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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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einer ihrer Kisten zu verstecken, so dass Ross ihn dort selbst »finden« konnte. Er würde ihn für Lee aufbewahren.
    »Ja. Das stimmt. Lee gehört es natürlich.«
    Lydia lächelte Bubba an, und er wusste , dass er sich an dieses Lächeln bis an sein Lebensende erinnern würde. Genau wie an den Ausdruck des toten Clancey Russell. Es plagte ihn kein Schuldgefühl hinsichtlich seiner Tat. Der Bursche hatte Luke und Mr. Hill umgebracht. Das Gesetz der Wildnis, Auge um Auge, war so tief in Bubbas Wesen verwurzelt, dass er lediglich eine solche Schuld getilgt hatte.
    Er bedauerte nur, dass ihm diese Pflicht zugefallen war. Das hatte er nicht gewollt. Ihm war es wirklich schlecht geworden dabei. Niemals würde er es an die große Glocke hängen. Nicht einmal seinen Eltern würde er erzählen, dass er Lukes Tod gerächt hatte.
    »Auf Wiedersehen, Lydia.«
    Sie schluckte schwer. »Auf Wiedersehen, Bubba. Ich werde oft an dich denken.«
    Er betrachtete ihr mondbeschienenes Gesicht noch eine Weile, wünschte, er wäre ein paar Jahre älter gewesen, als ihr Schicksal sie zusammenführte. Dann nahm er sich den Gedanken übel. Sie gehörte Ross, und das war richtig so. Er hoffte nur, dass er eines Tages auch so eine prächtige Frau finden würde.
    Um seine Gefühle nicht zu zeigen, setzte er seinen Hut auf, drehte sich um und verschwand unter den Bäumen.
    Lydia tastete sich durchs Dunkel, öffnete eine Kiste mit zusätzlichem Bettzeug und steckte den Beutel ganz tief unten zwischen zwei Steppdecken. Dann kroch sie zu ihrem Lager und legte sich nieder. Schon lange hatte sie nicht mehr gebetet, weil es ihr so sinnlos vorgekommen war. Jetzt versuchte sie, die richtigen Worte zu finden, doch nur in ihrer eigenen Sprache konnte sie ausdrücken, wie dankbar sie Gott war.
    Sie rollte sich ganz eng zusammen und sagte allen Sorgen und aller Angst adieu. Ross und sie waren frei. Morgen würden sie aufbrechen zu ihrem neuen Heim. Niemand dort würde von ihrer Vergangenheit wissen. Sie waren einfach Mr. und Mrs. Ross Coleman, die man um ihr Glück beneidete.
    Vielleicht könnte sie morgen auch ihren Mut zusammenraffen und Ross ihre Liebe gestehen.
    Ein Zweig knackte unter Bubbas Stiefel, und noch bevor er den nächsten Schritt gemacht hatte, war Ross’ Pistole auf seine Brust gerichtet. »Verdammt, Ross, ich bin’s, Bubba.«
    Ross entschuldigte sich, sicherte den Colt und steckte ihn wieder unter den Sattel, den er als Kopfkissen benutzte. Alte Gewohnheiten. Er sah zu Moses hinüber, der in der Nähe leise schnarchte, dann wieder zu dem jungen Mann, der sich ans Feuer gehockt hatte. »Warum schleichst du hier mitten in der Nacht herum?«
    »Konnte nicht schlafen.«
    Ross seufzte. Ihn peinigte nach wie vor sein heftiges Begehren, das nicht zu beruhigen war. »Ich auch nicht.«
    »Außerdem wollte ich kommen und mich verabschieden.«
    Ross betrachtete Bubbas Silhouette vor dem Feuer. Wo war der Junge geblieben, den er damals in Tennessee getroffen hatte? Er war viel kräftiger geworden, ein Hauch von Bart wuchs ihm um Kinn und Oberlippe. Seine Stimme klang tiefer, insgesamt bewegte er sich wie ein Mann.
    »Also willst du mein Angebot nicht annehmen«, sagte Ross, der seinen inneren Zwiespalt spürte.
    Bubba stieß einen Fluch aus und warf das Steinchen, mit dem er gespielt hatte, ins Feuer. »Ross, du weißt, dass ich gern mit euch kommen und für dich arbeiten würde, aber ich kann nicht.«
    »Alles klar, Bubba. Auch als ich dich gefragt habe, habe ich schon damit gerechnet, dass du bei deiner Familie bleiben würdest. Ich wollte dir nur vor Augen führen, wie sehr wir dich vermissen.«
    »Vielen Dank, Ross.« Er starrte ins Feuer. »Mein Pa wird langsam alt. Der Mord an Luke hat ihn schwer mitgenommen.«
    »Wenn er erst ein gutes Stück Land gefunden hat, wird es ihm wieder bessergehen.«
    »Mag sein«, erwiderte Bubba ohne Überzeugung. »Aber er braucht Hilfe, und ich bin der älteste Sohn. Ich kann sie nicht im Stich lassen.«
    Ross nahm neben dem Jungen Platz und legte ihm die Hände auf die Schultern. »Das ist eine männliche Entscheidung. Ich bin stolz auf dich.« Ihre Blicke trafen sich kurz und verstehend, dann sahen sie bedrückt weg. Ross ließ die Hände sinken.
    Schließlich brach Ross das Schweigen. »Lydia will euch unbedingt besuchen. Ich dachte, dass in ein oder zwei Jahren eure Farm gut genug geht, dass du ein paar eigene Pferde gebrauchen kannst. Wie wär’s, wenn ich dir eine Stute und einen Hengst für eine Zucht

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