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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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heute war der schlimmste Tag. Von jetzt an wirst du sicher besser.«
    Das klang entschieden freundlicher, als sein sonstiges Gefluche über ihre Ungeschicklichkeit. Am nächsten Morgen trug sie die Handschuhe und mochte sie auch deshalb besonders gern, weil er sie selbst für sie ausgesucht hatte.
    Jeden Tag kamen sie besser miteinander aus und scherzten und unterhielten sich abends manchmal wie ein normales Paar. Dann geschah aber etwas, das die steile Falte zwischen seinen Brauen erneut zum Vorschein brachte.
    Eines Abends hatte Scout sie vor der Schlucht gewarnt, die sie am nächsten Tag würden durchqueren müssen. »Sie ist tief, aber trocken«, erklärte er den um ihn Versammelten, »und es wird keine Schwierigkeiten geben, so lange ihr langsam und ruhig fahrt. Auf der anderen Seite geht es langsam wieder bergauf, das wird auch zu bewältigen sein.«
    Doch trotz dieser Worte hatte einer der Wagenlenker seine Bremse nicht richtig festgestellt und seinen Pferden die Zügel zu lang gelassen, so dass sein Wagen mitten in der steilen Abfahrtsstrecke auf den Wagen vor ihm auffuhr. Dabei wurden die Pferde noch unruhiger, und man hatte Ross zu Hilfe gerufen.
    Er hatte immer noch damit zu tun, die ängstlichen Tiere auf der anderen Seite der Schlucht bergauf zu führen, da kam Lydia an die Reihe. Sie lenkte den Coleman-Wagen bis an den Rand der Tiefe. Ihr wurde beinahe schwindlig, als sie hinabsah. Aber sie wollte nicht, dass Ross vorgeworfen wurde, sein Wagen halte den ganzen Zug auf. Also holte sie tief Atem, schnalzte mit der Zunge und ließ die Leitpferde loslaufen, in die Schlucht hinab.
    Sie war schon halb unten, als sie bemerkte, wie die Räder auf dem weichen Boden zu rutschen begannen. Nachdrücklich betätigte sie die Bremse, aber nichts geschah. Wenn sie an den Zügeln zog, schien das die Pferde nur noch mehr zu verwirren, und sie begriffen ihre Anweisung, langsamer zu werden, nicht. Besorgt schaute sie hinter sich, wo Lee im Wagen in seiner Kiste schlief. Doch schon diese kurze Unterbrechung in ihrer Konzentration machte die Pferde scheu. Sie zog scharf an den Zügeln.
    »Nein, Lydia«, rief Ross. Er näherte sich auf Lucky dem Wagen und spürte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie er ein Bein über den Sattelknauf hob und auf den Wagen sprang. Mit einem durchdringenden Pfiff gab er seinem Pferd den Befehl, aus dem Weg zu gehen.
    »Nicht an den Zügeln reißen, langsam anziehen.«
    Die Muskeln in ihrem Rücken und ihren Armen schmerzten, als sie versuchte, die Kontrolle über die Zugpferde zurückzugewinnen, aber vor Nervosität beschleunigten die Tiere, so dass der Wagen auf der Neigung in die Schlucht immer schneller wurde.
    » Lass mich mal«, sagte Ross. Er legte einen Arm um ihren Rücken, um ihre Rechte zu führen und hielt seine andere Hand auf ihrer linken. »Ruhig, ruhig.« Seine Worte galten ebenso ihr wie den tänzelnden Pferden. Seine Wange kam ihr so nah, dass sie fast an ihrer lag. Sie hörte seine Worte und spürte seinen Atem dicht am Ohr.
    Ihre Hände folgten seinen geflüsterten Anweisungen. »Siehst du? Gib nur wenig nach. Du hast sie immer noch im Griff, ruhig, ruhig, nicht an den Zügeln reißen, nur stetig und kräftig ziehen. Ja, so, Lydia, ist es richtig. Gutes Mädchen. Nur noch ein kleines Stück.«
    Als sie ohne Zwischenfall den Grund der Schlucht erreichten, wandte sie ihm mit einem triumphierenden Lächeln den Kopf zu. »Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft! Oder, Ross?«
    Die Krempe ihres Hutes stieß an seinen, und der Hut rutschte ihr über den Rücken nach unten. Ihre ganze Haarfülle, die sie daruntergestopft hatte, quoll hervor. Ihr Herz, das er in ihrer Brust unter seinem Arm deutlich spürte, schlug schnell und ungleichmäßig vor Aufregung.
    Ihr Gesicht, das zu ihm aufsah, war lebhaft, voller Eifer und wahrscheinlich der hübscheste Anblick, der ihm je begegnet war in seiner seltenen Mischung aus Unschuld, etlichen neuen Sommersprossen und einer Lebensfreude, die nicht aufgesetzt, sondern eindeutig angeboren war. Ihr lächelnder Mund sah weich und feucht und zum Küssen aus. Herrgott, er erinnerte sich so gut daran, wie er unter seinen Lippen schmelzen konnte.
    Im Sonnenlicht waren ihre Augen heller, irgendwie zwischen braun und golden. Er sah darin das Spiegelbild eines hypnotisierten Mannes, eines Mannes, der nach ihrem Geschmack, ihrer Berührung hungerte. Es war ein einsamer Mann, der eine Frau begehrte, nicht irgendeine,

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