnlosen Tod. So war es doch eine tapfere Tat.«
    »Das hat er selbst auch gesagt«, flüsterte sie hoffnungsvoll, weil ihr alles recht war, was ihre Schuld verringerte. »Kurz bevor er starb, hat er es zu mir gesagt.«
    »Ihm war es ernst damit. Er hat sehr viel von Euch gehalten. Wenn er starb, indem er Euch beschützte, war das sicher ein Tod gewesen, den er bejaht hat.«
    »Danke, Moses.« Sie nahm seine Hand und drückte sie voller Zuneigung.
    Als Ross zum Abendessen kam, war er genauso still und in sich gekehrt wie vorher. Sie aßen schweigend. Unter seinen dunklen, zusammengezogenen Brauen konnte sie seine Augen kaum erkennen, aber sie wusste , dass er sie nicht ansah. Es war wie ganz am Anfang, als fände er ihren Anblick abstoßend.
    Als sie sich schließlich zum Schlafen zurückzogen, fühlte sie sich am Boden zerstört. Clancey hatte sie beinahe vergewaltigt. Ihr Freund starb unter ihren Händen. Hatte sie nicht ein Recht auf ein wenig Mitgefühl? Als Lee versorgt war, wollte sie Ross unverblümt fragen, warum er ihr die kalte Schulter zeigte. Er rollte gerade seine Matratze zusammen.
    »Was machst du da?« Seit Wochen schlief er jetzt schon neben ihr.
    »Ich schlafe draußen.«
    Ihr Mund wurde trocken. »Oh... mir wäre es lieber, du würdest hier bei mir und Lee bleiben.« Er fuhr unbeirrt in seinen Verrichtungen fort. Sie wollte nicht zugeben, wie sehr sie den Trost seiner Arme vermissen würde und versuchte es anders: »Vielleicht ist der Mann noch in der Nähe. Ich würde mich sicherer fühlen, wenn du im Wagen bliebest.«
    Er hatte ihr den Rücken zugekehrt und steuerte auf die Stufen zu. Langsam drehte er sich um und sah sie mit unverhohlener Abneigung von oben bis unten an. Dann stieß er ein geringschätziges Lachen aus. »Lydia, selbst ein Idiot kann sehen, dass du ohne weiteres in der Lage bist, für dich selbst zu sorgen.«
    Für ihn war damit alles gesagt. Aber bei soviel Mi ss achtung und diesem herablassenden Ausdruck auf seinem Gesicht gingen ihr die Nerven durch. Sie stürzte sich auf ihn.

19
     
    An seinen Arm geklammert, riss sie ihn herum. Wenn er nicht völlig unvorbereitet gewesen wäre, hätte ihr das nie gelingen können. Doch ihr Überfall und das feurige Glitzern in ihren Augen überraschten ihn höchst wirkungsvoll.
    »Was meinst du damit, Ross Coleman? Sag mir, warum du mich seit gestern nicht angesehen und nicht berührt hast. Wehe, du sagst es mir nicht!«
    Ross warf die Matratze hin wie einen Fehdehandschuh und stemmte die Pfände in die Hüften. »Also gut, ich sage es dir«, krächzte er. Wegen Lee und der Nachbarn sprach er leise, doch seine Stimme zitterte vor Wut.
    »Es hat mir nicht gefallen, meine Frau im Wald allein mit einem anderen Mann vorzufinden, das Kleid aufgerissen und die Brüste nackt, so dass alle sie sehen konnten. Es tut mir wirklich leid, dass Hill erschossen worden ist. Aber was zum Teufel hast du überhaupt mit ihm dort draußen getrieben?«
    »Überhaupt nichts«, zischte sie. »Ich war allein. Bin spazierengegangen. Einfach so.« Sie hasst e es, lügen zu müssen, aber er durfte sich unter gar keinen Umständen in irgendein Mi ss trauen gegen Winston hineinsteigern. »Winston kam glücklicherweise genau rechtzeitig. Ist dir nicht klar, was mit mir passiert wäre, wenn er diesen Mann nicht aufgehalten hätte?«
    Ross biss die Zähne zusammen. »Nun, das würde mich nicht verwundern. Du hast diese

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