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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Wirkung auf Männer, und das weißt du verdammt gut. Hill hat dich auch geliebt, und wenn er nicht ein solcher Gentleman gewesen wäre, hätte er dich schon längst umgarnt. Hai Grayson betrachtet dich ebenfalls mit großen Augen. Jeder Mann in diesem Treck glotzt hinter dir her, wenn du vorbeigehst. Selbst Bubba Langston schwillt es in der Hose, wenn du ihn anlächelst. Sie sind alle scharf auf dich. Sieh mich nicht so schockiert an!« Er grinste spöttisch, als sie entsetzt zurückwich. »Du weißt doch, dass es so ist.« Er packte sie an den Schultern und zog sie ganz dicht zu sich heran. »Außerdem willst du es ja.«
    Lydia starrte in sein anklagendes Gesicht, bis sie wirklich begriffen hatte, was er da sagte. Dann stiegen ihr die Tränen der Erbitterung in die Augen. Sie stieß ihn von sich und wich zurück wie eine fauchende Katze.
    »Was weißt du denn schon, Mr. Coleman? Der Herr Selbstgerecht, verheiratet mit der lilienreinen Victoria. Du hast ja keine Ahnung von dem, was ich empfinde, was ich bin! Du weißt überhaupt nichts!« schleuderte sie ihm hin.
    Ross war fasziniert von dieser Verwandlung. Ihr Haar umgab ihren Kopf wie ein Schleier, ihre Augen leuchteten hypnotisch wie eine Flamme im Dunkeln.
    »Du meinst, ich wollte, dass mein Stiefbruder mich vergewaltigt hat?«
    »Dein...«
    »Ja, genau, mein Stiefbruder. Kein Blutsverwandter. Sein Vater war mit meiner Mutter verheiratet. Und als der Alte starb und keiner mehr da war, der dagegen einschritt, dass ich belästigt wurde, hat er mich einfach genommen. Das erste Mal war es in dem Verschlag, in dem wir die armseligen Tiere dieses stinkenden Anwesens untergebracht hatten. Und das pa ss te, denn ich habe mich dabei genau wie ein Tier gefühlt. Er hat mir aufgelauert und mich in den Mist geworfen, es tat ziemlich weh. Als er fertig war, hatte ich Blut an den Beinen und Biss flecken auf den Brüsten. Genau die Brüste, die dir gestern so zuwider waren. Und... Himmel... was interessiert es dich eigentlich...«
    Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und sank zu Boden, abgestürzt in die grä ss liche Tiefe ihrer Erinnerungen. »Ich... ich war so schmutzig. Dann fing ich an, mich zu waschen, immer wieder, von innen und von außen, aber ich habe mich trotzdem ewig unsauber gefühlt.«
    Ross, der sie unverwandt ansah, zog sich mit der Stiefelspitze einen Hocker heran und sank darauf, während seine rasende Entrüstung wie ein Segel bei plötzlicher Flaute in sich zusammenfiel. »War es auch dieser Stiefbruder, von dem du schwanger geworden bist?«
    Lydia nickte matt, denn auch ihre Kraft zum Streiten war versiegt. Sie starrte ins Leere. »Immer, wenn ich nicht schnell genug war, ihm davonzulaufen, oder stark genug, mich gegen ihn zu wehren, hat er es wieder getan.«
    »Du hättest überhaupt fliehen können«, schlug Ross mit einem Schulterzucken vor.
    Sie warf ihr Haar zurück und sah ihn trotzig an. »Meine Mama war krank. Der Alte hatte sie jahrelang behandelt wie eine wertlose Sklavin. Als er starb, legte sie sich hin und stand einfach nie wieder auf. Wenn ich davongelaufen wäre oder mich umgebracht hätte, wie ich es oft wollte, hätte mein Stiefbruder sie verhungern lassen oder sie im Schlaf erwürgt. Ich muss te bleiben.«
    Lydia zupfte an ihrem Hemd. »Als Mama bemerkte, dass ich schwanger war, weinte sie tagelang. Sie stand aus dem Bett auf und drohte, ihn umzubringen. Er lachte nur und ohrfeigte sie, so dass sie hinfiel. Sie weinte weiter und gab sich die Schuld an allem. Nach wenigen Wochen war sie tot. Aus ihrer Erschöpfung ist sie einfach nicht mehr wach geworden.« Tränen strömten über ihre Wangen.
    »Am Morgen darauf bin ich fortgegangen und wochenlang durchs Land gewandert, habe mich von dem ernährt, was ich so finden konnte. Eine Bauersfamilie war nett zu mir. Sie gaben mir zu essen, und ich blieb eine Weile, aber dann... muss te ich weiter. Ich bin gelaufen, bis ich umfiel und das Kind kam. Den Rest kennst du.«
    Lydia schwieg und dachte, hiermit wäre der Traum von einem besseren Leben, den sie in letzter Zeit gehegt hatte, zu einem jähen Ende gelangt. Ross würde sie jetzt, wo er ihre Vergangenheit kannte, niemals mehr wollen. Sie hatte nicht erwähnt, wie es war, als Clancey sie ausfindig gemacht hatte. Sie hatte der netten Bauersfamilie erzählt, dass der Vater ihres Kindes tot wäre und sie versuche, vor der Geburt ihre Eltern wieder zu erreichen. Clancey war gekommen und hatte behauptet, sie sei seine davongelaufene Ehefrau.

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