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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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hier wegkommen.
    Möglichst dicht an der Wand entlang schob er sich langsam zur Rückseite des Hauses, ohne den Mann aus den Augen zu lassen. Dort stand Madames Wagen, und im schwachen Laternenschein sah er sie auf der hinteren Klappe stehen.
    »Warum seid Ihr nicht drinnen bei den anderen?« fragte er flüsternd.
    »Und Ihr?« gab sie zurück.
    Sie rauchte eine Zigarre, und der Rauch stieg vor ihrer pechschwarzen Hochfrisur auf. Ihre Wangen und Lippen waren rot bemalt, ihr Gesicht dick gepudert. Über dem Bauch hielt sie mit einer Hand einen schwarzen Morgenmantel mit einem gefährlich schnaubenden, auf den Busen gestickten Drachen zusammen.
    Ross schaute über die Schulter zum Saloon. Ausgelassenes Gequietsche, Klaviergeklimper und brüllendes Gelächter vermischten sich zu einem wilden Getöse. »Zu viele Leute.«
    Madame ließ die Zigarre in den Staub fallen. »Hab’ ich auch gedacht.«
    Ross fühlte sich einsam. Er dachte an den Mann vor dem Saloon. Verfolger, für den Rest seines Lebens Verfolger! Augenscheinlich hatte Victoria ihn durch ihren Tod gnadenlos zum Rückfall in sein altes Leben verdammt. Lee muss te er dabei ausklammern. Und Lydia. Herrgott, denk nicht an Lydia. »Habt Ihr eine Flasche?«
    »Selbstverständlich.« Sie ließ die Hand fallen, und zum Vorschein kam ein Körper, der einst sicher begehrenswert gewesen, inzwischen allerdings etwas unförmig geworden war. Nur ihre Brüste prangten in zeitloser Schönheit. Sie hatte herrliche Brüste, deren Brustwarzen passend zum Lippenstift rot getönt waren. Das Haarnest zwischen ihren Schenkeln lockte buschig und schwarz. »Ich habe eine Menge Whiskey und alles andere, was Ihr jetzt braucht, auch, Mr. Coleman.«
    Sie war eine alte Hure. Aber was war er denn schon? Der Sohn einer Hure. Also stieg er in den Wagen und ließ die Plane hinter sich zufallen.
    Es herrschte stockfinstere Nacht, als Ross betrunken aus dem Wagen stolperte. Nach ein paar zögernden Schritten gab er es auf, sich so zu bewegen wie immer. Er hob die Finger an den Mund und pfiff zwischen gefühllosen Lippen hindurch sein Pferd herbei. Als es um die Ecke bog und kein weiteres Geräusch zu hören war, entspannte er sich. Der Saloon hatte längst geschlossen.
    Nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es ihm, aufzusitzen und Lucky auf den richtigen Weg zu lenken. O Gott, er fühlte sich elend. Noch nie war er so froh gewesen, den Kreis der Wagen vor sich auftauchen zu sehen. Er rutschte von Luckys Rücken, führte ihn mit unsicheren Schritten auf die provisorische Weide und klopfte ihm den H als. »Du bist ein echter Freund«, murmelte er und nahm den Sattel ab.
    Danach torkelte Ross zwischen den Wagen hindurch und plagte sich weidlich herauszufinden, welcher seiner war. Durch das Gehen wurde ihm schwindlig, und der viele Whiskey schwappte in seinem Magen. Plötzlich rannte er, so schnell er konnte, zum Gebüsch und erbrach sich würgend. Herrje, früher wäre ihm das, was er heute getrunken hatte, läppisch vorgekommen.
    Er schwankte auf den Wagen zu und hatte ein schlechtes Gewissen deswegen, wie er mit Madame ... äh, wie hieß sie noch? Zum Teufel mit ihrem Namen. Er hatte gedacht, er könnte es machen, es war doch ganz egal, in welchen weiblichen Körper er seine Enttäuschung ergo ss . Aber das hatte sich als ein Irrtum erwiesen.
    Sie war ihm entgegengekommen, hatte ihm Komplimente gemacht, seinen Körper gepriesen, während er hastig den Whiskey leerte, um sich aufzuputschen. Er hatte sie sogar gekü ss t. Aber im Vergleich zu Lydias Mund war ihrer ihm eklig säuerlich vorgekommen. Er hatte sein Gesicht in ihrem vollen Hals vergraben und es war ihm beinah schlecht geworden von dem schweren Parfümgeruch. Betrunken hatte er ihre Brüste betastet, aber sie waren nicht fest und reif, sondern Haufen von wabbeligem Fleisch.
    Sie sah nicht wie Lydia aus, fühlte sich nicht so an, schmeckte und roch auch nicht so. Nein, verdammt, nicht Lydia - Victoria. Los, sag es, Victoria. Erinnerst du dich? Deine Frau. Die Frau, die du geliebt hast. Die Frau, zu der du immer noch gehörst.
    Aber es war Lydias Gesicht gewesen, das er gesehen hatte, nicht Victorias. Als Madame ihn geduldig streichelte und drückte, hatte er um Victorias Züge gerungen. Doch hartnäckig erschien Lydia mit ihrem bernsteinfarbenen Blick. Als Madames Ausdauer sich bezahlt machte und er hart wurde in ihrer Hand, hatte er Lydias Namen gestöhnt, auch wiederholte er ihn permanent, als er hastig in seine Kleider fuhr und

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