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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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umgehen war nicht sein einziges Talent, aber er wollte nicht, dass jemand davon erfuhr.
    »Ich... äh... hatte den Pistolengürtel seit der Jagd heute morgen noch umgeschnallt, und die Waffe war noch geladen. Als Lydia die Schlange sah und mich herüberrief, konnte ich sie direkt von hier aus erledigen.« Er sah seine Zuhörer nicht an, sondern hielt den Blick auf Lydias Augen gerichtet mit der schweigenden Bitte, nicht zu verraten, dass er log, dass er dem Tier aus fast zwanzig Meter Entfernung den Kopf abgeschossen hatte.
    »Also, jetzt ist alles vorbei, und was mich betrifft, habe ich für heute die Nase voll von Abenteuern«, kam ihnen Ma zu Hilfe. Sie wusste nicht, was es war, spürte aber, dass sich zwischen den beiden etwas Wichtiges vollzog. Außerdem ahnte sie, dass Mr. Coleman gelogen hatte. »Mr. Sims, ist noch was von Eurem Brandy übrig? Ich schätze, ein Gläschen davon würde Mrs. Coleman guttun, während ihr Mann die Pferde beruhigt. Ein paar von euch könnten auch die Gegend absuchen, ob sich nicht noch mehr Schlangen hier rumtreiben.«
    Widerstrebend rückte Ross von Lydia ab.
    Widerstrebend ließ sie sich von Ma zurück zum Lager führen.

11
     
    Lydia erwachte am nächsten Morgen mit nervösem Magen und flatterndem Herzen. Sie sehnte sich danach, Ross zu sehen und fürchtete sich gleichzeitig davor. Aus irgendeinem absurden Grund hatte sie getan, als würde sie schlafen, als er am vergangenen Abend in den Wagen gestiegen war. Sie hatte einfach nicht genug Mut gehabt, ihm gegenüberzutreten. Und sie wusste nicht, ob sie es jetzt fertigbrächte.
    Was war gestern nach dem Schrecken mit der Klapperschlange geschehen? Nie zuvor war sie von derartigen Empfindungen aufgewühlt worden. Wie kleine, berstende Eier hatten sich Gefühle in ihrem Innern geöffnet, genau zeitgleich mit Ross’ Berührung. Seinem Kuss flogen sie entgegen und erfüllten sie mit einer fließenden Weichheit wie warmer, goldener Honig. Sie hatte gewollt, dass der Kuss niemals endete, bis...
    Was? Worin fand eine solche Umarmung ihren Höhepunkt? Sicher nicht in dem, was sie bei Clancey erduldet hatte. Das waren zwei völlig verschiedene Dinge. Aber diesen Unterschied hatte sie noch nicht herausgefunden. Sie wusste nur, dass ihr Zusammensein mit Ross ganz anders sein würde als alles, was ihr bisher widerfahren war.
    Im Augenblick erschienen ihr die Erinnerungen an jene schreckliche Zeit mit Clancey widerwärtiger als je zuvor. Auch wenn er tot war, klafften immer noch die offenen Wunden, die er ihrer Seele beigebracht hatte. Gestern, bei Ross’ Kuss , war ihr erst wirklich klargeworden, wie sehr Clancey sie mi ss braucht hatte. Sollten sie und Ross je... das... miteinander tun, wäre sie gern neu für ihn gewesen. Sie wünschte, er könnte der erste sein, der ihren Körper kennenlernte. Sie sehnte sich danach, ihm so etwas wie Reinheit anbieten zu können. Doch dieses Geschenk hatte sie nicht mehr zu vergeben.
    Das Bedauern darüber nagte an ihr. Und wenn es sie so quälte, wie muss te es dann Ross zusetzen, dass schon vor ihm ein Mann sie besessen hatte?
    Während dieser Grübeleien bürstete sie ihr Haar und wünschte sich bei einem Blick in den Spiegel, sie wäre hübscher. Genau da öffnete sich die Plane, und Ross kam herein. Erschreckt wich sie zurück. Er schien plötzlich so groß und nah, dass es ihr den Atem nahm.
    »Guten Morgen«, sagte sie fast tonlos. Es fiel ihr leichter, seinen Kragen anzusprechen als sein Gesicht. »Habe ich verschlafen?«
    »Nein, ich bin sehr früh aufgestanden.« Als sie einen kurzen Blick nach oben wagte, bemerkte sie, dass er ihr auch nicht in die Augen sah. »Hast du gut geschlafen? Keine Nachwirkung wegen ... äh ... der Schlange?«
    »Nein«, sagte sie und befeuchtete die Lippen.
    »Aha. Na schön.« Er drehte sich um und wollte fortgehen. »Also...«
    »Ross?« Sie wagte einen Schritt vorwärts.
    »Was?« Seine Umwendung erfolgte so plötzlich, dass sie beinah zusammengestoßen wären.
    »Vielen Dank.« Diesmal wagte sie es, ihn anzusehen.
    »Wofür?« In seinen Augen leuchtete es, und ihr ganzer Körper wurde warm.
    »Dafür, dass du mich vor der Schlange gerettet hast.« Ihre Worte kamen ihr seltsam vor, ihre Lippen schienen in Holz verwandelt.
    »Oh.«
    Wer weiß, wie lange sie dastanden und einander anstarrten. Und wer weiß, was noch geschehen wäre, wenn nicht Luke Langston den Kopf hereingestreckt und gerufen hätte: »Ist jemand hier? Ich hab’ Milch für den Kleinen.«
    Und so

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